Unser neues Format: GRIN stellt Orchideenfächer vor

Unser neues Format: GRIN stellt Orchideenfächer vor

Bei GRIN finden Sie Texte aus allen Fachbereichen – auch aus weniger bekannten. Interessieren Sie sich für sogenannte Nischenfächer? Dann geben wir dir einen Überblick! 

In Deutschland gibt es mehr als 20.000 Studiengänge. Eine riesige Vielfalt, die erst einmal erschlagen kann. Stehen Sie noch vor der Wahl, welches Studium am besten zu Ihnen passt, und sind sich unsicher, ob Sie sich für einen der größeren Studiengänge oder für ein kleines Fach entscheiden sollen? Haben Sie womöglich gehört, dass Ihre Berufschancen schlechter sind, wenn Sie ein Orchideenfach studieren, und sind sich unsicher, ob das wirklich stimmt? Wir geben dir einen Überblick über die Vor- und Nachteile solcher Nischenfächer. Außerdem wollen wir dir unser neues Format vorstellen: seltenen Studienfächern, die von Mitgliedern unseres Teams studiert werden oder wurden, widmen wir seit kurzem eigene Übersichtsseiten. Neugierig geworden? Mehr dazu erzählen wir Ihnen weiter unten.

Orchideenfach, was ist das?

Als Orchideenfächer, auch Nischenfächer oder seltener Orchideendisziplinen genannt, bezeichnet man Studienfächer, die so ausgefallen oder ungewöhnlich sind, dass sie nur an wenigen Hochschulen bzw. Universitäten studiert werden können. Die Zahl der Studierenden ist meist recht klein und überschaubar, was oft dazu führt, dass an den jeweiligen Instituten ein geradezu familiäres Umfeld entsteht. Überfüllte Hörsäle oder Professor:innen, die ihre Studierenden nicht namentlich kennen – Bilder, die man beispielsweise vor Augen hat, wenn man an den Studiengang BWL denkt – gibt es bei solchen Nischenfächern nicht.

Allerdings stehen solche Fächer auch nach wie vor in der Kritik. Studierende seltener Studiengänge werden oft belächelt und als weltfremd bezeichnet, von Bekannten hören sie häufig skeptische Fragen wie „Und was machst du später damit?“. Mangelnder gesellschaftlicher Nutzen, fehlende berufliche Perspektiven und hohe Arbeitslosigkeit sind ebenfalls häufige Assoziationen.

Aber stimmt das?

Vorteile von Orchideenfächern

  • Besseres Betreuungsverhältnis: Dozierende kleiner Fächer haben wesentlich weniger Studierende zu betreuen als in Massenfächern. Nach ein bis zwei Semestern kennen sich alle mit Namen und wissen um die jeweiligen Stärken und Schwächen. Dadurch ist eine viel individuellere Betreuung möglich.
  • Soziale Kontakte: Da diese Studiengänge meist eine überschaubare Menge an Studierenden haben, lernen sich diese auch untereinander schneller und leichter kennen. Gerade für Erstsemestler:innen, die gerade erst neu in eine Stadt ziehen, ist das ein klarer Vorteil.
  • Spezialisierung: Sie wollen auf einem bestimmten Gebiet zum:zur Expert:in werden? Wenn Sie ein Nischenfach studieren, beschäftigen Sie sich ganz automatisch mit einem speziellen Fachgebiet, das Sie dann noch weiter eingrenzen können. Manche Themen sind noch überhaupt nicht erforscht, Sie können also gegebenenfalls der:die Erste sein!
  • Kein Numerus clausus: Beliebte Fächer wie Medizin haben eine klare Zugangsbeschränkung. Die meisten Orchideenfächer haben das nicht, hier ist die Voraussetzung meist vor allem Interesse für das Fach und manchmal besondere Sprachkenntnisse, die aber oft auch während des Studiums nachgeholt werden können.
  • Leidenschaft für das Fach: Für ein Fach wie Kriminologie entscheiden Sie sich nicht, wenn Sie nicht von vornherein Neugier und Faszination dafür mitbringen. Das gilt für alle Orchideenfächer: die Wahl sollte deinen Stärken und Neigungen entsprechen. Wenn Sie sich aus voller Überzeugung für ein Studienfach entschieden haben, bleiben Sie auch in schwierigen Phasen eher am Ball als bei einem Fach, das Ihnen eigentlich keinen Spaß macht.

Nachteile von Orchideenfächern

  • Nischenwissen: Da Sie sich im Studium auf ein bestimmtes Gebiet spezialisieren, scheint die Auswahl der Jobs erst einmal gering zu sein, denn natürlich gibt es für Vollblutarchäolog:innen, die unbedingt ins Museum wollen, weniger Jobangebote als für studierte BWLer:innen. Diesen Nachteil haben Sie allerdings nur, wenn Sie sich allein in Ihrem fachnahen Umfeld umsehen. Studierende von Orchideenfächern sind ideale Quereinsteiger:innen und können mit Soft Skills aus ihrem jeweiligen Studiengang in Berufen glänzen, von denen sie noch im Studium niemals angenommen hätten, dass diese für sie in Frage kommen würden.
  • Studienwechsel: Sie merken, dass Ihre Vorstellung von Ihrem Traumstudium nicht wirklich mit deinem tatsächlichen Studium übereinstimmt und wollen doch lieber wechseln? Häufig können Sie bereits bestandene Module nicht auf andere Fächer übertragen und müssen ein komplett neues Studium anfangen, das ist also leider ein Nachteil.
  • Standortwechsel: Orchideenfächer werden meist nur an einigen wenigen Unis angeboten, du bist also nicht sehr flexibel, was die Wahl deines Studienorts betrifft.
  • Keine Anonymität: Sie wollen Ihr Studium eigentlich lieber ruhig angehen und nur sporadisch zu Vorlesungen kommen? Bei kleinen Fächern kann das familiäre Umfeld dann zum Problem werden, denn Abwesenheiten fallen bei wenigen Studierenden sehr viel schneller auf.

Karriereaussichten für Exot:innen

Dem Vorwurf der „brotlosen Kunst“ sehen sich kleine Fächer noch immer ausgesetzt, dabei sehen viele Personaler:innen die Vorteile von Studierenden außergewöhnlicher Fächer. Diese sogenannten Exot:innen sind nämlich oft sehr viel mehr darin geschult, querzudenken und sich kreativ auf neue Situationen einzulassen, als Studierende der großen Fächer wie BWL oder Jura. Dazu kommen in den meisten Orchideenfächern Soft Skills wie Kritikbewusstsein, hohe Flexibilität, Resilienz, Sorgfalt und Selbstständigkeit, aber auch Zielstrebigkeit, Ausdauer und Belastbarkeit.

Kurz: Sie können auf jeden Fall von deinem Orchideenfach profitieren und neue Perspektiven in Ihren zukünftigen Job bringen, wenn Sie nicht das Glück haben, an die wenigen begehrten Stellen zu kommen, die speziell für Ihren Fachbereich ausgeschrieben werden.

GRIN und die Orchideenfächer

Um Ihnen einen Überblick über ein paar kleine Fächer zu geben, die Mitglieder des GRIN-Teams selbst studiert haben, noch studieren oder studieren wollen, legen wir derzeit eigene Übersichtsseiten zu diesen Studiengängen an. Dort erklären wir, welche Voraussetzungen Sie jeweils für das Studium mitbringen sollten, welche Studieninhalte Sie erwarten, an welchen Standorten Sie das Fach studieren können und welche Jobaussichten es gibt, außerdem geben wir Ihnen in den meisten Fällen auch besondere Insights und Erfahrungsberichte. Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben, dann sehen Sie gern mal bei unseren drei neuen Seiten vorbei: Kriminologie, Literarisches Übersetzen und Altertumswissenschaften

Wussten Sie, dass:

  • die Bezeichnung „Orchideenfach“ ursprünglich eher negativ gemeint war, weil die Orchidee für viel Pflegeaufwand und keinen praktischen Nutzen stand?
  • sich der Begriff ab den frühen 1970er Jahren etabliert hat und zum ersten Mal für das Fach Byzantinistik gebraucht wurde?

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