Von starken Kumpels, Instandhaltung in Echtzeit und Startups ohne öffentliche Aufträge
Lieber Abonnent, liebe Abonnentin,
ich habe die Sommerpause genutzt, um – endlich – die Völklinger Hütte zu besuchen. Bin ein Fan von Industrieanlagen und Ingenieurskunst. War geflasht von den Riesenhallen und Verzweigungen ... – Ich überlege immer, was Startups und KMU interessiert. Herausgekommen ist dieses Mal ein Exkurs in die Vorausschauende Instandhaltung. Und: Nicht selten tut man sich schwer mit Kleinteiligem, wenn man den Inhalt einer Dokumentation bereits klug aufgebaut hat.
Vor kurzem habe ich für einen Beitrag beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt um ein Foto gebeten. Man hat es mir nicht gewährt, da aus meinem Internet-Auftritt ersichtlich sei, dass ich auch gewerbliche Interessen verfolge. Nun, Zeitungen tun das ja Gott sei Dank nicht. Daher habe ich mich gefreut, dass ich bei dem auch inhaltlich bemerkenswerten Beitrag zu den Molekülen ein Foto einfach downloaden konnte. – Ganz anderes Thema: Startups und öffentliche Auftragsvergabe. Der Startup Verband hat eine Agenda 2030 mit einigen Vorgabenaufgestellt.
Ich war mal wieder bei der Wipotec – eingeladen von der SIAK.
1. Völklinger Kumpels zwischen Gluthitze und Höllenlärm
Nein, ich bin mir sicher, der Kumpel auf dem Foto raucht keinen Joint, die Selbstgedrehte ist nur sehr üppig ausgefallen. Obwohl, gut getan hätte den Männern in der Eisenzeugung eine kleine Entspannung allemal.
Im Zug überlegte ich, ob ich die Völklinger Hütte rasch finden würde. Doch das hatte sich bei Einfahrt in den Bahnhof erledigt – von weitem sieht man bereits die riesigen Hochöfen. Die Anlage liegt nur fünf Minuten vom Bahnhof entfernt.
Zuerst in die Gebläsehalle, wegen der Filmausstellung: auf Großleinwänden agieren Menschen, finden Dramen statt, ändern sich die Farben, Themen und Zeiten: von Metropolis über Hildegard Knef bis zu den Systemsprengern. Gewaltige Leinwände in einer gewaltigen Halle. Dazwischen Gasturbinen. Apropos Gebläsehalle: Hier wurde Luft zu den Hochöfen gepumpt.
Beim Rundgang kann man nachvollziehen, wie Roheisen erzeugt wurde: durch Sinteranlage (Staub und feines Korn wurde hier ‚gebacken‘), die akribisch strukturierte Möllerhalle, wo Eisenerz, Sinter, Schrott gelagert wurde – zu den Hochöfen. Wenig riecht es nach Fabrik und Maschinenöl, doch eher mittlerweile museal. Dennoch: Ich habe versucht mich in die strapaziöse Welt der Arbeiter einzufühlen. Lärm der Maschinen, giftige Abgase, eine teuflische Hitze im Hochofen: 1200 °C ...
Dafür sieht der Kumpel auf dem Foto doch entspannt aus. Er weiß ja nicht, wie die Arbeitswelt künftig aussehen wird: automatisiert, saubere Hallen, mit Lärmschutz und vielen, vielen Sicherheitsvorkehrungen.
2. Vorausschauende Instandhaltung: Check in Echtzeit
Der Aufwand für die manuelle Instandhaltung – also Inspektion, Wartung, Reparatur – kostet Zeit und Geld, ist nicht unfehlbar. Vor allem bei Maschinen, deren Ausfall hohe Folgekosten verursachen würden, kann ein gesteuertes System sinnvoll sein.
Vorausschauende Systeme nehmen permanent mit Sensoren Echtzeitdaten auf, die wiederum werden mit historischen Daten verglichen. Dabei sind neuere Maschinen oft bereits mit Sensoren ausgestattet. Ältere Anlagen können nachgerüstet werden. In meinem Blog mehr dazu.
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3. Bei Gestalten einer Bedienungsanleitung auf das Kleinteilige achten
In einer Dokumentation gibt es keine Peanuts. Wenn eine Betriebsanleitung – ob in einem Redaktionssystem oder in Word – gut zugänglich sein soll, dann muss alles passen. Auch das Kleinteilige.
Zum Beispiel korrekte Zeichen und Werteräume: Das Minuszeichen ist nicht identisch mit dem Bindestrich oder Gedankenstrich.
4. Anordnung von Atomen beeinflusst Wirkung von Medikamenten
Das Chirale eines Moleküls zeigt seine Grundordnung. Und deren Gestalt beeinflusst die chemische Reaktion. Daher ist es aufschlussreich, die Anordnung der Atome im Molekül sichtbar zu machen. Das ist Wissenschaftlern des KIT, Karlsruher Institut für Technologie, gelungen. Nutzen: Die Erkenntnisse beschleunigen die Entwicklung von Medikamenten.
Manche Moleküle treten paarweise und spiegelbildlich zueinander auf, wie bei linkem und rechtem Handschuh. Trotz Spiegelbild können die Eigenschaften jedoch ganz andere sein, sogar entgegengesetzt. Das war geschehen bei dem Contergan-Drama in den 1960er Jahren. Seither müssen Pharmaunternehmen prüfen, ob sich die Wirkstoffe im menschlichen Körper nicht in ihr Gegenteil verwandeln.
5. Öffentliche Aufträge – gewaltige Hürden für Startups
Startups haben im Wettbewerb um öffentliche Aufträge kaum eine Chance. Die formalen Kriterien sind erdrückend: etwa Nachweise von Jahresabschlüssen, Mindestumsätze, Mitarbeiterzahl und einiges mehr. – Das steht unter anderem auf der Innovationsagenda 2030 des Startup-Verbands. Ich werde Themen daraus in nächster Zeit aufnehmen und besprechen.
Zurück zur Vergabe. Konkret fordert der Verband, dass 5 Prozent der öffentlichen Aufträge bis 2030 an Startups vergeben werden sollten. Die derzeitige Zahl scheint kaum erwähnenswert zu sein. Habe die Vergabelage der Startups mal direkt beim Wirtschaftsministerium gecheckt. Da heißt es 2022, dass gerade junge Unternehmen pragmatische, zeitgemäße Lösungen für die Verwaltung liefern können, Stichwort Digitalisierung. Auch ist von mehr Vergabe-Flexibilität die Rede. Doch wenn ich vom Vergaberechtstransformationspaket lese, dann spüre ich wieder ein bürokratisches Unbehagen. Auch die Vorgaben sind alles andere entkrampft: Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, Nachhaltigkeit Transparenz statt Korruption und Vetternwirtschaft ... Ich sehe schon viele Beamte und Beamtinnen, die sich monatelang mit der Prüfung der Kriterien befassen.
Ein Lichtblick ist vielleicht KOINNO, das Kompetenzzentrum Innovative Beschaffung. Eine Plattform des Ministeriums für die Auftragsvergabe.
5. Wie funktioniert eine KI-Rollout – Besuch bei Wipotec
Nach der Sommerpause habe ich eine Veranstaltung der SIAK bei dem Unternehmen Wipotec in Kaiserslautern besucht. Nach Vorstellung des Unternehmens für Wägetechnik und optische Kontrolle unternahmen wir eine Betriebsbesichtigung, mit Beispielen insbesondere zum Detektieren von Fremdkörpern in Endprodukten. Danach die Präsentation: wie man künstliche Intelligenz in einem Industrieunternehmen ins Rollen bringt. Hier mein Linkedin-Artikel dazu.
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3 MonateIch bin gespannt, was du bezüglich der Start-ups noch rausfindest. Ich finde deine Info sehr interessant. Danke dafür 😘