Steinmeier: Warum seine Zeit als Bundespräsident vorbei ist
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Frank-Walter Steinmeier ist ein Präsident, dem man nichts vorwerfen kann. Außer genau das: Er ist der Mann, der immer das Richtige sagt. Er blieb in all den Jahren ein Staatsoberhaupt der politisch korrekten Allgemeinplätze. Großer Auftritt, kleine Ambition. Viele Reden, keine Idee. Er war der perfekte Repräsentant einer Großen Koalition, die in Wahrheit eine Graue Koalition war, weil sie das Land mit hohem Drehmoment im Leerlauf regierte: rasender Stillstand.
Wenn nun mit Verspätung in Deutschland eine Ära der Erneuerung beginnt, wie sie Grüne, FDP und Armin Laschet den Bürgern versprechen, dann ist Steinmeier der falsche Mann am falschen Ort. Er hatte seine Zeit. Neue Impulse wird er dem Land, das so dringend der Inspiration und der geistigen Wegweisung bedarf, nicht geben können.
Gesucht werden jetzt Präsidentschaftskandidaten, die jenem sagenumwobenen Neuland lustvoll entgegenstapfen, von dem Angela Merkel sprach, ohne dass sie es selbst je betrat. Ihr wirtschaftspolitisches Erbe – das ist die Aufgabe für die Post-Merkel-Generation – muss nicht bewahrt, sondern aufgelöst werden. Der Staat muss effizienter, die Wirtschaft ökologischer und das Bildungssystem digitaler werden. Das ist für ein Land, das nach quälend langer Pandemie erschöpft wirkt, keine Kleinigkeit. Zumal das Vertrauen in die Fähigkeit der Regierenden weiter gelitten hat.
In der Krise schien es, als hätten sich die systemische Trägheit der Apparate und die geistige Unbeweglichkeit derer, die in diesen Apparaten handeln, gegen die Bürger verschworen. Ohne das Erfinderehepaar aus Mainz, das mit seiner Impfstoffforschung schließlich die Erlösung brachte, hätte die Ära Merkel mutmaßlich mit vielen weiteren Toten geendet. Der Mann in Schloss Bellevue jedenfalls war in diesem Jahr, als der Staat seine Bürger einsperrte, anstatt sie frühzeitig mit Masken, funktionierender Warn-App und einer professionellen Test-Infrastruktur auszustatten, nicht Merkels unbequemer Geist und Antreiber. Er war der von ihr installierte Mitläufer. Ihr Horizont war sein Horizont.
In der neuen, der vor uns liegenden Zeit, wird ein Mit-, ein Vor- und vielleicht auch ein Querdenker gebraucht. Einer, der wie Joachim Gauck oder Richard von Weizsäcker qua eigener Lebensleistung über, vielleicht sogar außerhalb der Parteien steht.
Einer, der versteht, dass Deutschland nicht vom Kirchturm her gedacht werden darf, sondern von Europa.
Einer, der durchdrungen ist von der Überzeugung, dass die Marktwirtschaft erneuert, aber nicht liquidiert gehört.
Einer, der das Gemeinwesen in seiner Vielfalt verkörpert und nicht nur den Staat mit seinen oft blutleeren Gesellen.
Einer, der uns frei sprechen läßt, weil er selbst gern frei spricht, und nicht so angepasst wie Claus Kleber und seine KleberInnen.
„In Deutschland fehlt mir die Atemluft der Freiheit.“ Mit diesem traurigen Satz begründete der liberale Freigeist Ralf Dahrendorf im „Spiegel“-Gespräch 2001 seine Auswanderung nach London. Die Atemluft der Freiheit ist in Deutschland seither eher dünner geworden.
Das Amt des Bundespräsidenten, nur darauf kommt es zu dieser frühen Stunde im Entscheidungsprozess an, ist keine Trophäe für verdiente Parteifunktionäre und kein Trostpreis für gescheiterte Kanzlerkandidaten. Irgendeiner muss Steinmeier zeitnah mitteilen, dass das Schloss Bellevue keine Seniorenresidenz ist.
Die Parteien, die in Kürze die neue Mehrheit bilden wollen, sind aufgefordert, seinen dortigen Aufenthalt nicht zu verlängern, sondern zu beenden. Oder, um es mit Franz Kafka zu sagen: „Verbringe die Zeit nicht mit der Suche nach Hindernissen – vielleicht ist keines da.“
Ich wünsche Dir einen erholten Start in die neue Woche. Es grüßt Dich auf das Herzlichste
Dein Gabor
PS: In der Gesamtausgabe des Morning Briefings – für das Du dich hier kostenlos anmelden kannst – schreibe ich außerdem über folgende Themen:
- Im Morning Briefing Podcast warnt Mr.Dax, Dirk Müller, davor, die hohen Börsenkurse in Europa und den USA als ausschließlich positive Aussage über den Zustand der Volkswirtschaften zu werten.
Und auf unserem Nachrichten- und Podcast-Portal ThePioneer.de möchte ich Dir heute folgende Lese- und Hörempfehlung geben:
- Wie Christdemokraten, Grüne und Liberale über eine zweite Amtszeit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier denken, erfährst Du in unserem Hauptstadt-Newsletter.
- Für die CDU könnte es bitter werden. Bei der Sachsen-Anhalt Wahl droht ihr ein schwerer Dämpfer.
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6 MonateZum deutschen Grundgesetz passt er wohl nicht.
For some people, simplicity is not complex enough
1 JahrEcht nicht. Steinmeier ist in der ganzen Sauce der Peinlichkeit der Einzige, der noch die Contenance behält. Vom Präsidenten wird exakt das erwartet. Unaufgeregte, seriöse und glaubwürdige Präsenz. Keine Revolution. Keine Freveleien. Keine Selbstüberschätzung. Und vor allen Dingen kein Zwang zu Lösungen, wenn eine Regierung scheitert.
Geschäftführer der ICOdata GmbH
3 JahreIch wundere mich ehrlich gesagt warum man von Herrn Steinmeier etwas besonderes als Präsident erwartete. In diesem Amt helfen Intrigen bekanntlich nichts.
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3 JahreEntscheidet das nicht die Bundesversammlung? Vielleicht dürfen Sie Herr Steingart auch ihre Stimme 2022 abgeben. Wir bräuchten allerdings nach Corona einen mit Spirit und keine Sonntagsreden.
Einer der schlechtesten Bundespräsidenten, die es je gab. Hört zu Hause im Schloss gerne linksautonome Bands, laberte was von "Tätersprache" und bezeichnete die zahnlose Corona App als "erste Bürgerpflicht".