Stress am Arbeitsplatz: So unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden richtig
Es ist Ende November, Projekte müssen abgeschlossen werden, Deadlines rücken näher; wir befinden uns im Jahresendspurt. Stress scheint da vorprogrammiert. Doch für viele ist er nicht nur zum Jahresende ein stiller Alltagsbegleiter. Steht Ihr Team dauerhaft unter Anspannung, kann das nicht nur üble Folgen für die Gesundheit Ihrer Angestellten, sondern auch für Ihren Unternehmenserfolg haben. Denn gestresste Mitarbeitende werden weniger leistungsfähig, fallen häufiger aus oder kündigen aus Unzufriedenheit.
Deshalb ist es entscheidend, sich mit dem Thema Stressmanagement auseinanderzusetzen und unternehmensintern die passenden Maßnahmen zu ergreifen. Wie das gelingt, möchte ich heute mit Ihnen teilen.
Was genau ist Stress?
Stress ist eine Reaktion auf äußere oder innere Reize, die sogenannten Stressoren. Dazu gehören beispielsweise Lärm, Sorgen, Schmerz, aber auch zu hohe Anforderungen oder Konkurrenzdruck. Auf die Stressoren reagiert der Körper mit der Ausschüttung von Botenstoffen. Diese machen wach, konzentriert und sorgen dafür, dass dem Körper genug Energie bereitgestellt wird. Soll heißen: Tritt eine stressige Situation auf, schalten wir in den Flucht- oder Verteidigungsmodus – logisch, denn nur auf diese beiden Arten konnte der Mensch beispielsweise auf den Angriff eines Säbelzahntigers reagieren. Stressreaktionen sind also damals überlebensnotwendig gewesen. Heute sind sie es nur noch in absoluten Ausnahmefällen.
Unterscheidung in Eustress und Disstress
Halten Belastung und die Wirkung der Stressoren nur kurz an, kann Stress durchaus positiv wahrgenommen werden. Bei einem Vorstellungsgespräch, einer wichtigen Prüfung oder während eines Marathons wirkt er leistungssteigernd, die Person wird aufmerksam und fokussiert. Klingt die Reaktion ab, werden keine weiteren Stresshormone ausgeschüttet und die Anspannung weicht euphorischer Stimmung. Bei solchen Situationen handelt es sich um den positiven, sogenannten Eustress. Dieser tritt dann auf, wenn eine Situation zwar als fordernd, aber dennoch als lösbar empfunden wird. Eustress hat keinen langfristigen negativen Effekt auf den Körper.
Anders sieht es beim sogenannten Disstress aus. Im Gegensatz zu Eustress wird dieser negativ wahrgenommen, denn er sorgt über einen längeren Zeitraum für einen angespannten Zustand. Dadurch erzielt er auch die gegenteilige Wirkung: Unter Disstress fühlt man sich überfordert und ängstlich, macht sich Sorgen und kann sich nicht konzentrieren.
Leidet ein Mensch dauerhaft, also chronisch, unter solchen Stress, kann das ernsthafte Folgen für Gesundheit und Psyche haben. Eine Dysbalance des Hormonhaushalts, Schlafstörungen und chronische Erkrankungen können die Folge sein. Dadurch nimmt nicht nur die Zufriedenheit und die Arbeitsleistung Ihrer Angestellten ab, sie werden auch vermehrt ausfallen.
Was sind Auslöser für Stress im Arbeitsumfeld?
Folgende Aspekte gehören zu den häufigsten Stressoren am Arbeitsplatz:
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Wie stelle ich fest, ob meine Mitarbeitenden gestresst sind?
Um das Stresslevel Ihrer Angestellten festzustellen, sollten Sie aufmerksam beobachten. Nimmt die Leistungsfähigkeit eines Teammitglieds stetig ab oder häufen sich Krankschreibungen und Fehltage, kann das ein Hinweis für Überlastung sein. Auch angespannte oder abgeschlagene Stimmung, unkontrolliertes oder gar aggressives Verhalten gegenüber Teammitgliedern oder Kundinnen und Kunden können ein Anzeichen für Stress darstellen. Ein klassischer Indikator ist natürlich auch das Arbeiten in Pausen, am Wochenende oder am Feierabend - auch wenn keine Deadline für akuten Zeitdruck sorgt.
Über das reine Beobachten hinaus können Sie natürlich auch mit regelmäßigen Befragungen den Stand der Dinge in Erfahrung bringen. Neben der allgemeinen Stimmung und Zufriedenheit können Sie dabei auch Empfindungen zu Termindruck, Verantwortungsgefühl und Konkurrenzdruck abfragen. Außerdem können auch körperliche Befindlichkeiten wie Schlafqualität, Erschöpfung oder häufig auftretender Kopfschmerz Auskunft über das Stresslevel geben.
Wie gelingt betriebliches Stressmanagement?
Entscheidend ist, dass das jeweilige Teammitglied, Sie als Führungskraft und das Unternehmen als Organisation alle ihren Teil zu einem ausgewogenen Stressmanagement beitragen. Vergessen Sie dabei nicht, dass Sie hier eine Vorbildfunktion einnehmen. Deshalb sollten Sie alle Maßnahmen auch auf sich selbst übertragen und einen gesunden Umgang mit Stress vorleben.
Doch wie kann betriebliches Stressmanagement aussehen? In diesem Abschnitt möchte ich mich auf das Wissen und die Methoden eines führenden deutschen Stressforschers, Gert Kaluza, stützen. Er unterteilt die Stressbewältigung in drei Ebenen: das instrumentelle, das kognitive und das palliativ-regenerative Stressmanagement. Dabei geht es nicht nur darum, mit akutem Stress umzugehen, sondern auch zukünftigen Stress zu vermeiden oder zu reduzieren.
Instrumentelles Stressmanagement
Im ersten Schritt geht es darum, die Ursachen für den Stress, die sog. Stressoren zu erkennen, zu reduzieren oder wenn möglich sogar zu vermeiden. Es sollten also das aktuelle Arbeitsaufkommen und das Zeitmanagement beleuchtet werden. Sind alle geplanten Aufgaben in der vorgegebenen Zeit realistisch zu schaffen? Oder lassen sich Arbeitsschritte an Kolleginnen und Kollegen mit einem kleineren Pensum delegieren? Sollten Konflikte oder Unruhe im Unternehmen zu einer angespannten Atmosphäre führen, dann initiieren Sie unbedingt klärende Gespräche, damit wieder ein entspanntes Miteinander sowie ein positiver und wertschätzender Umgang Teil des Alltags sind. Außerdem sollten Sie eine Unternehmenskultur etablieren, in der es nicht zum guten Ton gehört, zahlreiche Überstunden aufzubauen oder auch am Wochenende ständig erreichbar zu sein.
Kognitives Stressmanagement
Ziel des kognitiven Stressmanagements ist es, dass sich die individuelle Einstellung zum Thema verändert - denn diese kann den empfundenen Stress drastisch verstärken. Hierzu gehört es, die eigenen Grenzen der Leistungsfähigkeit zu kennen und zu akzeptieren und die Erwartungen an sich selbst zu senken. Perfektionismus steht dabei nur im Weg und sollte ebenfalls heruntergefahren werden. Ermöglichen Sie es Ihren Angestellten, Schulungen oder Coachings zum Umgang mit Stresssituationen zu besuchen. Außerdem können Sie sie unterstützen, indem Sie Aufgaben in einen größeren Zusammenhang einbetten und ihren Sinn aufzeigen. Auch das gemeinsame Verfolgen einer klar formulierten Unternehmensvision kann dem eigenen Alltag mehr Bedeutung verleihen und für mehr Positivität sorgen.
Palliativ-regeneratives Stressmanagement
Im letzten Schritt, also beim palliativ-regenerativen Stressmanagement, geht es um die emotionsorientierte Ebene der Stressbewältigung. Anspannung soll so (dauerhaft) reduziert, die psychische und körperliche Reaktion auf Stress soll kontrolliert und reguliert werden. Hier sollten Sie zwischen kurz- und langfristigen Maßnahmen unterscheiden. Kurzfristig ist das Einhalten regelmäßiger Pausenzeiten entscheidend. Richten Sie beispielsweise einen Ruheraum ein oder normalisieren Sie Mikropausen, in denen Ihre Mitarbeitenden kurz aufstehen, lüften oder sich einen Kaffee holen können. Auch Fitness- oder Gesundheits-Angebote wie den Besuch eines Fitnessstudios oder eines Präventionskurses können in akuten Stressphasen einen wichtigen Ausgleich bieten. Wie wäre es alternativ mit einer Runde Business-Yoga? Langfristig gesehen brauchen Ihre Angestellten ausreichend Urlaubstage für Erholung und eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Sehen Sie, dass eines Ihrer Teammitglieder über einen längeren Zeitraum sehr unter Anspannung und Stress leidet, sollten Sie mit ihm auch die Möglichkeit eines anderen Arbeitszeitmodells besprechen.