Rassisten hören niemals auf Rassisten zu sein
Rassisten hören niemals auf Rassisten zu sein
Kommentar
Anfang Dezember wurde bekannt, dass hochrangige Politiker/-innen der Alternative für Deutschland (AFD) aus dem bayerischen Landtag und dem Bundestag Mitglieder in einer Telegram-Gruppe waren und zum Teil immer noch sind. Diesen Messengerdienst zu nutzen ist grundsätzlich natürlich erstmal nichts Verwerfliches, unabhängig davon, welch illustre Runde (u.a. Michael Wendler, Xavier Naidoo, Attila Hildmann, Pegida) dort Ihre geistigen Ergüsse verbreitet. Wirft man einen Blick auf das dort geteilte Gedankengut der Politiker/-innen, so liest man Formulierungen wie „Denke, dass wir ohne Bürgerkrieg aus dieser Nummer nicht mehr rauskommen werden.“. Ein anderer denkt daran, einen Schweinekopf vor eine Moschee zu legen. Weitere Schilderungen möchte ich Ihnen an dieser Stelle ersparen. Der neue Landesvorsitzende der AfD in Bayern, Stephan Protschka,gab übrigens an, dass diese Gruppe bei ihm auf stumm geschaltet ist und er nicht mehr mitlese. Das klingt absolut plausibel. Eine Partei, die sich seit Gründung gegen radikale und rassistische Tendenzen zu wehren versucht (zumindest nach außen hin), verschließt in Form ihres Landesvorsitzenden die Augen vor dem eigenen braunen Sumpf in einer Messenger-Gruppe. Mitglied in dieser Gruppe war unter anderem auch ein gewisser Markus Bayerbach.
Kommen wir zurück auf die sogenannte „Alternative“ für Deutschland. Diese fällt eigentlich schon seit ihrer Gründung mit etlichen verbalen Entgleisungen auf: „Immerhin haben wir jetzt so viele Ausländer im Land, dass sich ein Holocaust wieder lohnen würde“ (Marcel Grauf), „solche Menschen müssen wir selbstverständlich entsorgen“ (Petr Bystron). Zu guter Letzt, noch zwei Zitate von Herrn Gauland: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ und „Wir haben das Recht, stolz zu sein auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“. Weitere verbale Vergaloppierungen durch Personen wie Frau Weidel, Frau Storch oder Herrn Höcke erspare ich Ihnen an dieser Stelle. Ohne sich noch tiefer mit der Partei zu beschäftigen, sollte jetzt auch dem letzten Leser klar sein, dass die AfD mit Höchstgeschwindigkeit auf der rechten Spur unterwegs ist. Volksverhetzend, demokratiefeindlich und oft sogar menschenverachtend. Ach ja, „Schießbefehl“ an der Grenze war auch so eine Jahrhundertidee einer Vize-Vorsitzenden der Partei in blau.
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Sie werden jetzt vielleicht sagen, dass Mitglieder einer solchen Partei tunlichst kein wichtiges Amt übernehmen sollten. Leider sitzen sie schon in diversen Parlamenten und beeinflussen die Politik in Stadträten. Viele sind der Meinung, dass uns Bildung vor gefährlichen politischen Strömungen schützt, in dem vor allem Schülerinnen und Schüler aufgeklärt werden. Ich stimme dieser Aussage unbedingt zu. Im Grundgesetz ist verankert, dass unsere Demokratie eine wehrhafte ist, die Lehre Treue zur Verfassung voraussetzt, dass Aufklärungsarbeit geleistet wird und geleistet werden muss und Parteien sogar verboten werden können. Deutschland hat aus den Wirren des Nationalsozialismus gelernt… zumindest auf dem Papier. Leider wird uns immer wieder vor Augen geführt, dass der Schutz der Demokratie zwar in der Theorie besteht, in den Parlamenten aber Leute mit Mandat sitzen, die diese wehrhafte Demokratie ad absurdum führen und neben denen niemand Platz nehmen mag.
Ganz nebenbei bemerkt: Die Alternative für Deutschland hat im Jahr 2018 in Hamburg ein Meldeportal eingerichtet, in dem Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern Lehrkräfte melden konnten, die in ihren Augen gegen das Neutralitätsgebot verstoßen, also die Heranwachsenden politisch beeinflussen. Man konnte, getrost gesagt, Lehrkräfte im Internet anschwärzen. Dieses Vorgehen erinnert an ein Konzept aus längst vergangener Zeit… In vielen weiteren Bundesländern wurden solche Internetseiten ins Leben gerufen und die meisten davon wurden zwischenzeitlich wieder eingestellt. Die AfD sprach anschließend natürlich von einem Missverständnis und davon, dass man selbstverständlich nur ein Informationsportal schaffen wollte.
Kommen wir zurück zu den Aktivitäten zahlreicher hochrangiger AfD-Politiker/-innen in Gruppen des Messengerdienstes Telegram - beispielsweise zu denen von Markus Bayerbach, Mitglied des Bayerischen Landtags. Zum Erscheinungszeitpunkt dieses Textes dürfte der Name wohl etwas bekannter und die Verwunderung darüber, weshalb diese Person ein wichtiges Amt bekleidet, umso größer sein. Markus Bayerbach ist Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag. Richtig gelesen, im Bildungsausschuss. Auf der Homepage des Bayerischen Landtages werden die Aufgaben dieses Gremiums folgendermaßen beschrieben: „Der Aufgabenbereich des Fachausschusses entspricht weitgehend dem Tätigkeitsfeld des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, dessen Arbeit der Ausschuss kontrolliert, unterstützt und begleitet.“ Der Ausschuss ist unter anderem auch noch zuständig für Demokratiebildung und Erinnerungskultur. Markus Bayerbach ist also Vorsitzender einer der wichtigsten Ausschüsse im Landtag, der über die Ausrichtung der Bildung und damit auch der Prägung unserer Kinder und Jugendlichen mitentscheidet! Will man wirklich, dass ein Mitglied einer Partei, dessen Parteifreunde in Regelmäßigkeit die erwähnten Aussagen treffen, hier die Bildung mitprägen darf? Zur Verteidigung des Ausschusses muss man fairerweise erwähnen, dass viele fähige Politikerinnen und Politiker darin verantwortungsvoll, demokratisch und zukunftsgerichtet arbeiten. Grund dafür ist, dass die Parteien die Vorsitze der Ausschüsse (Finanzen, Verfassung, Arbeit und Soziales, Ernährung, Landwirtschaft und Forst und eben Bildung und Kultus) unter sich aufteilen. Natürlich stehen manche Ausschüsse in der Begierde der Parteien ganz weit oben und so kam es eben, dass der Vorsitz des Ausschusses für Bildung und Kultus an die AfD ging. Da passt es ins Bild, dass die AFD jetzt auch noch den Vorsitz des Innenausschusses auf Bundesebene bekommen soll. Da möchte man unseren politischen Entscheidungsträger/-innen doch mit der Meme-Sprache des Internets zurufen: Congrats, you played yourself!
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3 JahreSehr gut dargelegt. Es ist zu wünschen, dass der Artikel von vielen gelesen wird.