Sich besser führen lassen – ein paar Tipps
Sich führen lassen – klingt schnell nach blökendem Schaf, oder? | positiv-fuehren.com

Sich besser führen lassen – ein paar Tipps

Wie wirst du/bist du ein möglichst guter Geführter – hast du dazu schon mal ein Buch gelesen, ein Seminar besucht, ein Coaching unternommen?*

Eben…

„Führung für Einsteiger", „Leadership für Fortgeschrittene", „Coaching-Hacks für die Chef-Etage" und so weiter: Es gibt Dutzende und Aberdutzende Bücher, Seminare, Onlinekurse dazu, wie man möglichst entspannt, motivierend, hybrid, resilient führt – in der Produktion, im Vertrieb, mit KI oder ohne. Man kann überall lernen, was die fünf (oder sieben) geheimen Supertricks, Erfolgsrezepte und Charakteristika erfolgreicher Führungskräfte ausmacht. Doch wie man sich gut führen lässt? Damit scheint sich kaum wer zu befassen. Dabei gibt es in den meisten Organisationen, die ich kenne, immer noch deutlich mehr Geführte als Führende – oder ist das bei dir anders?

Untergebene, Mitarbeiter, Followerin – wer will das schon sein, wer will schon so heißen? Klingt eher nach blöckendem Schaf, bemerkte neulich der „Economist", und sicher sind die Firmen selbst schuld daran, wenn sie permanent „Ownership" einfordern, „Intrapreneurtum" preisen und Eigenverantwortung fördern – zumindest in den Stellenanzeigen. So gut wie jede Pommesbude hat inzwischen ihre „Product Owner", „Happiness Ambassadors" und „Corporate Influencer". Klingt ja auch besser als Kloputzer, Pommesschnipsler und Friteusensäuberer.

Das britische Heer zählt zu den wenigen Organisationen, die da ehrlich sind und eine eigene „Followership-Doctrine" entwickelt haben. In der allerdings ist dann die Rede von „Hingabe", „intelligenter Befehlsverweigerung" und „disziplinierter Initiative" – Begriffe wie aus einem „Monty Python"-Sketch…

Das US-Umfrageinstitut Gallup hat seine seit 1946 jährlich erhobene Umfrage, wer denn die bewundernswerteste Person in den USA sei, seit 2020 gar nicht mehr weiterverfolgt. Das Wort selbst wird laut dem Ngram-Viewer von Google, mit dem sich Buchveröffentlichungen zwischen 1800 und 2019 untersuchen lassen, immer weniger verwendet. Wollen wir also gar nicht mehr bewundern und folgen, sondern nur noch bewundert und befolgt werden? Wie geht das dann überhaupt, führen – wenn sich niemand mehr führen lassen will (und erst recht nicht, könnte man böse ergänzen, von jemandem, die oder der weniger Follower als man selbst auf Social Media hat)?

Vielleicht ist das ja schon der erste Erkenntnisschritt: Führung gibt es nur, wenn auch jemand dieser Führung folgen kann und mag. Die – inzwischen emeritierte – Harvard-Professorin Barbara Kellerman definiert „Followers" als Menschen, die weiter unten in der Hierarchie stehen, weniger Macht, Autorität und Einfluss als ihre Vorgesetzten haben und die sich in der Regel einfügen, um weder ihr Einkommen noch ihren Status noch das kollektive Wohl zu gefährden. Sie unterscheidet verschiedene Typen von Untergebenen gemäß ihrem Maß an Einsatz und Engagement – von „Einsiedlern", die sich am liebsten und meisten in ihrem Büro verkriechen, über unbeteiligte „Schaulustige", die mit verschränkten Armen zuschauen, was so passiert in der Organisation – bis hin zu „Aktivisten" und „Überzeugungstätern", die für ihre Prinzipien und Vorstellungen über Leichen gehen. Notfalls, übrigens, auch über die ihrer eigenen Führungskraft, was etwa die Whistleblower in Firmen, Ministerien, Parteien belegen.

Was für ein Follower bist du, was für Follower hast du?

In einer experimentellen Untersuchung stellte sich heraus, dass Menschen, die von der Versuchsleitung oder durch sich selbst als „Untergebene" etikettiert wurden, mehr Negativität erlebten und ein passiveres Verhalten zeigten als die Kontrollgruppe. (Hoption, C., Christie, A., & Barling, J. (2012). Submitting to the follower label: Followership, positive affect, and extra-role behaviors. Zeitschrift für Psychologie, 220(4), 221–230.) Auch Studien aus dem US-amerikanischen Gesundheitswesen legen nahe, dass der eigentliche Unterschied zwischen Vorgesetzten und Unterstellten im Verhalten der ist, dass … die einen Vorgesetzten sind und die anderen Unterstellte. (Baker, S. D., Mathis, C. J., & Stites-Doe, S. (2011). An exploratory study investigating leader and follower characteristics at US healthcare organizations. Journal of Managerial Issues, 341-363.) Oder anders gesagt: Wer sich als Teammitglied in einer – wenn auch begrenzten – Führungsverantwortung sieht, macht seinen Job als Untergebener tendenziell besser, als wenn sie/er sich nur als Schaf betrachtet.


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Andere unterstützen können, sich für Changeprozesse interessieren, emotionale Intelligenz, den Zusammenhalt fördern: Das sind laut einer interkulturellen Studie, die u.a. in Russland, Mexiko, den USA und Italien durchgeführt wurde, die wichtigsten Eigenschaften von Followers (Antelo, A., Prilipko, E. V., & Sheridan-Pereira, M. (2010). Assessing effective attributes of followers in a leadership process. Contemporary Issues in Education Research, 3(10), 1-12.).

Alles Dinge, die ja vielleicht auch für die jeweilige Chefin oder den jeweiligen Chef nicht ganz verkehrt sind, oder? Und natürlich alles Aspekte, bei denen die Führungskraft viel Verantwortung dafür hat, ob diese Dinge bei den Mitarbeitern überhaupt zu Tage kommen (dürfen). Führung ist halt einfach viel zu wichtig, um sie nur den Führungskräften zu überlassen.

Andererseits: Als Vater von zwei Teenagerkindern weiß ich ja selbst: Der Vorzeige-Vorgesetzte schätzt und wertschätzt das mündige Gegenüber, egal ob in der Kantine oder am Küchentisch. Eigentlich. Aber oft ist es sooo schön bequem, wenn Menschen zu den eigenen Ansagen einfach die Hacken zusammenschlagen und tun, wie ihnen be-, äh: empfohlen…

Kannst du nachempfinden? Danke! Wegtreten…

PS: Du machst, Ihr macht, Sie machen das gut!

*eine frühere Version dieses Textes ist in meiner Kolumne #konstruktivpositiv in der Personalwirtschaft erschienen. Danke mal wieder für die gute Zusammenarbeit, ich hoffe, ich habe mich gut führen lassen...

Silvana König

Fachberaterin Firmen- und Gewerbekunden Fachberaterin Vertriebskommunikation Spezialistin für Versicherungen im Gewerbeaußendienst

3 Monate

🐏 Sich führen zu lassen erfordert Offenheit und aktives Zuhören. Klare Kommunikation, Vertrauen in die Führungskraft und eine positive Einstellung zu Feedback sind entscheidend. Ebenso wichtig ist es, eigene Ziele mit denen des Teams zu verknüpfen und konstruktiv mitzuwirken. So gelingt eine effektive Zusammenarbeit und das persönliche Wachstum wird gefördert.

Rene Tschofenig

Das wichtigste Kapital eines modernen Unternehmens sind die Mitarbeiter!

3 Monate

Interessanter Perspektivwechsel! TOP

Christian Thiele

𝗽𝗼𝘀𝗶𝘁𝗶𝘃-𝗳𝘂𝗲𝗵𝗿𝗲𝗻.𝗰𝗼𝗺 | Speaker, Trainer, Coach, Autor, Podcaster | bemühter Vater & Gatte | Team Winter ⛷❄️

3 Monate
Alexandra Kampmeier

Kopfkino + Kommunikation: Keynote Speakerin | Workshopleiterin | Impulsgeberin | Storytellerin | Für Menschen, die etwas verändern wollen: mehr Miteinander & Menschsein, Toleranz & Teamgeist, Empathie & Engagement.

3 Monate

Was für ein spannender Aspekt - danke, Christian!

Carlotta Schulz

Stellvertretende Geschäftsführerin bei Stiftung Naturschutz Thüringen

3 Monate

Dieses Zusammenspiel kann man ganz wunderbar beim Tanzen beobachten, erfahren und lernen 💃 Und da finden bei mir Passion und Beruf zusammen 😉 Aus Erfahrung als Follower weiß ich dort: man merkt es meist sehr positiv, wenn der Leader auch öfter mal in die andere Rolle geschlüpft ist. Zum Glück gibt es viele Gesellschaftstänze, besonders aus dem lateinamerikanischen/afrolatino Bereich, in denen die Rollen nicht mehr so klar festgelegt sind und auch immer mal wechseln. Auch da zeigt sich die Paralelle zu immer agileren und variantenreicheren Managementstrukturen 💃🕺🏻 lch kann also das Tanzen allen Führungskräften und beruflich Geführten sehr ans Herz legen! 💚

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