Weil dir deine Kinder (nicht) wichtig sind...

Weil dir deine Kinder (nicht) wichtig sind...

Was ist wichtiger: Familie oder Beruf? Die Familie natürlich. Das würden wohl die allermeisten auf diese Frage antworten. Aber schaut man genauer hin, handeln die wenigsten so.

Wahrscheinlich denkst du, jetzt folgt ein Manifest für die Familie und, dass die Familie doch das Wichtigste ist und man weniger arbeiten sollte. Nein, es geht darum hinzuschauen, ob man sein Leben so gestaltet, dass man auf dem Sterbebett glücklich und stolz sein kann. Es geht darum, zu verhindern, dass man am Ende seiner Tage bereut, seine Zeit nicht zielgerichteter verwendet zu haben.

Mehr Zeit und ein Leben in Einklang

Ich habe eine anonyme Umfrage unter Gründern, Geschäftsführern, Selbständigen und Führungskräften mit Familie gemacht und sie nach ihrer größten Herausforderung befragt.

83% haben gesagt, dass es sehr schwierig ist, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Es fehlt an ausreichend Zeit, die man mit voller Aufmerksamkeit mit den Kindern und der Partnerin verbringen kann.

So hat ein Teilnehmer gesagt, die größte Herausforderung sei "ein ausgewogenes Zeitverhältnis für den Job, um voranzukommen und der Zeit für die Familie, um ein guter Vater zu sein. Wie schaffe ich es, bei der Zeit mit meinen Kindern den Job mehr abzuschalten und wirklich für die Kleinen mit meiner ganzen Aufmerksamkeit da zu sein?"

Ein anderer Umfrageteilnehmer hat treffend beschrieben: "Manchmal habe ich das Gefühl, ich gehe in der operativen Arbeit unter und mache viel zu viel Detailarbeit. Mir fehlt es an der richtigen Priorisierung und letztlich daher auch an der Zeit, alles so gut zu machen, wie ich will. Nicht selten bekomme ich Vorwürfe meiner Frau, dass ich zu wenig an die Familie denke."

Als Hauptgründe werden neben der fehlenden oder falschen Priorisierung und Alltagsstruktur auch ständige Aufmerksamkeitsunterbrechungen durch Mails, neue Entwicklungen oder Mitarbeiter angegeben.

Selbstverständlich kann man nicht gleichzeitig und konzentriert an zwei Orten sein. Als Unternehmer und Familienvater hat man aber genau diese beiden Rollen: Vater & Unternehmer (gleiches gilt natürlich genauso für Mütter & Unternehmerinnen).

Das Tagesgeschäft eines Unternehmers oder Geschäftsführers nimmt mit seinen wechselnden Anforderungen und Herausforderungen eine große Rolle ein. Diese sind meist dringend und oft (zumindest gefühlt) wichtig. Gefühlt ist das Tempo im Berufsleben viel höher, auf aktuelle Entwicklungen sollte schnell reagiert werden und Entscheidungen müssen schnell getroffen werden.

Dazu kommt der Glaube, dass die Kinder ja nicht an einem Tag groß werden. Sprich: um die Kinder kann ich mich ja morgen noch kümmern.

Gleiches gilt für die eigene Gesundheit, Hobbies oder die Partnerin. Alles Bereiche, um die man sich auch noch in der Zukunft intensiver kümmern kann.

Wenn es nur so einfach wäre...

Die Kosten

Was sind die Kosten, wenn man sich permanent vom beruflichen Tagesgeschäft treiben lässt?

Die Gefahr ist hoch, dass die Kinder oder die Partnerin immer wieder "den Kürzeren" ziehen! Die vielen wechselnden Aufgaben, Projekte und Termine im Berufsleben sorgen dafür, dass man den richtigen Zeitpunkt verpasst hat.

Man verpasst für seine Gesundheit "vorzusorgen" oder seine Beziehung zur Partnerin zu stärken. Gravierend ist aber vor allem, wenn man die Kindheit seiner Kinder verpasst. Denn das geht oftmals mit einer weniger tiefen Bindung einher, für die in der Kindheit der Grundstein gelegt wird. Eine tiefe emotionale Bindung zu seinen Kindern (und übrigens auch zu sich und seiner Partnerin) braucht Zeit, Achtsamkeit und Liebe.

In meiner Umfrage hat ein Teilnehmer dazu geschrieben: "Ich sehe das bei meinen Kindern. Wenn ich nicht dabei sein könnte, wenn ihnen etwas wichtig ist. Dann würde ich auch selbst immer unwichtiger, weil sie eben merken, das für mich andere Dinge wichtiger sind als sie."

Wake Up Call!

Ich glaube jedem, der diesen Artikel liest, ist das alles bewusst und ich schreibe nichts Neues. Das Problem aber ist, dass wir keinen Druck verspüren etwas zu verändern. Es ist unheimlich schwierig heute etwas zu unternehmen und zu verändern, wofür man die Früchte (wie ein erfülltes Leben, tiefe Beziehungen, Harmonie) vielleicht erst in der Zukunft erntet.

Wir haben das Gefühl ausreichend Zeit zu haben für die Dinge, die uns auch wichtig sind. Aber dadurch belügt man sich nur selbst. Man wird immer dem nachgeben, das den meisten Druck ausübt.

Die meisten Menschen ändern sich nur, wenn ein dramatisches Ereignis in ihr Leben tritt. Sei es durch Krankheit, eine kaputte Beziehung, Arbeitslosigkeit oder der Tod eines geliebten Menschen.

Ganz ehrlich: bei mir war es nicht anders: Mein Körper leidet seit 2001 (damals war ich achtzehn) unter seltenen chronischen Krankheiten. Drei Wochen nach der Geburt meines ersten Kindes bin ich an Hodenkrebs erkrankt.

Ich habe also schon genug Zeit in Krankenhäusern verbracht und hatte genug Gelegenheit mich zu fragen, wie ich mein Leben leben will. Ich hatte also meinen persönlichen Wake-Up Call, der mich wach gerüttelt hat.

Was ist mit dir? Willst du auch darauf warten? Besser nicht, weil oft kommt der Wake-Up Call zu spät.

Übung:

Stell dir vor, du bekommst auf einmal stechende Schmerzen im Bauch und musst ins Krankenhaus. Dort zeigt sich, die Situation ist ernster als gedacht. Es ist nicht klar, ob du wieder vollständig gesund wirst oder aber, ob du nur noch wenige Jahre zu leben hast.

Stell dir vor, du liegst abends im Krankenhausbett. Ganz allein. Jetzt frage dich, wenn du nochmal die Möglichkeit hättest, die vergangenen Jahre neu zu leben, was würdest du anders machen? Und was würdest du in Zukunft verändern wollen?

Überlege es dir in Bezug auf deinen Körper, deine Beziehungen (Partnerin, Kinder, Freunde) und deinen Beruf.

Oftmals beginnt man erst in lebensverändernden Situationen zu reflektieren und sich zu fragen, ob man allen seinen Lebensbereichen die gleiche Bedeutung und Aufmerksamkeit geschenkt hat.

Ich rate dir, warte nicht auf deinen Wake Up Call. Fang heute an, jeden deiner Lebensbereiche gleichwertig zu betrachten.

Gerne helfe ich dir dabei.

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Zackes Brustik

Hunderte nachhaltige Erfolgsgeschichten für die Zukunft der Wirtschaft. 💎 Keynote Speaker, Podcast Host & Moderator, der Wissen, Taktiken und unternehmerische Strategien erfolgreicher Sustainability Pioniere beleuchtet.

3 Jahre

Das ist definitiv eine Herausforderung, die ich habe: Nach Feierabend konsequent das Smartphone wegzulegen und entspannt mit meinem Sohn zu spielen. Wenn ich mir das nicht explizit vornehme, rutscht immer wieder die Arbeit in die Familienzeit. Ziele setzen hilft da enorm.

Swen Heidenreich

🔸 Authentic Life & Leadership CoachⒸ Diplom-Psychologe | Systemischer Coach & Unternehmensberater (DBVC) | Führungskräfte-Entwicklung | HBR Advisory Council Member 🔸

4 Jahre

Schön geschrieben, lieber Jörg. so wahr. So wichtig, diese Reflexion.

Jörg Kundrath

Familienmensch | Gründer MINDSET MOVERS | Experte für Vereinbarkeit von Beruf & Familie | Entwicklungsprogramme für Führungskräfte & Unternehmer

4 Jahre

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Violetta Eichner

Senior Manager @ EY | Technology Consulting | S/4HANA Transformation | Finance Transformation

5 Jahre

Hallo Herr Kundrath, nachdem ich Ihren Artikel gelesen habe, stelle ich mir die folgende Frage: Haben Sie ihre Umfrage und auch den Artikel bewusst nur an Väter adressiert oder gehen Sie davon aus dass den beschriebenen Konflikte die richtige Balance zwischen Beruf und Familie zu finden nur Väter haben?! Sie sprechen konsequent immer nur von Unternehmern, Geschäftsführern und Vätern? Als gäbe es nicht auch berufstätige Mütter, die mit den gleichen Konflikten umgehen müssen.

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