URLAUB! Zeit zum Lesen!
Erinnerst du dich noch an Corona? Ich meine an das Corona damals, als wir noch alle solidarisch waren, als wir für Pflegekräfte geklatscht haben, wildfremde Menschen sich organisiert oder Familien abends für den Rest des Straßenzuges musiziert haben? Scheint ziemlich weit weg zu sein inzwischen.
In dieser Zeit, in der die Leute Gelegenheit hatten ihr Leben und ihren Keller aufzuräumen, ist der Brauch aufgekommen, Kisten mit Büchern (und Krempel) an die Straße zu stellen. Inzwischen kann man zwar den Eindruck gewinnen, dass diese an sich schöne Geste zu einer neuen Art der Müllentsorgung mutiert ist. Aber damals habe ich gerne zugegriffen. So konnte ich „Im Westen nichts neues“ von Remarque ebenso ergattern wie „Romulus der Große" von Dürrenmatt. Kann ich beides uneingeschränkt empfehlen. Remarque zeigt eindrucksvoll auf, wie unfassbar sinnlos es ist Krieg zu führen.
Eine dazu passende Anekdote erlebte ein guter Freund von mir. Er griff auf eine viele hundert Seiten starke populärwissenschaftliche Abhandlung über die Geschichte der Sinti & Roma in Europa. Das eigentliche Highlight der offensichtlich vorher von niemanden jemals gelesenen Ausgabe war ein eingelegter handschriftlicher Brief einer Mutter an ihren Sohn, in dem sie ihm mitteilt, dass der ältere Bruder des Empfängers nun schon sein zweites (!) Buch, nämlich dieses, veröffentlicht habe. Sie, die Mutter, übersandte nun nämliches Buch, zusammen mit dem in zierlicher, sehr klarer Handschrift und auf zart-blau-linierten Papier geschriebenen Brief an den offenbar schriftstellerisch wie insgesamt weniger erfolgreichen Bruder. Und der muss beides seufzend genommen und frustriert in eine dunkle Ecke gestellt haben, aus der Buch und der zwischen seinen Seiten steckende Brief (dessen vorwurfsvoll-mütterlicher Tonfall wirklich sehr schlecht versteckt war) erst durch eine der Pandemie geschuldete Aufräumaktion befreit wurden.
Wir haben an einem Barabend vergnügliche Stunden damit verbracht, uns in diese unbekannte und doch bekannt vorkommende Familienkonstellation hineinzudenken. Ein ganz privates Hörbuch, nur in unserem Kopf. Das war ein Vergnügen, dass mir kein aktueller Ratgeber hätte bereiten können. Eine Entdeckung in der Entdeckung.
Warum schreibe ich das? Weil ich dafür plädieren möchte, auch mal abseits des Kanons zuzugreifen. Geh vor deinem nächsten Urlaub mal zum örtlichen Buchfachhandel oder die Leihbibliothek und greif dir einen oder zwei Klassiker, einen Lyrik-Band oder einen abseitigen Roman, der 1973 in Kleinstauflage erschienen ist. Irgendwas, von dem du noch nie gehört hast. Nimm ein Buch mehr mit, als du normalerweise lesen würdest. Aber probiere mal was Neues, was wirklich mal gar nichts mit deinem Job oder deiner Karriere zu tun hat. Erlaube dir diese völlige Freiheit.
Dir gefällt das Buch nicht? Es gibt kein Gesetzt, dass man jedes Buch gut finden muss. Schreib in Gedanken einen Verriss. Dir gefällt eine Formulierung? Nimm sie mit und überlege, in welcher Situation deines Lebens sie passen könnte. Mach deine eigenen Entdeckungen und lass deinen eigenen Gedanken einfach mal wieder komplett freien Lauf. Sei offen! Das befreit und entspannt und schafft vielleicht ein paar neue Verknüpfungen im Kopf. Und wenn wirklich alles einfach nur zu banal sein sollte, dann schafft das wenigstens wieder richtigen Hunger auf Input.
Ganz ehrlich, den neuesten Ratgeber mit den letzten Business-Tipps kannst du dir auch einfach nach dem Urlaub aus der Shortlist bei Audible runterladen. Und wenn es für den Urlaub wirklich was aus dem Laden sein soll: Schwarzeneggers Autobiographie „Total Recall“ (ehrlich und überraschend) und Dr. Frederik Hümmekes Ratgeber "Handling Shit" sind Weltklasse. Martin Limbecks "Dodoland" ist aufregend. Der Verkaufstrainer fordert mehr Leistung. Konservative lieben jeden Satz und woke Linke bekommen endlich mal wieder richtig Puls. Unterhaltsam ist es auf jeden Fall und regt zum nachdenken an.
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Mein persönliches Highlight hat auch ein Freund geschrieben: Neven Subotic "Alles geben". Nicht nur, dass mein erstes Buch nach Moby Dick (nicht zu Ende gelesen) Toni Schumachers "Anpfiff" (durchgelesen!) war, kannte ich durch seine Erzählungen schon Nevens besonderen Lebenslauf.
Dachte ich zumindest. Freudentränen und echte Tränen rannten mir beim lesen die Wangen runter. Ich habe mich sehr früh von seiner Weltsicht anstecken lassen und dennoch habe ich mich dabei erwischt, wie ich mein und unser Verhalten hinterfrage. Neven und seine heutige Stiftungsarbeit sind das logische Ergebnis eines Intellektuellen, der aus der Scheinwelt der Eventbranche Fußball ausbrechen MUSS. Atemberaubend geschrieben.
Wer der Meinung ist, dass unser Schul- und Erziehungssystem einmal hinterfragt werden sollte, den kann ich sofort richtig glücklich machen. Gunda Frey ist eine ehemalige Kinder-Psychotherapeutin. Sie hatte sie Schnauze voll kaputte Kinder zu reparieren und will da ansetzen, wo man wirklich dauerhaft helfen kann. Denn: "Kinder sind nicht gestört. Kinder werden in ihrer Entwicklung gestört." Und das passiert in der Erziehung auf allen Ebenen. Angst oder Liebe? – In welchem System sollen unsere Kinder in Zukunft aufwachsen? Sind wir als Gesellschaft überhaupt noch fähig uns zu ändern? Erstaunlich ehrlich beschreibt Gunda Frey in ihrem zweiten Buch “Das verstaatliche Kind” was in unserem System alles falsch läuft. Ich DANKE ihr, dass sie nicht an Kritik spart, wo es angebracht ist und die Dinge beim Namen nennt. Genauso freue ich mich, dass es in diesem Buch eben nicht bei der Kritik bleibt, sondern konkrete Lösungsansätze genannt sind. Aus der Praxis eine Kinder-Psychotherapeutin, die spürbar nicht nur ihre eigenen Kinder liebt. Sondern auch deine und meine.
Meine beiden Lieblingsautoren will ich Euch auch nennen. Carlos Ruiz Zafon (Der "Schatten des Windes" ist ein Klassiker und nach Don Quichotte das meistverkaufte Buch aus Spanien) und John Niven ("Gott bewahre" oder das Golf-Kultbuch "Coma").
Link zu meinen Buchtipps im ersten Kommentar.
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1 JahrIch habe in Coronazeiten angefangen, die "Reiseberichte" von Stephan Orth zu lesen. Kann ich nur empfehlen :)
Bewerben mit persönlicher Note! Workshops mit Humor! kreativ. begeisternd. erfolgreich.
2 JahreDanke für die Tipps! Eines meiner Lieblingsbücher ist „Question thinking - Die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen“ von Marilee Adams. Als nächstes steht „Eine runde Sache“ von Tomer Gardi auf dem Plan.
Management Coach und Berater Public Sector | Autor (u.a. "Führung im öffentlichen Dienst", Verlag Weka Medien; "Die Kraft des Fragens", Beltz Verlag) | Dem #teamstadtmuenchen verbunden | Bitte nicht vergessen: 🌍
2 Jahre😊
Der Mr. Nice Guy aus dem Handwerk. Lass uns gemeinsam das Handwerk nachhaltig verändern!
2 JahreMichael ich höre gerade bei Audible das Buch: kommunikationsrevolution Social Media. Der Autor ist mir gerade entfallen aber er hat das Buch, wie alle anderen seiner Bücher auch, selber eingesprochen. Ein Wahrer Genuss
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2 JahreLesen?strengtanlieberpodcastsunhörbuch