Schutz der Grund- und Freiheitsrechte
ÖRAK-Präsident Dr. Rupert Wolff im Gespräch mit Anwalt Aktuell über die Herausforderungen der Coronakrise und die bevorstehenden Wahlen zum ÖRAK-Präsidium.
In unserem letzten Gespräch haben Sie gemeint, dass die Coronakrise sowohl für die Bürgerinnen und Bürger, als auch für den Staat und seine Institutionen eine große Herausforderung war und ist. Einige VfGH-Erkenntnisse später stellt sich die Frage, ob die Herausforderung möglicherweise eine zu große ist?
Rupert Wolff: Natürlich ist diese Coronakrise eine absolute Ausnahmesituation – auch für die Bundesregierung und den Gesetzgeber. Ich nehme es deshalb niemandem übel, wenn vielleicht auch einmal ein Fehler oder eine Unklarheit passiert. Einige dieser Fehler, die auch der VfGH in seinen Erkenntnissen aufgezeigt hat, wären allerdings vermeidbar gewesen, hätte man frühzeitig Begutachtungen durchgeführt und Verfassungsexpertinnen und -experten beigezogen. Wenn der Gesetzgeber der Bundesregierung schon sehr weitreichende Verordnungsbefugnisse einräumt, muss umso sorgsamer damit umgegangen werden.
Zuletzt hat der ÖRAK die geplante Novellierung des Epidemiegesetzes und des COVID-19-Maßnahmengesetzes kritisiert. Was bemängeln Sie konkret?
Rupert Wolff: Universitätsprofessor Peter Bußjäger bezeichnete den Entwurf kürzlich im Mittagsjournal als „keine Glanzleistung“ - diesem Urteil schließe ich mich an. Der Gesetzesentwurf enthält zum Teil sehr unbestimmte Regelungen, etwa die Differenzierung zwischen bestimmten Orten einerseits und öffentlichen Orten andererseits. Auch die Regelungen zur Auskunftserteilung und zur Erhebung und Aufbewahrung von Daten durch Betriebe, Veranstalter und Vereine halte ich für problematisch. Nicht zuletzt, da wir entschieden vor einer Aufweichung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht warnen. Hier herrscht Nachbesserungsbedarf, damit die anschließende Verordnung kein Chaos auslöst, wie wir es bereits bei den sogenannten Corona-Strafen und zuletzt Ende August an der Kärntner Grenze erleben mussten. Erfreulich ist jedenfalls, dass derartige Vorhaben nun wieder einer Begutachtung unterzogen werden, auch wenn die Frist mit 14 Tagen knapp bemessen ist.
Nun zu etwas ganz anderem: Die Wahlen zum Präsidium des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages durch die Vertreterversammlung des ÖRAK stehen Ende September bevor. Werden Sie sich noch einmal der Wahl stellen?
Rupert Wolff: Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um meinen Kolleginnen und Kollegen im Präsidium und in den diversen Arbeitskreisen des ÖRAK für die hervorragende Zusammenarbeit der letzten Jahre zu danken. Ich bin da natürlich „befangen“, aber ich glaube, dass wir im Dienste der Anwaltschaft viel bewegen konnten. Daran möchte ich gerne anknüpfen und trete deshalb gemeinsam mit meinen Vizepräsidenten Bernhard Fink, Marcella Prunbauer-Glaser und Armenak Utudjian erneut bei der Wahl an.
Im Falle einer Wiederwahl, welche Themenschwerpunkte wären Ihnen für die neue Funktionsperiode wichtig?
Rupert Wolff: Gerade in Zeiten wie diesen, in denen fast schon laufend in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen wird, ist der Schutz der Grund- und Freiheitsrechte von besonderer Bedeutung. Der ÖRAK hat während meiner Präsidentschaft hier immer klar Stellung bezogen und sollte das auch künftig tun. Und natürlich wird es wichtig und notwendig sein, unsere Berufsgrundlage und die Rahmenbedingungen unserer Berufsausübung zu schützen, weiterzuentwickeln und zu verbessern. Vom Erhalt der anwaltlichen Unabhängigkeit bis hin zur wirtschaftlichen Absicherung. Die überfällige Erhöhung der Pauschalvergütung muss jedenfalls zeitnah erfolgen! Abgesehen davon würde ich gerne vermehrt jüngere Kolleginnen und Kollegen für die Arbeit im Stand begeistern.
Dafür wünschen wir Ihnen viel Erfolg!