Welche Innovationen wir wirklich brauchen
Lukas Madl

Welche Innovationen wir wirklich brauchen

Wir leben in einer Zeit hoher ökonomischer Unsicherheiten. Neue Märkte entwickeln sich rasant und andere kollabieren, Unternehmen entstehen und verschwinden und täglich kommen neue Technologien auf den Markt. Kontinuierliche Innovation gilt als das „Zauberwort“, damit Unternehmen und Volkswirtschaften in diesem harten und globalen Wettbewerb bestehen können. Für viele Länder gilt es als definitives Ziel von der Rolle des „innovation follower“ in die Reihe der „innovation leader“ vorzustoßen. Die Politik und Industrie erwartet sich davon ein zukunftsfähiges  Wirtschaftssystem.

Diese Dynamik hat aber gleichzeitig unerwünschte Nebenwirkungen. Immer mehr Innovation, immer neue Produkte, immer kürzere Lebenszyklen bedeuten auch immer mehr Ressourcenausbeutung, immer noch mehr Abgase und auch noch mehr Mist. Jährlich werden Massen wertvoller Ressourcen der Erde entnommen, mit hohem (Energie) Aufwand in Produkte umgewandelt – nur um dann bald wieder weggeschmissen zu werden. Von all den Produkten, die hergestellt und verkauft werden, sind heute weniger als 1% nach 6 Monaten noch in Verwendung (aus: Design is the problem, Nathan Schedroff, 2009). Alles andere ist Abfall.  Das ist eine dramatisch, hässliche Seite der Innovation.

Und dazu kommen Folgewirkungen auf die Gesellschaft. Wie wirkt es sich aus, wenn immer mehr Dinge des Lebens, immer schneller ihren Wert verlieren? Sind wir mit einer Einstellung, ständig etwas Neues haben zu müssen wirklich zufriedener, freier und glücklicher?

Ja, Innovationen sind wichtig für eine robuste Wirtschaft. Und es entspricht auch dem inneren Antrieb vom Menschen immer wieder etwas Neues zu erfinden und zu gestalten. Die Frage ist aber, was und wie erfinden.

Das klassische, zweistufe Innovationskonzept greift zu kurz, nämlich:

Stufe 1: Erfindungen werden gemacht, Techniken entwickelt (technology push). Das Unterscheidungskriterium ist: funktioniert die Technik?

Stufe 2: neue Technologien werden auf den Markt gebracht und – wenn es gut geht - von den Kunden angenommen (market pull). Das Unterscheidungskriterium ist: ist der Profit gut?

Diese beiden Ebenen (Entscheidungskriterien) reichen aber nicht aus, um beurteilen zu können, ob eine Innovation wirklich dem Menschen dient und die Natur schont. Ob es einen Markt für ein Produkt gibt, ist kein ausreichendes Kriterium. Etwa sind die Märkte für süchtig machende Produkte (sein es Drogen, Porno oder Computerspiele) riesig. Die Sucht wirkt sich aber verheerend für den Menschen und die Gesellschaft insgesamt aus.

Stufe 3: Wir brauchen daher eine dritte Dimension im Innovationsprozess.

Nämlich den Blick darauf, welche Produkte dem Menschen in seiner Vielschichtigkeit – biologisch, psychologisch, geistig, kulturell, spirituell – wirklich gut tun.

Das Unterscheidungskriterium in der dritten Dimension ist also:  ist die Innovation wirklich gut für den Menschen (und schonend für die Natur)? Fördert sie ihn, macht sie ihn freier, gesünder auf allen seinen Ebenen? Führt die Innovation tatsächlich zu einer besseren Welt (ist sie also im eigentlichen Sinn ein Fortschritt)? Das ist – aus meiner Sicht – die große und spannende Herausforderung für Unternehmer, Gründer und Innovatoren. Also solche „Güter“ zu erfinden und entwickeln, die wirklich gut sind und „Dienstleistungen“, die wirklich dienen.

Wir brauchen Innovationen, die einerseits für das jeweilige Unternehmen profitabel sind, die sich aber gleichzeitig wertvoll auf den Menschen und die Natur auswirken. Um ein solches hochgestecktes Ziel erreichen zu können, brauchen wir alle Kreativität, technisches Können und unternehmerischen Geist, die wir aufbringen können.

Aber verbunden mit einem tiefen Blick der Weisheit, was der Mensch wirklich braucht.


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