Schneller und flexibler – neue Ansätze für den 5G Ausbau
Gemeinsam mit meinem Kollegen Dr. Michael Lemke habe ich anlässlich des Digital-Gipfels 2019 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie einen Artikel zu neuen Ansätzen zum 5G-Ausbau verfasst. Der Link zum Artikel.
Der Artikel im Volltext:
Der neue 5G-Mobilfunk gilt weltweit als Turbo für die Digitalisierung der Wirtschaft. Der Aufbau des 5G-Netzes hierzulande muss daher zügig Fahrt aufnehmen, will Deutschland der internationalen Entwicklung nicht hinterherhinken. Eine technische – und regulatorische – Herausforderung.
Das politische Ziel einer Flächenabdeckung mit 5G-Funk ist ambitioniert. Mit Blick auf die Dynamik in anderen Regionen stellt sich die Frage, mit welcher Strategie sich der Aus-bau hierzulande deutlich vereinfachen und beschleunigen lässt. Es müssen nicht nur bestehende Sendestandorte auf 5G umgerüstet, sondern gleichzeitig neue in Betrieb genommen werden, um die in der Frequenzauktion vorgegebenen Versorgungsauflagen bis 2022 beziehungsweise 2024 zu erfüllen. Um dies tatsächlich realisieren zu können, sind sowohl aus technischer als auch regulatorischer Sicht neue Herangehensweisen erforderlich.
Zunehmender Fokus auf Gewerbegebiete und Verkehrswege
Der Umbau der bestehenden großen Mobilfunkstandorte – sogenannter Makro-Standorte – ist dabei ähnlich anspruchsvoll wie die Einrichtung neuer Sendestationen. Neben statischen Anforderungen an Gewicht oder Windlast und, ganz wesentlich, die elektromagnetische Verträglichkeit muss die Verteilung von 5G-Standorten dem veränderten Anwendungsprofil mobiler Netze Rechnung tragen. Gemeint ist neben der individuellen Mobilfunknutzung die gewerbliche Nutzung von 5G als eine wichtige Grundlage für die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Damit rücken neben Städten und Gewerbegebieten auch sämtliche Verkehrswege in den Fokus, die im ländlichen Raum Siedlungs- und Gewerbegebiete miteinander verbinden.
Eine erfolgreiche 5G-Abdeckung dieser Gebiete ist damit ein wichtiger Faktor für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Bisher existieren allerdings laut Statistik der Bundesnetzagentur nur etwa 72.000 Sendestandorte für den Mobilfunk in Deutschland. Der internationale Vergleich zeigt sofort, dass dies nicht ausreicht, um die Anforderungen an die digitale Zukunft Deutschlands zu gewährleisten. So verfügt beispielsweise die Sonderwirtschaftszone um Shenzhen mit ihren etwa 13 Millionen Einwohnern und weniger als einem Prozent der Fläche Deutschlands alleine über 35.000 lte-Sendestationen.
Deutlich mehr neue Mobilfunkstandorte nötig
Die bestehenden Standorte, zum größten Teil bei der Einführung von gsm Anfang der 90er-Jahre errichtet, haben seit dem Start von umts im Jahr 2004 keine substanzielle Verdichtung mehr erfahren. Die Konsolidierung von Standorten führt gegenwärtig sogar zu einer Reduzierung. Meist sind diese bestehenden Standorte mit Sende- und Empfangsanlagen für die aktuell genutzten Technologien (2G, 3G, 4G) bereits ausgelastet. Ihre Erweiterung trifft insbesondere in städtischen Ballungsräumen oft auf bauliche und regulatorische Grenzen, die sich nur durch die Erschließung neuer Sendestandorte überwinden lassen. Die intensive Diskussion über Abdeckungslücken („weiße Flecken“) zeigt zudem eine weitere Notwendigkeit, die Zahl der Sendestandorte zu erhöhen, besonders auf dem Lande.
Mobilfunkstandorte aufzubauen bedeutet aktuell:
- neue Standorte identifizieren,
- sich mit den Eigentümern einigen,
- Akzeptanz herstellen,
- Planungen für die bauliche Anpassung leisten,
- die entsprechenden Gewerke beauftragen,
- Genehmigungen einholen
- und schließlich die Abnahmen bewerkstelligen.
Gegenwärtig dauern diese Schritte bis zur Erteilung der Standortbescheinigung für die Inbetriebnahme oft bis zu 18 Monate pro Standort – deutlich zu lang, um die skizzierten Ausbauziele realisieren zu können.
Eine Maßnahme, um die Zahl geeigneter Standorte zu erhöhen und deren Erschließung zu beschleunigen: öffentliche Liegenschaften mit einbeziehen und passive Infrastrukturen der kommunalen Hand für neue Standorte mitnutzen, wie es in der aktuellen Mobilfunkstrategie des bmvi vorgesehen ist. Wichtig sind hier insbesondere Dächer öffentlicher Gebäude in besiedelten Gebieten und Bundesliegenschaften als Standorte für freistehende Masten im ländlichen Raum.
Vorgefertigte Lösungen für Großstandorte
Nach Einschätzung von Huawei können technische Innovationen die Errichtung der erforderlichen neuen Mobilfunkstandorte maßgeblich erleichtern: Mit Blick auf die Versorgung im ländlichen Raum und entlang wichtiger Verkehrswege helfen vorgefertigte, vollintegrierte Mastlösungen. So lassen sich klassische Großstandorte mit mehrere Tonnen Gewicht, die den Betrieb unterschiedlicher Frequenzen von mehreren Betreibern ermöglichen, effizient realisieren. Das wiederum erlaubt Einsparungen in der baulichen Planung, im Zulassungsprozess, in der Errichtung sowie in der Abnahme.
Leistungsstarke Einzelantennen auf Dächern und Kleinzellen für Gewerbegebiete und Ballungsräume
In Siedlungs- und Gewerbegebieten wiederum bieten sich als neuer Standorttyp einzelne verteilte 5G-Antennen mit stärker gebündelter Ausstrahlungscharakteristik an. Diese lassen sich auf kommunalen Infrastrukturen wie etwa Dächern aufgrund ihres Gewichts von deutlich unter 100 Kilogramm und ihrer geringen Größe vergleichsweise einfach montieren. Bau und Inbetriebnahme dieser neuen Anlagen sind gegenüber dem Umbau bestehender Installationen wesentlich weniger aufwendig. Darüber hinaus führen diese neuen Antennen wegen ihrer Richtcharakteristik zu einer geringeren Umgebungsbelastung.
Als dritte Einsatzmöglichkeit sind sogenannte Kleinzellen (Small Cells) zur Montage an Straßenmöbeln wie etwa Beleuchtungsmasten zu nennen. Durch vereinfachte regulatorische Zulassungsbedingungen können diese Kleinzellenstandorte eine zunehmende Bedeutung bei der 5G-Versorgung in Ballungsräumen erlangen. Alle drei technischen Varianten zur Realisierung neuer Standorte werden den 5G-Ausbau hierzulande beschleunigen und so den digitalen Standort Deutschland konkurrenzfähig halten.