Sicherer Zugang einer Kündigung - bloß kein Einschreiben verwenden!

Sicherer Zugang einer Kündigung - bloß kein Einschreiben verwenden!

Der Zugang einer Kündigung wird von Arbeitgebern als Problem häufig unterschätzt. Aus anwaltlicher Sicht kann hier allerdings nur zu äußerster Vorsicht geraten werden. Können Sie als Arbeitgeber nämlich nicht nachweisen, dass die Kündigung tatsächlich zugegangen ist, so liegt rechtlich gesehen keine Kündigung und vor und Sie müssen im Falle eines Kündigungsschutzverfahrens entweder eine hohe Abfindung zahlen oder den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen und rückwirkend bezahlen (z.B. Dauer des Gerichtsverfahrens 6 Monate = es muss der gesamte Zeitraum des Verfahrens nach Ablauf der Kündigungsfrist rückwirkend bezahlt werden, ohne dass Sie eine Arbeitsleistung erhalten haben).

Zwei Arbeitsgerichte haben nunmehr Entscheidungen gefällt, aus denen sich ergibt, dass Sie von Einschreiben als Mittel der Zustellung unbedingt die Finger lassen sollten.


Der Fall

Ein Arbeitgeber kündigte einen Arbeitnehmer mit Kündigung vom 19.06.17 innerhalb der Probezeit zum 31.07.2017. Die Kündigung stellte er dem Arbeitnehmer per Einwurf-Einschreiben zu. Der Arbeitnehmer behauptet er habe die Kündigung nicht erhalten und erhebt Kündigungsschutzklage gegen die nach Behauptung des Arbeitgebers ausgesprochene Kündigung.


Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Reutlingen (Urteil vom 19.03.2019 – 7 Ca 89/18) weist in seiner Entscheidung zunächst einmal auf die Gesetzeslage hin, wonach der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Zugang einer Kündigung zu beweisen.

Diesen Beweis habe der Arbeitgeber nicht erbringen können, weshalb das Gericht dem Arbeitnehmer Recht gibt und feststellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden sei.

Der Arbeitgeber habe zwar im Prozess sowohl den Einlieferungs- als auch den Auslieferungsbeleg (welcher angibt, an welchem Tag und um welche Uhrzeit das Schreiben durch den Postboten in den Briefkasten eingeworfen wurde) vorgelegt, dieses reiche allerdings als Beweis nicht aus (so auch ArbG Ulm v. 07.10.2014 – 5 Ca 129/14).

Da der Arbeitnehmer den Nichtzugang als negative Tatsache regelmäßig nicht beweisen könne, obliege es dem Arbeitgeber hier mehr vorzutragen oder ggf. einen Zeugen zu benennen. Da er diese nicht getan habe, habe das Gericht zu Gunsten des Arbeitnehmers urteilen müssen.


Praxistipp

Eine für den Arbeitgeber sehr bittere Entscheidung, zumal sich der Arbeitnehmer noch innerhalb der Wartezeit befand, weshalb ein Kündigungsgrund nicht erforderlich war und Kündigungsschutzklagen daher so gut wie immer zu Gunsten des Arbeitgebers ausgehen.

Auch wäre es für den Arbeitgeber im angegebenen Fall sehr schwierig gewesen mehr vorzutragen. Auch wenn er ggf. den Postboten hätte "auftreiben" können, so hätte sich dieser sicherlich nicht an den konkreten Fall erinnern können, so dass er keine Aussage zu Gunsten des Arbeitgebers hätte machen können.

Es mag sicherlich auch Arbeitsgerichte geben, die einen solchen Fall anders entschieden hätten, darauf sollten Sie sich jedoch nicht verlassen und einen sicheren Weg für die Zustellung einer Kündigung wählen.

Aus unserer Erfahrung ist der einzig wirklich sichere Weg die Zustellung der Kündigung durch einen Boten aus der Firma, der im Nachgang ein Protokoll aufsetzt, in dem er angibt, dass er die Kündigung gelesen habe, zur Adresse XY gefahren sei und das Schreiben in den Hausbriefkasten eingeworfen bzw. an den Arbeitnehmer übergeben habe.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass Sie die Zustellung per Boten aus der Firma nicht nur im Falle der Kündigung sondern auch bei anderen wichtigen Schreiben wählen sollten, sofern eine Übergabe im Betrieb nicht möglich ist. Ich denke hier vor allem an Abmahnungen sowie an Schreiben zur Kürzung des während der Elternzeit entstandenen Urlaubs (§ 17 Abs. 1 S. 1 BEEG).

Haben Sie Fragen zum Zugang oder benötigen Sie eine Beratung oder Vertretung in einem anderen Fall, so kommen Sie gerne auf uns zu.

Dr. Alexander Scharf

Fachanwalt für Arbeitsrecht

as@scharf-und-wolter.de

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Vielen Dank für die Ausführung.

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