Risiko ausländischer Urteile für liechtensteinische Versicherungslösungen
Auch wenn das Fürstentum Liechtenstein nur zwei allgemeine Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen abgeschlossen hat, können ausländische Urteile durchaus Auswirkungen auf die Vermögensschutzstruktur ‚Versicherung‘ haben. Anforderungen für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile sind in Liechtenstein in dem Gesetz vom 24.01.1971 über das Exekutions- und Rechtssicherungsverfahren (Exekutionsordnung) geregelt.
Gem. den Art. 52-57 EO201 wird ein ausländischer Vollstreckungstitel nur insoweit vollstreckbar sein, als dies in Staatsverträgen zwischen den jeweiligen Ländern vorgesehen ist oder die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge oder durch Gegenrechtserklärung der Regierung verbürgt ist. Im Zusammenhang mit der Möglichkeit, sein Vermögen durch Übertragung auf einen Versicherungsvertrag zu schützen, bedeutet dies, dass für die Vollstreckung und Anerkennung von Urteilen und Entscheidungen auf ‚Geldleistungen‘ ein ausdrücklicher Staatsvertrag vorhanden sein muss. In Bezug auf Versicherungsnehmer mit Ansässigkeit in Österreich dürfte durch Art. 64ff. RSO klar geregelt sein, dass Urteile in Bezug auf Geldleistungen grundsätzlich auch in Liechtenstein anzuerkennen sind. Unabhängig von der Frage, ob ein Urteil eines österreichischen Gerichts in Liechtenstein anzuerkennen ist oder nicht, gibt es in Liechtenstein ausreichend Möglichkeiten des Vermögensschutzes.
Ausschluss der Exekution und des Konkurses
Werden Nachkommen oder Ehepartner im Rahmen eines Versicherungsvertrages nach liechtensteinischem VersVG versichert, so profitiert der Versicherungsnehmer von den Regelungen des Art. 78 Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) des Fürstentum Liechtensteins. Hinter diesem Artikel versteckt sich das Exekutions- und Konkursprivileg. Gemäß dieser Bestimmung sind weder der Versicherungsanspruch des jeweiligen Begünstigten noch derjenige des Versicherungsnehmers im Rahmen einer Exekution oder eines Konkurses pfändbar. Gem. Art. 79 VersVG dürfen sowohl der Ehegatte bzw. der Lebenspartner als auch die Nachkommen des Versicherungsunternehmers, sofern diese Begünstigte sind, in den Lebensversicherungsvertrag eintreten. Damit einhergehend werden diese auch zu neuen Versicherungsnehmern gem. Art. 79 VersVG. Ob und inwieweit die in diesen Versicherungsverträgen enthaltenen Begünstigtenregelungen im Falle eines Erbfalls dem österreichischen Pflichtteilsrecht zuwiderlaufen, wird nachfolgend auch vor dem Hintergrund des Erbrechtsänderungsgesetzes 2017 durchleuchtet. Das Ergebnis wird maßgeblichen Einfluss auf die Beantwortung der Frage haben, ob Lebensversicherungen bei einer allfälligen Pflichtteilsklage in Österreich zu berücksichtigen sein werden. Zudem regelt Art. 80 des FL- VersVG, dass gegenüber den Bestimmungen dieses Gesetzes über die Versicherung zugunsten Dritter die Vorschriften der Rechtssicherungsordnung über die Anfechtungsklage vorbehalten bleiben.
Die Angreifbarkeit von Vermögenswerten im Ausland
Auch wenn das liechtensteinische Konkursprivileg einen gewissen Schutz für einen Begünstigten eines Versicherungsanspruchs bietet, erscheint dies vor dem Hintergrund international diversifizierter Vermögensstrukturen doch ein nicht vollkommender Schutz zu sein. Es stellen sich in diesem Zusammenhang Fragen, ob der Schutz nur auf Vermögenswerte Anwendung findet, die sich in Liechtenstein befinden, oder ob auch Konstellationen vorstellbar sind, bei denen Urteile von Gerichten ergehen können, die sich am Ort des gelegenen Vermögens befinden, und unter welchen Voraussetzungen diese vollstreckbar sein können. Einen Risikofaktor könnte dabei die Tatsache darstellen, dass Liechtenstein nicht dem Lugano-Übereinkommen beigetreten ist. Dieses Abkommen regelt verbindlich die internationale Zuständigkeit der Gerichte und die daraus folgende Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Urteilen in Zivilsachen. Für die Mitgliedsstaaten gibt das Abkommen verbindliche Regeln vor, die Bürger aus dem Vertragsgebiet vor unerwarteten Gerichtsständen schützen sollen. Dies gilt allerdings nicht für das Fürstentum Liechtenstein. Ein Urteil aus einem Land des Lugano-Übereinkommens kann in allen anderen Mitgliedsstaaten vollstreckt werden. Es wäre somit unerheblich, ob sich ein Konto in der Schweiz befindet oder Vermögenswerte in Österreich, jederzeit könnte auf Grundlage eines in Europa ergangenen Urteils eine Vollstreckung in das Vermögen stattfinden. Bezogen auf ein in Liechtenstein ansässiges Unternehmen mit Vermögenswerten in einem Mitgliedsstaat des Übereinkommens besteht somit das Risiko, an jedem Ort mit exorbitanten Gerichtsständen verklagt zu werden und im Zweifel mit einer Vollstreckung in sein Vermögen konfrontiert zu werden. Das Fürstentum Liechtenstein bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten zum Vermögensschutz, insbesondere mittels Stiftungen und Lebensversicherungslösungen. Allerdings gilt auch in Liechtenstein, dass bei vorsätzlicher Schädigung von Gläubigern innerhalb einer gewissen Frist Klagemöglichkeiten bestehen, und dies auch im Zusammenhang mit erb- und eherechtlichen Sachverhalten. Ein Schutz von Vermögen über eine liechtensteinische Struktur scheint vor dem Hintergrund internationaler Rechtshilfeabkommen nur sehr begrenzt gegeben zu sein. Nur wenn alle Vermögenswerte in Liechtenstein konzentriert sind, kann ein entsprechender Schutz gegeben sein.