#SXSW: Welcome Back in 2018?
Die texanische Stadt Austin ist mit seinen knapp 1 Million Anwohnern eine der größten – und definitiv eine der beliebtesten Städte der USA. Vor allem Gründer, Kreative und Studenten zieht es in die Großstadt im Süden der USA. Ruhig lebt es sich, erklärt mir mein AirBnB Host Chris, bei dem ich ganz traditionell in einem kleinen Apartment über der Garage für 10 Tage Unterschlupf gefunden habe. U-Bahnen, S-Bahnen und große Bahnhöfe gibt es nicht. Shopping-Center findet man vor allem außerhalb. Gehupt wird selten. Die Straßen sind breit – den Autos angepasst. Dort und da fährt ein Elektroauto. Auf allen großen Straßen gibt es Fahrradspuren und regnet es mal oder wird die Strecke zu weit, bieten die lokalen Bus-Unternehmen einen Aufhänger für Fahrräder direkt vor der Motorhaube. Für 1,25 Dollar kann man Austin bequem mit dem Bus erkunden, auch wenn dieser ruckelt auf den teils ausgefahrenen und löchrigen Straßen. Gebaut wird an allen Ecken. Der Colorado River und die großen Parks sorgen für viel Grün. Kurzum: Austin ist lebenswert.
Money-Maker SXSW
Dass es Austin wirtschaftlich gut geht und es auf der Wunschliste viele Touristen landet, hat die Stadt sicher auch dem Festival South-by-Southwest - kurz SXSW - zu verdanken. Seit mehr als 30 Jahren ist das Event das Besuchermagnet für die Stadt. Was als kleines Musik-Festival startet, um der Studentenstadt, die zur Semesterpause - dem berühmten Spring Break – menschenleer wurde, neues Leben einzuhauchen, ist nun ein Milliarden-Geschäft für Unternehmen und Anwohner geworden. Viele der sogenannten Austinites verdienen an der SXSW, vermieten beispielsweise ihre kompletten Häuser an die SXSW Besucher und ziehen für zehn Tage aufs Land.
Insgesamt 325 Millionen Dollar hat das Festival mit seinen nun mehr mehr als 90.000 Besuchern bereits 2016 in die Stadt gespült – alleine rund 117 Millionen wurden im vergangenen Jahr für sogenannte Operation (Sicherheit, Messebau, Organisation, Transport und mehr) ausgegeben. Rund 160 Million Dollar brachten die zahlenden Teilnehmer der SXSW. Hinzu kamen knapp 50 Millionen Dollar von Gästen, die anlässlich der SXSW in der Stadt waren, jedoch ausschließlich kostenfreie, ohne SXSW Ticket zugängliche Veranstaltungen besuchten. Bis zu 1.500 Dollar kostet ein Ticket nun, eine Hotelübernachtung kann sogar bis zu 350 Dollar kosten. Zwischen 2011 und 2016 stiegen die Preise um 60 Prozent.
Die Zahlen der SXSW erinnern an Messen wie den Mobile World Congress, die CeBIT oder die IAA. Auch die WebSummit, die seit 2016 im portugiesischen Lissabon eine neue Heimat gefunden hat, wurde vielen Entscheidern zu groß, zu teurer, zu unübersichtlich. Sie sagten die Teilnahme ab – ich gehörte auch dazu. Wird auch das berühmte Kreativfestival SXSW zum Massengeschäft? Geht es um „sehen“ und „gesehen werden“? Ist es der Media-Buzz, der eine Reise rechtfertigt? Immerhin 110 Milliarden Impression erzielten die Berichte bereits im letzten Jahr, neue Zahlen für 2017 werden dies sicher übertreffen.
Die „richtigen“ Kontakte....
Trotz altmodisch anmutender Konferenzatmosphäre und einem voll gepackten Programm, steht am Ende der SXSW jedoch für mich fest: An Qualität hat die SXSW trotz ihres Alters von immerhin 30 Jahren nicht verloren. Außergewöhnliche Sprecher wie Jo Bidden in 2017 oder gar die Obamas im vergangenen Jahr, Kara Swisher, Mark Cuban oder auch Daimlers CEO Dieter Zetsche animieren Kreative aus der ganzen Welt zur Reise nach Austin. Die Konferenzthemen variieren von Tech, über Gesundheit zu Gesellschaft, Flüchtlingspolitik bis hin zu Esoterik. Musik, Film und Kunst schaffen eine ausgelassene und kreative Atmosphäre. Jung und alt mischt sich: Jeder zweite Besucher ist unter 34 Jahre. Doch auch Pioniere wie Vinton Cerf oder der Musiker Mick Fleetwood zieht es nach Texas. Zwei von drei Teilnehmern sind in der Regel aus dem Ausland. Die deutsche Delegation stellt eine der stärksten Gruppen und präsentierte sich dieses Jahr gleich an zwei Stellen: Im GermanHaus in der Barracuda Bar, im Herzen von Austins Bar-District, und in der WUNDERBAR, auf der offiziellen Ausstellungsfläche der SXSW Exhibition. (#GermanySXSW)
Für Sven Streit, aus dem Business Technologie-Bereich des internationalen Pharma-Unternehmen Merck, standen „Networking“ und das „Screenen neuer Technologien und Startups“ im Vordergrund. Die Healthcare-Experten der Messe Düsseldorf nutzten die SXSW, um ihr neues weltweites Format FTR4H – Future4Health -vorzustellen: „Wir haben FTR4H während des Interactive-Events erstmalig gestartet. Mit einem Meet&Greet im German Pavillon haben wir unterschiedliche Personen aus dem Digital Health Bereich angesprochen und zusammengebracht”, erklärte Dr. Claudio Bucchi, Senior Project Manager aus dem Bereich Health and Medical Technologies der Messe Düsseldorf. Produkte und Initiativen waren allerdings nicht die einzigen Premieren. 263 Filme auf 13 Bühnen umrahmten das Konferenzprogramm, darunter vier Weltpremieren. Neu war auch der Virtual Reality Bereich des Film Festivals. Sie alle konkurrieren um die Aufmerksamkeit der Besucher. Für die deutschen Aktivitäten der Messe Düsseldorf hat sich der Gang zur SXSW ausgezahlt: „Unser Event war ein voller Erfolg”, resümiert Bucchi. Neben den Gästen beim eigenen Event, hätte er ständig interessante Menschen getroffen und sei mit ihnen schnell in Kontakt gekommen. „Um 1 Uhr morgens bin ich beispielsweise zufällig in einer Bar mit den Machern des australischen Startups JugglRapp ins Gespräch gekommen. Sie haben ein soziales Netzwerk für Mütter im nahen Umfeld entwickelt, die sich gegenseitig helfen können. Das ist innovativ und trifft den Nerv der Zeit“, so der junge Vater. Auch das sei wohl typisch Austin.
Inspiration....
Dass das Spektrum noch nicht ausgereizt ist, zeigen neue Formaten, wie SXSWedu in 2017, mit denen die Organisatoren Jahr für Jahr neue Akzente setzen. Zudem greifen die Kuratoren der insgesamt 24 Themenbereiche auch bewährte Themen in den mehr als 400 offiziellen Konferenzformaten auf: Virtual Reality dominierte bereits 2016 die Agenda der viertägigen auf Tech-Themen fokussierten Interactive Conference. Auch in 2017 setzte sich der Trend fort – mit noch mehr Praxisbezug und Substanz. Viele Gründer zeigten neue Produkte, verknüpften vorhandene Technologien mit neuen Anwendungsbereichen. So fand sich viel Virtual Reality auch im Healthcare-Bereich, wie drei Beispiele aus dem Gesundheitsbereit zeigen:
- Der SXSW Accelerator Finalist OnComfort aus Houston bietet eine VR-Lösung für Stress Management und die Behandlung von kleinen Krebspatienten.
- Das junge US-Startup Luminopia entwickelt ganz spezielle VR-Brillen und -Inhalte für schielende Kinder.
- AxonVR präsentierte ebenfalls eine Healthcare-Lösung für die Behandlung von Kindern – lies allerdings leider seine seine VR Anzüge daheim.
Für Kerrie Harrington, Digital Ideation Spezialistin, des Healthcare-Unternehmens EMD Millipore stimmte die Mischung. Sie lies sich vom SXSW Cinema inspirieren, testet zwischen Fachvorträgen und Panels, mit Hilfe von Aufnahmen des Hubble Teleskopes wie es sich im Weltraum anfühlen muss – 360 Style. Ihr Fazit: „I had to remind myself that I was sitting!“ Und nicht nur aufgrund des hohen Fun-Faktors wird die Pharma-Expertin zur SXSW zurückkommen, auch wenn sie kein Startup führt und nicht im Filmgeschäft ist:
„I plan to come back and see the next progression of technologies. We would also like to share our story, and hopefully showcase how we have grown, what worked, what didn’t. Also to build long-term connections and networks“.
Denn gerade aus der Mischung auf der SXSW ziehe man die größte Inspiration. Und da man auf jeden Fall nicht alle 90.000 Teilnehmer treffen und nicht alle 400 Konferenztermine wahrnehmen konnte, bleiben auch für 2018 viele neue Erlebnisse übrig - auch wenn Unternehmen und Teilnehmer mehrfach zur SXSW kommen.
Danke. Klasse und sogar unterhaltsam. Eine Frage: 'Die deutsche Delegation stellt eine der stärksten Gruppen und präsentierte sich dieses Jahr gleich an zwei Stellen' - Wer sind die stärksten Gruppen? Ranking? 👍