„Starke Marken schaffen viele relevante Assoziationen“
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„Starke Marken schaffen viele relevante Assoziationen“

Drei Fragen an Dr. Peter Petermann, Autor des kürzlich erschienenen Buches „Marke und Gedächtnis“.

Lieber Herr Petermann, erklären Sie doch kurz, wie Marken sich am schnellsten im Gehirn ihrer Zielgruppen festsetzen können – geben Sie gerne auch ein paar Beispiele.

Aus neuronaler Sicht ist eine Marke ein Netzwerk von synaptischen Verbindungen, auch Engramm genannt. Die drei wichtigsten Faktoren für die Stärke einer Marke im Gehirn sind Relevanz, Kohärenz und Reichhaltigkeit. Anders gesagt: das Marken-Engramm sollte aus möglichst vielen unterschiedlichen, aber doch relevanten Assoziationen bestehen, die möglichst oft immer wieder aktiviert werden. Das macht eine starke Marke aus. Darüber hinaus sollten die Markenassoziationen möglichst distinktiv, die Marke also "salient" sein. Da eine echte Differenzierung von Marken heutzutage immer schwieriger ist, sollten Marken mit unverwechselbaren Attributen verknüpft werden, beispielsweise dem Coca-Cola-Schriftzug oder dem Magenta oder dem Jingle der Telekom. Distinktive Marken haben einen signifikanten Vorteil im Wettbewerb um "kortikale Repräsentation", wie das bei Neurowissenschaftlern heißt.

Sie widmen einen großen Teil Ihres Buches dem Thema Content Marketing. Was macht Content Marketing aus Sicht der Neuroforschung besonders wirksam?

Das knüpft an die Antwort auf Ihre erste Frage an. Im Gegensatz zu Werbung zeichnet sich Content Marketing dadurch aus, dass es tatsächlich relevant für die Zielgruppe ist. Kein Mensch will Werbung, aber nutzwertige oder unterhaltsame Inhalte, die redaktionell aufbereitet sind, finden wir spannend. Da Content Marketing auch immer wieder neue Aspekte beleuchtet, steigert dies auch die Reichhaltigkeit des Marken-Engramms – wir verknüpfen immer neue Assoziationen mit der Marke. Gut gemachter Content ist zudem häufig distinktiv, weil er über die üblichen Codes und Botschaften der Kategorie hinausweist. Ein sehr gutes Beispiel hierfür sind sogenannte Purpose-Ansätze, in denen gesellschaftlich oder kulturell relevante Themen verhandelt werden. Gutes Content Marketing bringt die Marke "from category to culture" und schafft so ein sehr viel stärkeres Marken-Engramm.

Online schneidet ja bei neuronalen Untersuchungen bezüglich der Werbewirksamkeit nicht so gut ab. Wie kann sich Online-Werbung dennoch gut neuronal verankern?

Zunächst einmal muss man sagen, dass dies nicht auf alle Arten von digitaler Kommunikation zutrifft: Social und Mobile zum Beispiel sind hochwirksam, weil sie bestimmte emotionale Vorgänge im Gehirn triggern und es dadurch verstärkt zur Ausschüttung von Neurotransmittern kommt, die wiederum das Engramm stärken. Problematisch wird es bei Werbung, die innerhalb digitaler Texte platziert wird, insbesondere wenn diese mit vielen Hyperlinks oder Animationen versehen sind. Durch solche digitalen Effekte erhöht sich die kognitive Belastung bei der Verarbeitung der Inhalte enorm, was deutlich zu Lasten des Marken-Recalls führt. Daher würde ich bei der Umfeld-Auswahl unbedingt darauf achten, wie die Placements gestaltet sind. Ein weiterer Aspekt ist, dass Online-Werbung sehr viel besser in Kombination mit anderen Medien, z. B. TV, wirkt. Es kommt hier zu sogenannten "Priming-Effekten", bei denen sich die Wirksamkeit der einzelnen Kanäle deutlich steigern lässt. Am stärksten sind diese Effekte zu beobachten, wenn man beispielsweise eine Display-Werbung für ein Produkt im Online-Umfeld eines TV-Programms schaltet, in dem auch der TV-Spot gelaufen ist.

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Interviewgeber Dr. Peter Petermann ist Inhaber der Strategieberatung Moskeeto und hat über 25 Jahre Erfahrung als Marketing- und Mediastratege. Er arbeitete in großen Agenturen für namhafte Kunden und Markenunternehmen, sowohl in Europa als auch in China, und war zuletzt Chief Strategy Officer in einer der weltgrößten Mediaagenturen.

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