Warum Technologie-Start-ups vor besonderen Herausforderungen stehen und ein Accelerator wie HIGH-TECH.NRW eine Lücke schließt
Das letzte Jahrzehnt sorgte für eine erhebliche Dynamik in der Start-up-Szene, was dazu führte, dass in den Jahren 2010 - 2022 der Sprung ins Unternehmertum für viele Hochschulabsolventen eine greifbare und realisierbare Alternative zum klassischen post Studium Berufsstart als Arbeitnehmer in einem Unternehmen – sei es Industrie, Beratung oder Banking – wurde. Zu Gründen avancierte nicht nur wegen der günstigen Finanzierung zu einer Art Mode, sondern verschaffte einem auch ein gewisses Prestige; die daraus resultierende Gründungswelle hat ihren Zenit aber inzwischen überschritten und die Zahl der Neugründungen ist seit 2022 tendenziell rückläufig mit einigen regionalen und thematischen Ausnahmen.
Was zunächst negativ klingt, kann jedoch als gesunder Marktmechanismus verstanden werden, denn der Bedarf an Dating-Apps und weiteren D2C-Produkten ist nach der Schwemme der letzten Jahre vermutlich erst einmal gesättigt und darf auch hinterfragt werden. Nichtsdestotrotz sind junge, dynamische Unternehmen relevanter als je zuvor und dort, wo sich für die einen eine Tür schließt, öffnet sich eine neue Tür für andere:
Spezialisierte Start-ups aus der Wissenschaft, die durch ihr langjährig entwickeltes Know-how zwar eine lange Time-to-Market haben, aber aufgrund eigener Tragweite und dank der Arbeit verschiedener Institutionen – Regierungen, Universitäten und Gründungsnetzwerke – ein neues Momentum erfahren, können nun ihre Innovationen in die Anwendung bringen und so weitreichend Herausforderungen der aktuellen Zeit lösen.
Disruptive Technologien für Industrie, Klima und Gesellschaft
Die entwickelten Technologien sind disruptiver Art und können nicht nur alte Produktionsprozesse und -verfahren verbessern, sondern auch gänzlich neue Lösungswege in allen Industrien aufzeigen. Man spricht in diesem Zusammenhang von Deep-Tech oder auch Frontier Tech. Deep-Tech Start-ups basieren auf hochtechnologischem Wissen und haben eine differenzierte Spezialisierung, wie z.B. im Bereich der Quantentechnologien, Materialwissenschaften, Photonik oder Energie-, Umwelt- und Industrietechnik. Da sie auf jahrelanger Forschung aufbauen, handelt es sich meist um Hochschulausgründungen oder Spin-offs von Branchenkennern aus der Privatwirtschaft. Impulsgeber für Hochschulausgründungen sind häufig Wissenschaftler, die selbst den Schritt ins Unternehmertum wagen, da sie in den Ergebnissen der Forschung Problemlösungspotenzial zur Überwindung konkreter Herausforderungen in Industrie, Klima oder Gesellschaft sehen.
Das heutige Unternehmertum entwickelt zur Zeit eine neue Dynamik, für die es in Deutschland, insbesondere Nordrhein-Westfalen, beste Voraussetzungen gibt. Nordrhein-Westfalen als Nährboden für Deep-Tech Ausgründungen bietet eine große Vielfalt an (technischen) Hochschulen, die ein facettenreiches Angebot rund um das Thema Entrepreneurship bieten. Diese universitäre Vielfalt wird durch eine hohe Anzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen in Kombination mit einer starken Industrie ergänzt und macht Nordrhein-Westfalen zu einem möglichen Katalysator für das Wachstum einer Deep-Tech Ökonomie und den Aufbau eines international wettbewerbsfähigen Marktes im Bereich der Schlüsseltechnologien.
Diese sind in Zeiten des Umbruchs zukunftsweisend. Dass wir gerade massiven Umbrüchen entgegensehen – nicht nur in der Marktwirtschaft, sondern auch in der Umwelt, vor allem auch klimatisch – kann nicht geleugnet werden. Jetzt ist der Zeitpunkt für ein Handeln gekommen, denn die Veränderungen auf unserer Welt schlagen große Wellen und werfen bislang genutzte Standards in Landwirtschaft, Medizin und Technik über den Haufen. Der Bedarf nach neuen Technologien war nie höher als zum jetzigen Zeitpunkt und obwohl viele Forschende inzwischen aus ihren Ideen Start-ups gründen wollen, gibt es besondere Herausforderungen, die viele Fast-Gründer zögern lässt und daher nachhaltig gelöst werden müssen.
Hürden für Deep-Techs
Nach drei erfolgreichen Batches mit Start-ups von Agrar-, über Batterie- bis Quantentechnologien und vielen Gesprächen mit Gründern und Investoren sowie über 25 Jahren Erfahrung im Bereich des Forschungstransfers, sehen wir wiederkehrende Muster für den Erfolg und auch Stolpersteine für frühphasige Start-ups. Da Start-ups aus High-Tech und Deep-Tech Domänen auf jahrelanger Forschung und komplexen Testdurchläufen basieren, besteht ein spezieller, sehr hoher Kapitalbedarf. Die Wege zu Kapital oder zur bloßen Infrastruktur der Kapitalbeschaffung sind schwierig zu erreichen und für jedes Start-up, das diese Hürde nicht nehmen kann, das Todesurteil.
Hier hat sich in den letzten Jahren mit steigender Relevanz junger Start-ups für unseren Wirtschaftsstandort sehr viel bewegt; gerade Start-ups im universitären Bereich können von Programmen wie EXIST - Existenzgründungen aus der Wissenschaft profitieren oder auf eine breite Start-up-Förderung durch beispielsweise die Exzellenz-Start-up-Center zurückgreifen.
Jedoch unterscheiden sich Kapitalausstattungs- und Finanzierungsstrategien von reinen Digital-Start-ups zu solchen mit einer Hardware-Komponente oder einem direkten Hardware-Bezug maßgeblich. Kann im Digitalbereich das sogenannte MVP (Minimal Viable Product) oft gebootstrapped, d.h. durch eigene Leistungen finanziert werden, und mit kleinen bis mittleren Finanzierungen das ganze Start-up extrem beschleunigt und teilweise in die Profitabilität gebracht werden, so verschlingt bspw. der Bau eines Demonstrators für einen Ionenfallen-Quantencomputer schnell mehrere Millionen Euro mit hohen technologischen und marktseitigen Risiken. Gleiches gilt für neue Chip-Technologien, Batterien, Solarzellen oder auch Fusionstechnologien…
Diese Kapitalintensität in einer sehr frühen Unternehmensphase zeigt eine direkte Systemgrenze für viele bahnbrechende Technologien und deren Erfinderinnen auf. Und daher ist es für die Gründer von hochtechnologischen Start-ups sehr wichtig, sich so früh wie möglich dieser Herausforderung zu stellen und der hohen Kapitalintensität des eigenen Projekts offen gegenüberzustehen. Oft stellt bereits der Gedanke an unzureichende Kapitalausstattung des eigenen Start-ups eine Blockade sowohl für die Technologie als auch die Gründer selbst dar.
Ja, wir machen Deep-Tech – Am besten B2B-SaaS?!
Die Universitäten sind zwar der Ursprung des notwendigen Wissens, jedoch noch weit von Markt und Praxis entfernt. VCs und Investoren befinden sich wiederum weit weg von den technologischen Potenzialen und vertrauen (zu recht) auf bewährte Methoden oder auf informelle Netzwerke, die auch hier und dort mal ein Hochtechnologie Start-up hervorbringen – bevorzugt aber B2B, am besten als SaaS.
An der Lobpreisung von B2B-SaaS-Start-ups ist zwar aus einer Investorenperspektive nichts auszusetzen, für kapitalintensive Projekte (Heavy Asset) ist das aber nur bedingt hilfreich. Denn ein möglicher Vergleich ist nur schwer zu treffen, da die Erfolgsfaktoren in der frühen Phase sehr unterschiedlich ausfallen können. Ein solches Vorgehen kann daher ganz unbewusst zu einer Identitätskrise von Deep-Tech Gründerinnen führen.
Warum Äpfel mit Birnen vergleichen?
Viel hilfreicher ist hier der Austausch mit Gleichgesinnten, die nicht nur das „bewährte Start-up-Game“ verstanden oder womöglich eine jahrelange Expertise in Industrie- und High-Tech Branchen aufgebaut haben. Sie verfügen durchaus über das Wissen, wie man z.B. eine autonome Produktion baut, Solarparks großflächig ausstattet, im einstelligen Nanometerbereich Halbleiter produziert oder auch staatliche Verträge und Förderungen verhandelt bzw. beantragt.
Sollte trotz der Hürden Zugang zu erstem Kapital gegeben sein, stehen Start-ups bereits vor dem nächsten Gegner: dem Proof of Concept, also die technologische und kommerzielle Bestätigung des Konzepts. Um ein Produkt oder eine Technologie dem Endkunden verfügbar machen zu können, muss dieses auf Herz und Nieren geprüft werden ohne die Offenheit gegenüber Kundenwünschen zu verlieren – ein Zielkonflikt. Auch hier ist der Austausch zwischen etablierten, erfahrenen Unternehmern mehr wert als Geld und kann darüber hinaus sogar einen echten Differentiator für viele Start-ups darstellen, wenn nicht nur die Technologie vielversprechend ist, sondern das Geschäftsmodell früh verstanden und auf die jeweilige Zielgruppe angepasst wird.
Netzwerk. Netzwerk. Netzwerk.
Der MVP gemeinsam mit dem Kunden ist ein Spagat und die wahre Kunst im Early-stage Deep-Tech Segment. Sind Wissenschaftler und junge Gründer ganz oft Experten in ihrer theoretischen Domäne, decken sich die Theorien und die wahren Marktbedarfe der Industrie und der „Deep-Tech“ Kundenseite nur selten. Je früher man also relevantes Feedback in sein Projekt integrieren kann, desto geringer fallen theoretische Kapitalbedarf und Risiko aus. Gleichzeitig wird die Wahrscheinlichkeit einer Finanzierung erhöht und das Interesse von Investoren wächst. Ein durchaus schlüssiger Sachverhalt, oder?
Kombiniert man nun den Austausch mit Gleichgesinnten und Branchenexperten mit dem Wissen über Milestone-getriebene und gestaffelte Finanzierungsstrategien aus verschiedenen Investorenperspektiven (Business Angels, Industrie, VCs, Family Offices, staatliche Gelder) gelangt man auch frühphasig auf den Pfad zu einem messerscharfen Unternehmensprofil und somit auch zu einer eigenen Identität. Der Austausch zwischen etablierten Industrie- und Branchenexperten und jungen Unternehmerinnen ist dabei unserer 25-jährigen Erfahrung nach im Bereich des Forschungstransfers einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für Technologie-Start-ups. Dennoch wird er häufig unterschätzt. Team, Markt und Technologie sind fast schon Hygienefaktoren – es zählen Netzwerk. Netzwerk. Netzwerk.
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Eine neue Ära des Unternehmertums
„Deep-Tech“ ist für uns dabei mehr als nur ein Start-up-Trend oder die Zusammenfassung einzelner Technologiebereiche. Es ist eine neue Ära des Unternehmertums basierend auf jahrelanger Forschung – mit Einfluss auf die kommenden Jahrzehnte. Ein informeller Generationsvertrag zwischen etablierten Hidden Champions und Experten sowie erfolgshungrigen und sinnstiftenden Wissenschaftlern, die nachhaltige, im Sinne von beständig und erfolgreich, Unternehmen aufbauen wollen und mit ihren Geschäftsmodellen weitereichende globale oder auch ganz einfache Probleme bei den ansässigen KMUs lösen wollen.
Deep-Tech kann bedenkenlos als Mittelstand der Zukunft verstanden werden und daher gilt es den Push-Effekt durch Transfer-Offices an den Universitäten weiter zu fördern und gründungshungrige, wissensbasierte Talente auszubilden und gleichzeitig einen Pull-Effekt im Raum etablierter Unternehmen zu forcieren, um Appetit auf neue Technologien, strategische Investments und neue Partnerschaften zu wecken. Ein wichtiges Bindeglied hierfür sind Acceleratoren, die sowohl akademische Netzwerke als auch industrienahe Experten und Finanzierungsprofis miteinander verbinden und den Austausch gezielt fördern. HIGH-TECH.NRW positioniert sich als ein solches Bindeglied für den High-Tech Standort NRW mit der Spezialisierung auf oft hardware-getriebene Geschäftsmodelle im Bereich der High-Tech und Deep-Tech Start-ups.
Vorteile des Accelerators für Deep-Tech Gründungen
HIGH-TECH.NRW ist als Venture Accelerator und Coaching Plattform vom Wirtschaftsministerium des Landes NRW beauftragt, Deep-Tech Start-ups passgenau zu Investoren und Industrie zu vernetzen und die Weichen für nachhaltigen und gemeinsamen Erfolg zu stellen.
Zweimal pro Jahr findet ein 3-monatiges Acceleratorprogramm statt, bei dem 10 ausgewählte Gründungsvorhaben aus Hochtechnologiebereichen mit führenden Unternehmern und Investoren vernetzt werden und bei dem im Rahmen eines praxisnahen Programms maßgeschneiderte Inhalte zu Gründungen in Technologie-basierten Sphären vermittelt werden.
Das dreiköpfige Kernteam von HIGH-TECH.NRW bringt eine große Expertise aus Wirtschaft, Gründung, Wissenschaft und Technologiemarketing mit und arbeitet stetig an der „Deep-Tech Familie“ in Nordrhein-Westfalen. Familie wird an dieser Stelle tatsächlich groß geschrieben und bildet das sprichwörtliche Herz des Programms: HIGH-TECH.NRW arbeitet an der Entstehung eines vertrauten Netzwerks aus Gründern, Hochschulen, VCs, MKUs und Mentoren wie Partnern aus sämtlichen Industriebereichen, mit dem Fokus auf technologie-orientierte Nachwuchsunternehmer unserer Zeit.
Das Acceleratorprogramm verschafft Gründern durch individuell zugeschnittenes Coaching und Mentoring und ausgewählten Expertenworkshops zu Themen wie Finanzierung, Intellectual Property und Pitch Deck oder Teambuilding uvm. die Möglichkeit, die eigene aktuelle Position nicht nur zu erkennen, sondern auch zu verstehen und so den idealen Weg zur Ausgründung zu finden. Durch dieses vermittelte Wissen wird den Start-ups das Werkzeug an die Hand gegeben, ihre Idee erfolgreich in die Tat umzusetzen.
Durch enge Zusammenarbeit mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft, wird der Zugang zu Industrie, Kapital und Fördermitteln deutlich vereinfacht. HIGH-TECH.NRW möchte den Weg für frühphasige Start-ups ebnen, damit diese sich voll entfalten können, ohne gängigen Stolperfallen ausgeliefert zu sein. Durch Veranstaltungen wie das Kick-off Event zu Beginn eines jeden Batches oder den Demo Day werden auch Live-Interaktionen gefördert und den Prototypen und deren Erfindern eine Bühne vor Industrie, Investoren und Politik bereitet.
Call for Applications Batch 3
Noch bis zum 16.08.2023 können sich Start-ups aus den untengenannten Technologiebereichen bewerben. Bewerbt Euch jetzt und werdet Teil der Deep-Tech Familie. Ab September startet dann die 12-wöchige Acceleration.
Dein Projekt passt, wenn:
Unsere wichtigsten Partner #cradleofdeeptech:
Ruhr-Universität Bochum Technische Universität Dortmund RWTH Aachen University FH Aachen University of Applied Sciences Bergische Universität Wuppertal Universität zu Köln Universität Siegen Universität Duisburg-Essen Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Westfälische Wilhelms-Universität Münster Deutsches Zentrum für Luft-und Raumfahrt e.V. more to come ...
Zusammengefasst: Warum sollten Gründerinnen sich bis zum 16.08.2023 bewerben?
Sie haben jemanden in Ihrem Bekanntenkreis, der für das Programm geeignet sein könnte? Hier kann das Venture Profil für die Bewerbung ausgefüllt werden. Für Fragen steht das gesamte Team gerne zur Verfügung. Über Calendly können gern persönliche Q&A-Termine gebucht werden.
Lassen Sie uns gemeinsam Netzwerkeffekte schaffen!
Für die Tech Start-ups von heute bzw. den Mittelstand von morgen.
On a mission to design next generation AI hardware - made in Germany | Co-Founder & CFO at GEMESYS | Ex Porsche (MHP) | Graduate from University of Groningen & Newcastle University (M. Sc.)
1 JahrAls Gründer in der Deep-Tech Branche kann ich mit Sicherheit sagen: Deep-Tech ist mehr als nur ein Trend, es ist eine wegweisende Ära des Unternehmertums! Die Verschmelzung von bahnbrechender Forschung und innovativen Ideen wird die kommenden Jahrzehnte maßgeblich prägen. 💡 In diesem Zusammenhang möchte ich besonders den HIGH-TECH.NRW Accelerator hervorheben, an dem wir teilgenommen haben. Die Unterstützung, das Netzwerk und die Mentoren haben uns geholfen, unsere Ideen zu validieren und unser Wachstum zu beschleunigen. Es war eine großartige Erfahrung, die ich uneingeschränkt empfehlen kann! 👏
Wer jetzt erst recht bei Batch 3 mitmachen will, kann hier sein Venture Profil eintragen 👉www.high-tech.nrw/startups/apply Wir freuen uns 😎