You can say You to me! Truly!

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TRULY

Vorwort: Frau Hatice Akyün, die im Berliner Tagesspiegel eine Kolumne beschreiben darf, veröffentlichte am 18.12.21 ihren Artikel unter der Überschrift „Die Krux mit der Aussprache“. Darin echauffierte sie sich unter anderem darüber, daß die Außenministerin Baerbock wegen ihres Englisch und sonst kritisiert wird. Die Kritik an Baerbock sei „armselig“, weil sie ausschließlich frauenfeindlich sei. Einige könnten es immer noch nicht akzeptieren, daß eine Frau Außenministerin sei. Kritikern von Baerbock fielen keine inhaltlichen Argumente ein. Zudem beklagt sich Frau Akyün darüber, daß ihre deutschen Mitmenschen (so ihre Worte) nicht in der Lage seien, den Namen Hatice Akyün und viele bis alle anderen türkischen Namen korrekt auszusprechen. Es sei typisch deutsch, daß man „ein halbes Jahrhundert lang türkische Namen nicht auf die Reihe“ kriege, „aber über den Akzent anderer“ spotte.

Ich schrieb daraufhin am 19.12.21 folgenden Leserbrief, der natürlich wie erwartet ohne jegliche Reaktion blieb, an den Tagesspiegel:

Truly

Nee, Frau Akyün, da haben Sie was (bewußt?) falsch verstanden. Baerbock wird nicht deswegen kritisiert, weil sie eine Frau ist, oder weil sie die erste Frau in diesem Amt ist. Sie wird deswegen kritisiert, weil sie es nicht kann, weil sie unqualifiziert ist, in jeglicher Hinsicht. Und weil sie deshalb ihren Lebenslauf falsch darstellte und log. Wieso sehen Sie darin keine inhaltlichen Argumente? Wieso ist die Kritik an Baerbocks miesem Englisch, welches nicht nur an einem Akzent leidet, wie Sie es schreiben, keine inhaltliche Kritik? Ist Ihnen in Ihrer Blase die Kritik an Christian Patrick Lindners (ein Glühwürmchen mit dem Berufswunsch Flutlicht) noch fürchterlicherem Englisch entgangen, oder haben Sie da auch fabuliert, daß er nur deswegen kritisiert wird, weil er ein Mann ist?

Daß Frau Baerbock es nicht kann, hat sie doch auch schon selbst im hiesigen, im internationalen Vergleich sehr überschaubaren und beschaulichen Wahlkampf bewiesen. Glücklicherweise. Aber wann immer auch nur die winzigste Kritik kommt, wird sofort in die – gerne mehrfache - Opferrolle gekrochen und gestellt, so auch in Ihrem davon triefenden Artikel. Und damit ist dann jegliche Kritik frauenfeindlich, machohaft, konterrevolutionär (DDR-sprech), nazistisch, rassistisch und vieles andere. Nur schlicht wahr darf die Kritik natürlich nicht sein, erst recht dann nicht, wenn sie offensichtlich wahr ist. Und daß die Vorgänger von Baerbock teilweise Totalausfälle wie Heiko Maas (der ist wie Andreas Scheuer in jeglichem Amt eine Vollfehlbesetzung) waren – weshalb macht das das Nichtkönnen von Baerbock besser? Im übrigen wurde insbesondere Maas auch kräftig kritisiert, auch zu recht.

Die Opferrolle nehmen Sie auch bei Ihrem Namen in Beschlag. Was glauben Sie, wieviele Varianten ich von meinem Namen denn schon gehört und gelesen habe: Sachschneider, Schachmeister, Schatzschneider, Schachneider (der Kollege mag mich trotzdem ;-), Sackschneider et cetera et cetera. Aber bei Ihnen und sämtlichen anderen türkischen Namen ist das natürlich was ganz besonderes und typisch deutsch. Und weshalb ist Baerbock für Sie eine „andere“, über die gespottet werde? In über 50 Jahren haben Sie die bisweilen sehr feinsinnige Selbstironie Ihrer deutschen Mitmenschen (so Ihre eigene Formulierung – im Gegensatz zu Ihnen mache ich Mitmenschen nicht an deren Nationalität fest) offenbar nicht bemerkt. Nein Frau Akyün, es ist genau umgekehrt: Sie sind ein trauriges Beispiel dafür, daß Ihnen zu zutreffender Kritik offenbar keine inhaltlichen Argumente einfallen, sondern Sie einfach die Opferkeule auspacken. Ziemlich dünne, oder wiederum mit Ihren eigenen Worten: armselig.

Im übrigen hatte Frau Merkel, die aber ungleich sehr viel mehr Grips als Baerbock hat, niemals ein Problem mit schlechtem Englisch. Soweit jedenfalls mir bekannt, sprach sie nie englisch, und auch nicht russisch, sondern einfach deutsch, und Macrönchen und Co haben einen simplen Knopf im Ohr, der von Simultandolmetschern bespielt wird. Genial, oder? Niemand mit Verstand hält Staatsreden komplett in anderen Sprachen als der Muttersprache. Denn niemand hat als Fremdsprachler solche Ausdrucksmöglichkeiten wie in der eigenen Sprache. Der außergewöhnlich begabte Peter Ustinov mag zu den sehr wenigen Ausnahmen gehört haben. Und ja:

Ich - bin - ein – Börliner!

Frau Akyün, tear down your walls! Open Your heart!

Klar, meine Kritik an Ihrem Artikel ficht und fechtet Sie deswegen nicht an, weil sie von einem alten weißen Mann kommt, der alleine schon deswegen natürlich frauenfeindlich, sexistisch, xenophob, migrantophob, diversophob und sonst noch was sei. Aber wissen Sie was, You know what – this doesn`t juckt me, and You can say trotzdem You to me, very much indeed! Truly!

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