(Quer-/Wieder-) Einstieg in die Tech-Branche

Vielen Dank für diesen interessanten Artikel, bei dem viele tolle Aspekte hervorgehoben wurden.

In der Tat ist der Fachkräftemangel in der IT-Branche ein schwieriges Thema und mir fehlen noch einige Aspekte, da ich das Thema auch aus Sicht des Arbeitgebers kenne.

Zum Beispiel gibt es in den Firmen oft einen großen Druck etwas zu leisten. In jemanden zu investieren, der noch nicht genügend Kenntnisse hat oder am Anfang der Karriere steht bedeutet auch, Kollegen und ein Umfeld zu haben, die diese Person unterstützen und die zusätzlichen Aufgaben in dieser Zeit abfangen oder dass man auf bestimmte Sachen während der Einarbeitung verzichten muss. Und natürlich überlegen sich Führungskräfte dann:

  • können wir uns das leisten?
  • Haben wir ein Umfeld indem wir unsere Produktion/Arbeit verzögern können?
  • Und wenn ja, wie könnte das aussehen?

Denn oft fehlt es dann auch an geeigneten Programmen für einen (Quer-)Einstieg. Weil Werkstudenten und Auszubildende dann eher oft als billige Hilfskräfte genutzt werden, anstatt Potenziale aufzubauen. Das ist z.B. etwas das wir ändern wollten. Deswegen bieten wir unseren Werkstudenten etwas seltenes auf dem deutschen Arbeitsmarkt: wir coachen unsere Werkstudenten soweit, dass sie nach Ende Ihres Einsatzes eine Junior-Position als Data Product Manager in einem Unternehmen bekommen könnten. Und investieren so gezielt in die Zukunft.

Aber wenn es dann zur Auswahl kommt ist es auch nicht leichter. Gerne führe ich Gespräche mit Quereinsteigern, weil ich mit meinem ebenfalls nicht linearen Lebenslauf die Potenziale sehr gut kenne. Aber dann beobachte ich folgendes:

  • Es gibt Bewerber mit sehr guten Qualifikationen in Richtung BI
  • Diese qualifizierten Bewerber sind mindestens genauso motiviert wie die Quer-Einsteiger
  • Die qualifizierten Bewerber haben oft ein konkretes Bild in welche Richtung sie wollen und wieso das genau passen würde, was den Quer-Einsteigern eher gefehlt hat
  • Viele qualifizierte Bewerber sind aufgrund ihres Vorwissens auch deutlich selbstsicherer im Gespräch

Hier kann ich Quer-Einsteigern nur den Tipp geben, sich gut zu überlegen wieso man sich für die Stelle bewirbt und beim Gespräch genau aufzuzeigen wie man sich die Zukunft vorstellt und wieso diese Position und Firma genau die Richtige ist. Und ebenso offen zu sein darüber was man sich wünscht und erhofft und die Lernwilligkeit bestätigen und ggf. vorweisen  - und dies selbstbewusst rüber zu bringen. Aber klar, das hilft auch nicht immer.

Denn aus Arbeitgebersicht überlegt man sich oft: in wen lohnt es sich jetzt eher zu investieren? Wer kann davon am meisten profitieren? Von wem profitiert die Firma am meisten? Und wer passt am besten ins Team?

Und ich glaube genau hier brauchen wir mehr Mut. Mehr Mut auch mal ein Risiko einzugehen und nicht immer zu versuchen in das geringste Risiko zu gehen (= den qualifiziertesten Kandidaten zu investieren) - "hire for attitude, train for skills" wie Simon Sinek sagte. Aber auch mehr Weitsicht: es ist nun mal so, dass es in diesem Bereich zu wenig qualifiziertes Personal gibt. Firmen müssen sich dann auch Fragen: wenn wir jetzt nicht investieren, wie wollen wir dann langfristig weiter aufbauen? Verlassen wir uns wirklich auf Andere die das für uns übernehmen? Und wie werden wir auch als Firma attraktiver?

Dann gibt es noch einen weiteren Aspekt: wie können wir Arbeit so organisieren, dass man auch in Teilzeit arbeiten kann? Sei es weil man Kinder zuhause hat oder weil man sich persönlich dafür entscheidet. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man in Teilzeit fast genauso viel schaffen kann wie in Vollzeit (der Unterschied ist nicht annährend so groß wie einige denken) und kann daher Arbeitgeber nur schwer nachvollziehen die Mitarbeitern nicht diese Möglichkeit einräumen.

Den Staat sehe ich da aber auch in der Pflicht: ich kenne Fälle von Leuten die sehr gerne eine Ausbildung als Entwickler gemacht hätten, persönlich perfekt geeignet gewesen wären, aber keine Unterstützung erhalten haben. Und das ist bitter für diejenigen die arbeitslos und finanziell mittellos sind. Weil man sich dann nicht mal eben einen Onlinekurs leisten kann. Und manche lernen auch persönlich besser. D.h. es fehlt auch einfach an attraktiven Lernangeboten die leicht zugänglich für alle sind.

Beim Thema Inklusion kann ich nur beipflichten: Diversität hat das Potenzial für ein besseres Arbeitsklima und bessere Ergebnisse zu sorgen, da jeder unterschiedliche Stärken und Blickwinkel hat die sich gegenseitig ergänzen können. Selber dran Schuld wer das nicht nutzt ;-)

Danke für deinen wertvollen Beitrag, liebe Barbara!! Wir bei Inclusive Tech können dir nur zustimmen

Hendrikje Rudnick

Linkedin Top Voice / Leitende Redakteurin bei Business Insider, schreibt und spricht über Karriere

3 Jahre

Hi Barbara, Vielen Dank für den interessanten Beitrag!

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