Sozialer Fußabdruck
In Zeiten von Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein begegnet mir immer wieder der Begriff des ökologischen Fußabdrucks. Es geht darum, ob wir im Ressourcenverbrauch so bedacht agieren, dass nach unserer Anwesenheit auf der Erde möglichst wenig verbraucht, das heißt für die Nachwelt verschwunden ist. Oder auch andere Aspekte wie der Zustand der Umwelt, die wir in verschlechterter Form unseren Nachfahren überlassen.
Meist geht es um die Entnahme von Rohstoffen oder Treibmitteln in einer Geschwindigkeit, die über der natürlichen Produktion oder Regeneration liegt. Oder um einflussnehmende Faktoren wie mehr oder weniger schädliche Emissionen. Das alles sind Probleme, die sowohl den Einzelnen als auch die Gesellschaft oder sogar die gesamte menschliche Population betreffen. Dies ist bei der Betrachtung und Bearbeitung jedenfalls zu beachten und wird naturgemäß noch dadurch erschwert, dass es viele Interdependenzen gibt, die kaum zu überschauen sind.
Einen weniger beachteten Fußabdruck hinterlässt aber jeder Einzelne von uns auch im täglichen (Geschäfts-)Leben. Denken wir zum Beispiel an die Müllbeseitigung im öffentlichen Raum. Würden die Bürger die nicht mehr verwendeten Becher, Verpackungen und was auch immer in die (eigenen) Mülltonnen werfen, bräuchten wir keine Aufräumkommandos. Das gilt analog auch für die Kaffeetassen im Büro, die "eigentlich" jeder selbst spülen oder wegräumen könnte. Und schließlich noch als Beispiel die privaten Krankenversicherungen, die bereitwillig auch mehr oder weniger unnötige Untersuchungen und Maßnahmen bezahlen.
In den genannten Beispielen ist der Auslöser nur indirekt betroffen. Steht die nächtlich ausgetrunkene Sektflasche irgendwo in der Fußgängerzone, wird für die Entsorgung ja nicht der Konsument nach seinem Gelage zur Kasse gebeten. Auch der bequeme Kollege im Büro muss nicht mit einem Gehaltsabzug wegen fehlendem Einräumen der Spülmaschine rechnen. Das ist dann irgendwo zwischen Unachtsamkeit und Rücksichtslosigkeit zu verorten.
Noch schlimmer wird es, wenn der persönlich erhaltenen Zusatzleistung ein Anspruchsdenken vorausgeht. Ich zahle so viel für meine Krankenkasse und außerdem erwarte ich als privat Versicherter eine Premiumbehandlung. Da ist es doch selbstverständlich, dass ich auch teure Untersuchungen in Anspruch nehmen kann, egal wie groß der Erkenntnisgewinn beim Arzt sein mag. Was dabei viele übersehen, dass auch das dafür notwendige Geld ja irgendwo herkommen muss, und es ist nicht gerade überraschend, dass es gemittelt von allen Versicherten eingesammelt wird.
Anders ausgedrückt kann man festhalten, dass bei Missachtung der Auswirkungen, seien es Aufwände oder Kosten, diese auf eine Vielzahl von Personen umgelegt werden. Die Gemeinschaft zahlt am Ende für jeden Vorteil, den sich der Einzelne verschafft. Da sollte man sich immer mal wieder kritisch fragen, wie groß der ökologische, aber auch der ökonomische (bzw. soziale) Fußabdruck gerade ist.
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