„Wenn Du mit jemandem arbeitest, dann arbeitest Du immer mit der ganzen Person.“
Jakob Reichardt, Sportwissenschaftler, Trainer und Körpertherapeut über Bewegung, Wahrnehmung, Technikentwicklung, Vertrauen und darüber, warum es so wichtig ist, in jedem Fall immer wieder neu ganz genau hinzuschauen.
Jeder Sport hat seine Rituale, seine Kultur, seinen Sound, seine Vibes. Und nur wenige verstehen dies so gut zu transportieren wie die Jungs vom Boxwerk. Boxen ist Körperarbeit, Intensität, Fokus - auch jede Menge Spaß und dabei verdammt cool - dieses Gefühl ergreift von fast jedem Besitz, der im Schwabinger Hinterhof in die Kellerräume des Boxwerks hinabsteigt.
Die U12-Jungs des HLC Rot-Weiß München kannten den Ort und seinen Flair zu einem guten Teil schon von ihren Hockeycamps als sie im Herbst letzten Jahres zur ersten Team“entwicklungs“runde in den Ring stiegen. Noch nicht kannten sie ihren neuen Trainer Jakob Reichardt, mit dem sie in den folgenden Monaten ein paar prägende Einheiten absolvieren sollten.
Jakob gewann die Jungs auf der Stelle. Energetisch, durchtrainiert, mit einem mitnehmenden Lachen im Gesicht und ein paar lockeren Sprüchen zur Hand, ging es gleich mit einem interaktiven Warm-Up zur Sache. Den eigenen Körper und die anderen Jungs und ihre Energie im Raum wahrzunehmen und auf sie zu reagieren, das war der rote Faden der Einheiten. Jakob vermag es sofort, einen Draht zu den Jungs zu bekommen und ihnen knapp und präzise die Essentials zu vermitteln. Dass hinter seinen Inhalten aber mehr steckt, als die Grundlagen dafür zu vermitteln, einen Anderen auf etwa 6x6 Metern handwerklich korrekt zu vermöbeln, das merkt man direkt, wenn der tätowierte und nickelbebrillte Sportwissenschaftler und Körpertherapeut, der sich seine ersten akademischen Sporen in der Anglistik und Sinologie verdiente, beginnt zu erzählen, was er da warum mit den Jungs macht.
Mehr als ein Grund nach den Sessions mit den Kindern nochmal genauer bei Jakob nachzufragen. In einem zünftgen bayrischen Wirtshaus entsprang ein anregendes mäandern suchendes Gespräch über Kampfsport, Körperkultur, Raumwahrnehmung, Technikschulen, Talententwicklung, das Spannungsfeld zwischen Taktik, Wahrnehmung und Vertrauen, die Grenzen der Trainingwissenschaften, die Verantwortung des Trainers und – immer wieder – die Wichtigkeit, in jedem Einzelfall ganz genau und ganz neu hinzuschauen.
P4HO:
Jakob, ich freue mich sehr, dass wir uns hier heute mal intensiver austauschen können. In kurzen Gesprächen rund um unsere bisherigen gemeinsamen Trainings hatten wir ja schon einige spannende Themen kurz anreißen können und ich bin bereits wahnsinnig neugierig, wohin uns unser Austausch heute führen wird. Wir haben schon ein wenig über, ganz platt gesagt, Intellektualität und Körperkultur gesprochen. Dabei kam mir immer wieder Luc Wacquant in den Sinn. Ein französischer Soziologe, der mit „Leben für den Ring“ ein faszinierendes Sportbuch geschrieben hat. Der Bourdieu-Schüler Wacquant war im Rahmen einer Feldforschung in Chicago zum ersten Mal überhaupt mit dem Boxen in Verbindung gekommen. Er begann im Boxclub zu trainieren, um sich in das von ihm untersuchte Milieu einfühlen zu können und er etablierte sich relativ bald als erfolgreicher Boxer, der sogar ernsthaft überlegte, seine aussichtsreiche akademische Laufbahn aufzugeben und gegen die Boxhandschuhe einzutauschen.
Was macht Deines Erachtens ganz allgemein die Faszination der Sport- und Körperwelten aus, der so viele Menschen „verfallen“ und, auch mal ganz praktisch aus der Trainerperspektive gefragt, was glaubst Du, kann man beziehungsweise wie kann man zielgerichtet eine Körperkultur auch bei Kindern und Jugendlichen in einem Team, mehr noch in einer Institution wie dem Boxwerk oder einem Hockeyclub implementieren?
Jakob Reichardt:
(lacht) Puh, das ist natürlich eine große Frage. Ob ich das alles beantworten kann? Ich versuche mal beim Individuum anzufangen. Wo bezieht jeder Einzelne seine Kraft her? Welche Ressourcen hat er? Das sind bei jedem immer körperliche und emotionale Ressourcen in ganz unterschiedlichen Kombinationen. Der eine geht körperlich mehr aus sich heraus und ist in seinen Bewegungen sehr intuitiv und oft sehr kraftvoll. Der andere ist introvertierter, oft auch verkopfter und ist in seinen Bewegungen zurückgenommener. Die Verkopftheit ist für den Sportler auch eine starke Ressource. Er analysiert: Wie bewegt sich der Gegner? Was macht er? Wie reagiere ich darauf am wirksamsten? Vielleicht bekommt der Introvertierte durch den Sport dann auch einen anderen Bezug sich selber. Übertrage ich das jetzt auf eine Spielsportart wie Hockey, dann muss ich mich dort als einzelner Spieler fragen, wie ich mich am Besten positionieren kann. Ich muss mich einstellen auf die Qualitäten des Gegners und natürlich auch auf die des eigenen Teams. Wie positioniere ich mich also als Spieler im Raum? Was bringt mir und meiner Mannschaft den größten Nutzen? Das ist eine sehr individuelle Arbeit, jedes Einzelnen aber auch für uns Trainer mit jedem Einzelnen. Wo liegen die jeweiligen Stärken und Schwächen? Wie kann ich die jeweiligen Stärken weiter ausbauen?
Zum Beispiel die Techniken. Sportartspezifische Bewegungen haben immer einen Grund. Das sind die tradiert erfolgreichsten und daher immer wieder kopierten Bewegungen im Wettkampfsetting. Und oft entbehren die auch jeder biomechanischen Sinnhaftigkeit. Das können wir aber auch öffnen. Lass uns die Box mal aufmachen und gemeinsam mit den Athleten ein Feld entdecken, von dem wir noch gar nichts wussten. Lass Deinen Athleten doch mal gegen einen Boxsack hauen. Vielleicht findet er Gefallen daran, bekommt ein anderes Gefühl für seine Körperlichkeit und vielleicht bringt er auch einen eigenen Twist in die Bewegung. Um ein bißchen zurück zu Deiner Ausgangsfrage zu kommen: Gibt es einen Masterplan für die Entwicklung von Athleten? Bezüglich der grundlegenden physischen Ausbildung von Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit können wir auf entsprechende Trainingspläne zurückgreifen. Für Koordination und Wahrnehmung ebenfalls. Aber gerade an der Schnittstelle zwischen dem geistig-perzeptuellen und körperlichen wird es spannend und in unserer Arbeit mit Athleten sehr individuell.
P4HO:
Da will ich jetzt erstmal bei einigen Punkten nachhaken. Jede Sportart hat ja ihre eigenen athletischen Anforderungen und Bewegungsmuster. Das gilt ja schon allein für so grundlegende Bewegungsformen wie das Sprinten. Das ist beim Tennis oder Basketball nochmal ganz anders als beim Hockey oder Fußball in Bezug auf die Länge der Strecken, den Untergrund, die Häufigkeit und Intensität der Richtungswechsel, die Anschlussbewegungen, die Verbindung mit kognitiven Herausforderungen etc. Wäre es da aus Deiner Sicht schlau zu sagen: Wir trainieren mehr oder weniger standardisiert die Kernelemente und ergänzen dazu die jeweils benötigten Ableitungen aus der Sportart heraus oder hälst Du es für wirksamer, das komplexer aufzubauen, Alles zu trainieren, immer wieder neue Impulse zu geben und dann neue Wege zu entdecken, Rollen zu finden und sich darin individuell auszuprobieren. Diese Erfahrung haben unsere U12 Jungs jetzt ja gerade im Boxwerk gemacht und das hat nochmal eine neue Dynamik in das Team gebracht, weil einzelne Jungs sich auf dem anderen Feld jetzt anders selbst erlebt haben und von den Anderen auch anders wahrgenommen und bewertet worden sind. Gerade Spieler, die sonst keine so tragende Rolle hatten, wurden als besonders schlau, besonders geschickt, besonders stark oder besonders reaktionsschnell wahrgenommen und agieren jetzt auch entsprechend anders auf dem Hockeyplatz.
Jakob:
Für die Stimmung in der Gruppe sind solche Ausflüge in andere sportliche Sphären sicher immer sinnvoll. Sportler haben ja grundsätzlich Spaß an Bewegung. Und wenn man leistungsorientiert arbeitet, dann bricht neuer Input auch individuelle Stagnationen gut auf.
Zum Athletiktraining: Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass es gewisse Grundlagen gibt, die universell sind und die sinnvollerweise ausgebildet werden sollten, im Kraftbereich, im Schnelligkeitsbereich, in der Koordination, im Ausdauerbereich. Egal, ob Du Tennisspieler, Turmspringer oder Sprinter bist, wenn ich Dich die 800 Meter laufen lasse und Du bist danach bei einem einigermaßen stringenten Tempo komplett aus der Puste oder wenn Du keine 30 Liegestütze sauber und zügig in einem durch schaffst, sorry, dann wirst Du ohne diese athletischen Grundlagen auch in Deiner Disziplin keine nennenswerten Erfolge erzielen können.
Selber habe ich mit Marathonläufern, Boxern, Fußballern und Breitensportlern jeglicher Coleur zusammen gearbeitet. Ich starte mit denen auf einem ganz anderen Level für ihren Sport, wenn ich sehe, dass die Grundlagen ausgebildet sind.
Das zentrale und gleichzeitig in der Regel die größte Baustelle, das ist meine Erfahrung, ist die Koordination, die Perzeption: Wie kann ich mit meinem Körper umgehen? Ganz banal: Stell eine Leiter auf und lass Deinen Athleten neue, unbekannte Schrittfolgen machen. Die Ergebnisse sind dann zum Teil echt erschütternd. Das ist in fast allen Sportarten bei den allermeisten Sportlern eine Riesenbaustelle. Die grundlegende Steuereinheit in unserem Körper ist aber nunmal das neuronale/neuro-muskuläre System. Sich in dieser Hinsicht, auch längerfristig, mehr Handlungsalternativen anzueignen finde ich äußerst wichtig.
P4HO:
Wo machst Du dann im Athletiktraining einen Unterschied, sagen wir mal beispielsweise zwischen einem Boxer und einem Hockeyspieler?
Jakob:
Bei der Konzeption eines Athletiktrainings spielen für mich zunächst die grundlegenden Kraftfähigkeiten eine Rolle. Bei entsprechenden Grundlagen schaue ich mir dann sportartspezifische Bewegungsmuster an und versuche die in ein Trainingsformat zu übertragen. Das ist die Standardprozedur. Arbeite ich nicht gerade mit einem reinen Ausdauersportler, zum Beispiel einem Marathonläufer, sind Explosivität und Schnelligkeit in Verbindung mit einer effizienten Koordination Aspekte, die ich sportartunabhängig trainieren würde. Im weiteren Verlauf kann ich dann über Wahrnehmung und folglich Koordination meinem Athleten Alternativen bezüglich der Ansteuerung und der Intention einer Bewegung näher bringen. Der Boxer etwa schlägt im allgemeinen durch! „Durch-SCHLAGEN“, "durch etwas durch schlagen", das ist das Bild, das vermittelt wird. Was aber passiert, wenn ich die Intention ändere? Setze ich den Impuls „Durch-ZIEHEN“, dann macht die Hand die gleiche Bewegung, aber mit der veränderten Intention spreche ich andere neuro-muskuläre Verbindungen an. Stellt sich eine Verbesserung in der Bewegung oder im Spiel ein, wollen wir den neuen Ablauf ökonomischer machen. Stellt sich keine Verbesserung ein, dann verwerfen wir die Handlungsalternative eben wieder. So arbeite ich dann mit Leuten, die in ihrem Sport bereits relativ etabliert sind.
P4HO:
Aufs Hockey übertragen würdest Du also auch keine festen Technikmuster bei allen Spieler:innen einschleifen wollen?
Jakob:
Fürs Hockey sehe ich das ganz ähnlich. Nehmen wir das Schlagen. Wie ist die Bewegungsindikation von Schlagen? Arbeite ich mit dem Gedanken, dass ich den Schläger ziehen lasse, dass ich drücke, durchschlage, dagegen oder drauf schlage? Mit der Intention einer Bewegung kann man auch hier wahnsinnig gut arbeiten und gerade etablierten Sportlern neue Impulse geben. Das Zusammenspiel mit dem Rest des Körpers verändert sich und passt sich dann entsprechend an. Gerade beim Schlagen arbeitet man ja viel nach vorne. Was passiert aber, wenn ich sage, dass Du beim Ausholen mit Deinem Schläger die Bewegung über den Zug von der kontralateralen Rückenseite initiierst? Gib dem Sportler eine andere Intention und schaue, wie sich die Form der Bewegung und damit die Kraftübertragung auf den Ball verändert.
P4HO:
Das ist ungemein spannend, gab es doch in den letzten Jahren auch im Hockey noch immer wieder Diskussionen darüber, welcher Schlag, welche Bewegung jetzt die „bessere“ sei und mit welchem Bild diese Bewegung am Besten vermittelt werden kann. Viele Trainer vertreten zwar mittlerweile auch die Auffassung, man solle den Spieler:innen möglichst viele Variationen, Bewegungsmuster und Bilder vorstellen, damit diese dann für sich daraus das geeigneteste Muster herausfinden können, doch unterm Strich kann man, um beim Beispiel „Schlagen“ zu bleiben, sagen, dass es langfristig gesehen einen Paradigmenwechsel gegeben hat vom „Schlagen auf den Ball“ zum nicht „ziehen“ aber doch „Schlagen DURCH den Ball“. Das Bild ist, dass der Schläger in Richtung eines Ziels schwingt, auf dessen Weg der Ball liegt. Würdest Du hier jetzt mit Deinem Athleten wieder in die andere Richtung gehen, einfach um zu schauen, was passiert, wenn er seine Intention verändert? Also würdest Du ihm sagen: „Probier doch einfach mal drauf zu hauen“.
Jakob:
Ja! Zuerst würde ich mal schauen, wo Dein Fokus liegt. Wo schaust Du hin? Schaust Du auf den Ball oder schaust Du zum Ziel? Das zweite ist dann das rein Körperliche. Da muss man die Bewegung runterbrechen. Was passiert in der Initiationsphase der Bewegung? Was passiert in der Bewegungsausführung? Was passiert bei wem in welchen Phasen der Bewegung? Spannend ist es ganz besonders bei Sportlern, die sich gerade in ihrem Sport etablieren, wie unseren U12 Jungs: Wie gut und wie schnell können Sie neue Impulse einbauen und verbinden. Für mich als Trainer sind das Erfahrungswerte, die ich immer wieder neu mache. Input A funktioniert vielleicht bei mehreren Athleten sehr gut. Super! Input B nicht so, vielleicht nur bei 2-3 Leuten. Für die wenigen freue ich mich dann, probiere den auch bei anderen aus, bin aber nicht böse, wenn er vielleicht die Mehrzahl meiner Athleten nicht weiterbringt.
P4HO:
Auf den Punkt gebracht bevorzugst Du es also mit den Bewegungsabläufen und den damit verbundenen Bildern ein bißchen zu spielen, und Du gehst viel nach dem Pirzip „trial and error“ vor?
Jakob:
Ja, in Grenzen. In den meisten Sportarten gibt es schon bestimmte Bewegungsmuster, die sich langfristig als die erfolgreichsten heraus gestellt haben. Die sind ja oft auch ganz plausibel, zum Beispiel, dass ich beim Tennis als Rechtshänder die Vorhand mit dem linken Fuß vorne schlage, weil ich dafür die Kraft aus der Oberkörperrotaion heraus nehmen kann.
P4HO:
Klar, das ist einleuchtend. Wir nehmen die etablierten Techniken und können darin, wie Du vorhin ausgeführt hast, mit veränderten Intentionen und kleinen Variationen in den einzelnen Bewegungsphasen individuelle Verbesserungspotentiale erkunden. Beim Hockey fallen mir dazu spontan zwei relativ komplexe Techniken ein. Der Torschuss mit der argentinischen Rückhand und der Ziehschlenzer bei der Kurzen Ecke. Bei beiden Techniken wurde in den letzten Jahren recht erfolgreich unter anderem mit der Schrittfolge experimentiert. Schießt man die Aggi mit dem linken statt dem rechten Fuß vorne, büßt man zwar etwas an Stabilität ein, bekommt aber über einen weiteren Radius für die Oberkörperrotation potentiell mehr Härte in den Schuß und ist vor allem noch schwerer zu lesen, weil Zeit und Ort des Treffpunkts sowie der Schwung variabler sind. Beim Zieh- oder Eckenschlenzer kommt es darauf an, den Ball mit möglichst viel Schwung über eine möglichst weite Strecke zu beschleunigen. Dafür hat sich der Kreuzschritt beim anlaufen bzw. überlaufen des Balls bewährt. Mit dem linken Fuß setzt man aus der Vorwärtbewegung seitlich in Richtung Ball um und lange war dann das Hinterkreuzen des rechten Fußes das non-plus-ultra für den vorletzten Schritt vor dem Torschuss aus einer dann möglichst stabilen Körperhaltung. Nun haben zuletzt viele Spieler:innen mit dem Vorkreuzen des rechten Fußes sehr gute gute Erfahrungen gemacht. Dadurch bekommt man noch mehr Dynamik und vor allem einen besseren Winkel, um den Ball auf dem Schläger hochlaufen zu lassen, bevor man ihn Richtung Tor rausschleudert.
Als Trainer sage ich zu meinen Spieler:innen immer, versuche es mal und mal so und schaue, was für Dich besser funktioniert. Und: Wenn Du Dich mit in einer Variante sicher fühlst, dann versuche auch gern nochmal die Andere.
Jakob:
Genau! Gute Athleten sollen in ihren Abläufen offen bleiben, immer mal wieder etwas ausprobieren. So findet sich in jeder Sportart immer mal wieder einer, der eine Technik komplett neu ausführt und damit einen Paradigmenwechsel aufsetzt.
P4HO:
Also entscheidend ist das fortwährende, klug dosierte Spiel mit neuen Bildern?
Jakob:
Absolut! Daher ist es für Dich wichtig, dass Du Dir Deine Leute genau anschaust? Woher zieht Dein Athlet seine Ressourcen? Dann kannst Du ihm gezielt zwei bis drei Infos geben und gucken, was passiert. Schaun mer mal.
Jemand, der etabliert ist, lernt seinen Körper dann nochmal anders kennen, stößt an seine Grenzen oder kann Neues besonders zielgerichtet in seine Abläufe einbauen. Wichtig ist dabei auch, dass Du Deine Athleten nicht überlädst.
In der Arbeit mit Teams heißt das dann aus meiner Sicht ganz zwangsläufig, dass ich experimentell arbeite. Du gibst drei Spielern zu einer Bewegungen jeweils die gleichen drei Inputs A, B und C. Und es kann gut sein, dass jeder mit einem anderen davon am Besten zurecht kommt.Ist der Athlet irgendwann in der Lage, die neue Wahrnehmung bewusst koordinativ umzusetzen, geht es daran die Bewegung ökonomischer zu machen. Zusätzlich sollten dann Explosivität und Schnelligkeit gesteigert werden. Das Prozedere ist in jeder Sportart ähnlich, ab einem gewissen Niveau sind es dann aber die Sportler, die trotz sportartspezifischem Bewegungsmuster noch ein Mehr an Wahrnehmung und folglich Handlungsalternativen haben.
P4HO:
Damit kann jeder Trainer sicher super arbeiten. An dieser Stelle würde ich den Bogen von der Begleitung des einzelnen Athleten zur Arbeit mit Gruppens noch weiter schlagen. Wir haben jetzt viel über lineare Techniken gesprochen. Meinst Du, man kann auch in nicht linearen Bereichen, in analytisch weniger präzise zu fassenden Feldern auf eine ähnliche Art und Weise Technikmuster etablieren? Mit den Jungs hast Du ja viel im Bereich der Wahrnehmung gearbeitet, nicht nur der Wahrnehmung des Gegenübers sondern überhaupt zur Wahrnehmung von Positionierungen und Bewegungen im Raum. Da haben die Jungs ja auch einiges mitgenommen.
Bei den Übungen im Boxring hatte ich als Ballsportler dann immer mal Szenen wie jene des Barca-Spielers Sergio Busquets oder des deutschen Hockeynationalspielers Mats Grambusch vor Augen, wie die in Mittelfeldposition den Ball mit dem Rücken zum gegnerischen Tor zugespielt bekommen, von mehreren Gegnern attakiert werden, aber dank überragender Orientierung im Raum durch weiche Mitnahmen und geschickte Richtungs- und Tempowechsel dennoch nach vorne ausbrechen und Gegner, die in den 2, 3 Sekunden vor dem Ballkontakt gar nicht mehr angeschaut werden konnten, ins Leere laufen. Wieweit ist das, was uns die Gesichtszüge entgleisen und bewundernd mit der Zunge schnalzen lässt, systematisch lehr- und lernbar? Oder ist das pure Magie? Reine Intuition?
Jakob:
Du meinst, wie können Athleten es lernen, dass sie gleichzeitig mit dem umfassenden Scan ihres Spielraums quasi koordinativ in der Lage sind, die Anwendung der situativ erfolgreichen Technik zu anitzipieren?
P4HO:
Ja
Jakob:
Ok, in so einer Situation kommen mehrere Faktoren gleichzeitig ins Spiel. Im Boxwerk hatte wir mit den Jungs eine Übung gemacht bei der sich alle aus dem Team auf 10m² so schnell wie möglich frei bewegen sollten, ohne dabei zusammenzustoßen. Hier kommt einerseits das periphere Sehen zum Tragen. Wie nehme ich meinen eigenen Raum, den Raum meines Teamkameraden/ Gegners und den Raum im Gesamten wahr? Der nächste Schritt ist dann daran zu arbeiten, inwieweit ich es schaffe, diese vielen Eindrücke koordinativ zu übersetzen. Das heißt: Welche Bewegung „wähle“ ich als adäquate Reaktion auf die momentane Situation? Ist der Sportler in seinen perzeptuellen und koordinativen Fähigkeiten ausreichend geschult und variabel, dann wird er solche Situationen relativ mühelos meistern. Folglich behält er selbst unter erschwerten Bedingungen die Ruhe und kann kluge Entscheidungen treffen.
P4HO:
Im Hockey haben wir eine Standardspielform, die sehr gerne und in unendlich vielen Varianten praktiziert wird. Sie heißt Minihockey. Man spielt in einem kleinen Feld mit zwei Teams 3 gegen 3 auf vier kleine Tore. Das ist wahnsinnig schnell und es geht dabei hauptsächlich um eine präzise Wahrnehmung und die Entscheidungsqualität.
Jakob:
Da gilt es genau zu unterscheiden zwischen Wahrnehmung, Reaktion und Entscheidungsqualität.
P4HO:
Und da spielen in einer Spielsportart ja auch noch weitere Aspekte mit rein. Wie nehme ich die Position meiner Mitspieler wahr? Auch energetisch! Hat mein Mitspieler eine offene Körper- und beim Hockey Schlägerposition? Ist er orientiert? Wie ist seine Körperspannung? Und wie sieht es beim 3 gegen 3 mit meinem zweiten Mitspieler aus? Oft kommt es auch in komplexeren Spielsituationen ja zu Konstellationen wie der, das es (siehe Skizze) als theoretisch sinnvoll erscheint, den Ball zu Spieler A zu passen, weil dieser taktisch perfekt positioniert ist. Praktisch passt man dann aber doch lieber zu dem weniger gut positionierten Spieler B, weil der orientiert ist, den Ball fordert und eine hohe Handlungskompetenz ausstrahlt.
Jakob:
Okay, dabei geht es um Raumwahrnehmung versus Körperwahrnehmung – und um die reziproke Wahrnehmung: Wie nimmt mein Mitspieler mich wahr? Welche Bereitschaft signalisiert er? Wir können es ja mal probieren. Ich muss mich entscheiden, ob ich ins Überzahlspiel aufs erste Tor gehe, mit einem Mitspieler, der da rumsteht wie drei Tage Regenwetter oder ob ich mit meinem vollaktiven Partner in Unter- oder Gleichzahl aufs andere Tor gehe. Ich würde fast wetten, dass ich als Ballführender Unterzahlsituationen in Kauf nehme, wenn ich sehe, dass meine Mitspieler energetisch da sind. Wenn einer keine Präsenz zeigt, nicht spritzig und nicht beweglich ist, dann gehe ich da nicht hin. Als Ballführender orientiere ich mich im Raum, orientiere mich dann an meinen Mitspielern. Je besser meine Wahrnehmungsfähigkeiten sind, desto schneller und klarer wird meine koordinative Entscheidung ausfallen. Egal ob Über- oder Unterzahlspiel, mein Verhältnis zum Raum und meinen Teamkameraden beeinflusst meine Entscheidung wie ich die Situation aufzuschlüsseln gedenke. Selbst der egoistischste Spieler wird sich irgendwann die Frage stellen: Wie kann ich in Situation xy einen Nutzen aus meinen Mitspielern ziehen? Gerade in Mannschaftssportarten.
P4HO:
Ich kann natürlich auch das Anspiel auf meinen Mitspieler faken, auch wenn ich ihm in dem Moment nicht vertraue. Der Abwehrspieler wird dann wahrscheinlich versuchen, den Passweg mehr unter Druck zu setzen, zumindest wird er sich mit der Möglichkeit des Passes beschäftigen müssen.
Jakob:
Da stecken immens viele Aspekte der Koordination drin.
P4HO:
Für mich war das eine sehr spannend Erfahrung im Boxwerk. Im Hockey schulen wir, um bei unserem Beispiel zu bleiben, systematisch das taktische Entscheidungsverhalten. Auf der einen Seite habe ich einen Mitspieler in einer 1 gegen 1- Situation, auf der anderen einem im 1 gegen 2. Den ersten kann ich mit einem schnell Give & Go zum 2 gegen 1 unterstützen. Der andere wird sich erstmal im 1 gegen 2 behaupten müssen. Wen spiele ich also an? Nach welchen taktischen Prinzipien treffe ich meine Entscheidung? Und mit welchen Techniken löse ich die Situation? Dafür gibt es eine etablierte Methodik, dazu gibt es Lehrbücher und Lehrgänge. Wie ich aber die Wahrnehmung von Körperspannung, Aktivität, und Orientierung von Mit- und Gegenspielern in chaotischen Spielsituationen schule und wie ich diese Informationen neben den taktischen Prinzipien in meine Entscheidungsfindung enfließen lasse, dazu haben wir kaum etablierte Verfahren. Da sind wir, wenn überhaupt, noch auf dem Level des situativen Coachings und ganz allgemein bei Spielformen mit kreativen Regelwerken. Intuition ist ja aber kein Zauberwerk, sondern nichts Anderes als ein unterbewusster Impuls, der auf unseren Erfahrungen beruht. Wie kreieren wir aber nun für unseren Sport adäquate Raumerfahrungen und „Activity-Scans“, auf die die Athleten später gewinnbringend zurückgreifen können?
Jakob:
Du sagst es ja schon, um die Kreativität unserer Athleten zu schulen, müssen wir als Trainer selber kreativ werden. Fürs Hockey bin ich da im Moment etwas überfragt. Es gibt aber beispielsweise eine ganz einfache, aber frappierend wirksame Übungsform, die einen Pfad in diese Richtung aufzeigen kann.
Du stellst Dich im 1 gegen 1 gegenüber und bleibst einfach nur stehen. Dein Gegenüber läuft auf Dich zu, erstmal ganz neutral. Und Du signalisierst mit Deiner Körperhaltung, mit Deinem Arm „Go“ oder „Stopp“. Damit definierst Du Deinen eigenen Space, Deine Komfortzone. Dann geht er wieder zurück und ist wieder neutral. Jetzt sage ich als Trainer zu ihm: „Du bist jetzt der Chef“. Für Euch beide ändert das was. Dein Gegenüber wird mit einer anderen Haltung auf Dich zulaufen, höchstwahrscheinlich ein Stück dominanter und agressiver und Du wirst dadurch automatisch defensiver. Vielleicht verändert sich auch Dein Space. Danach sollten wir darüber sprechen. Wie ändert sich jeweils die Wahrnehmung vom Gegenüber und von mir selbst und von meiner Körperhaltung. Mit solchen Übungsformen werden nicht nur die perzeptuellen Fähigkeiten angesprochen, wir arbeiten zudem auch auf einer emotionalen und auch gesellschaftlich-kulturellen Ebene. Das muss ns bewusst sein.
Das schult das Auge, die Sensibilität für die Verfassung des Anderen und dafür, was das mit mir macht. Im Umkehrschluss entwickle ich auch ein besseres Gespür für meine eigene Körpersprache und Ausstrahlung. Das sensibilisiert wiederum für die Relationen in der Körpersprache und dafür wie ich die, nicht nur im Sport, verschieben kann. Das sind Übungsformen, die man auch immer weiter führen und spezialisieren kann. Wie ist das mit Kindern? Das habe ich auch schon überlegt. Gerade das Miteinander ist bei den Jüngeren ja noch freier, klar gibt es da auch eine Hierarchie, die sich etabliert, aber ich glaube, das ist noch auf einem anderen Level.
P4HO:
Meine Erfahrung ist, das Kinder schneller bereit sind, verschiedene Rollen anzunehmen und spielerisch auszuprobieren. Man kann sie beispielsweise super mit Tierrollen spielen lassen. Und ich glaube, es macht auch einen gewaltigen Unterschied, ob da eine Maus oder ein Elefant auf mich zugerast kommt.
Jakob:
Bei Kindern fehlt noch Vieles, was kulturell, emotional, sozial, familiär unsere Körperhaltung und Bewegung als Erwachsener formt. Kinder haben noch eine Unbeschwertheit und noch keinen festen Überbau, der sagt, was passt und was nicht. Je älter wir werden, desto mehr spezialisieren wir uns. Und das ist ja auch gut, je nachdem, was ich machen möchte, muss ich mich vielleicht auch in gewissen Bereichen spezialisieren. Das gilt für unterschiedliche Sportarten, aber auch für Rollen und Positionen innerhalb einer Sportart, genauso aber auch, und da wird’s dann schon a bisserl philosophisch für soziale Rollen, für meine Position in der Gesellschaft.
P4HO:
Da betrittst Du nochmal ein noch weiteres Feld. Vielleicht sensibilisiert uns dieser Gesichtspunkt aber im Sport erst recht, gerade mit Kindern in diesen Bereichen aufmerksam zu arbeiten, ihnen eine Bewusstsein für derlei Relationen zu vermitteln und sie dabei zu unterstützen, gerade auch über ihre Körperlichkeit ihre Persönlichkeit zur Entfaltung zu bringen. Deine Ideen werde ich auf jeden Fall gerne mal bewusster in meinen Trainingsalltag integrieren.
Jakob:
Dann bin ich schon gespannt auf unseren nächsten Erfahrungsaustausch.
P4HO:
Wir haben jetzt ja schon ganz viele spannende Themen angeschnitten. Viele Fragen haben uns auch weiter zu neuen Themen als zu Antworten geführt. Das ist auf jeden Fall eine Fortsetzung und Vertieung wert. Zum Abschluss möchte ich Dir aber gern noch zwei weitere Fragen stellen?
Jakob:
Ja klar, sehr gerne.
P4HO:
Prima, danke. Du hattest mal von einem Paradigmenwechsel gesprochen, den Du durch Deine Ausbildung bei Dir selber siehst. Wir haben ja nun schon viel darüber erfahren, wie ganzheitlich und komplex Du den Sport siehst. Vielleicht kannst Du ja eine Linie ziehen, wo Du her kommst und was Dich dazu gebracht hat nun in eine bestimmte andere Richtung zu gehen.
Jakob:
Im Rahmen meines Sportwissenschaftstudiums wurde mein Bild bezüglich Anatomie, Physiologie, Gesundheit und Bewegung entsprechend der evidenzbasierten wissenschaftlichen Medizin sehr geprägt. Das baue ich weiter aus und meiner Ansicht nach bildet das ein unverzichtbares grundlegendes Fundament. Ab einem gewissen Punkt im Studium fehlte mir jedoch ein manuelleres, direkteres Element. Ein erster Input war die Empfehlung eines guten Freundes, einem Manual-Therapeuten und Rolfer, mir Tom Myers „Anatomy Trains“ zu besorgen. Dadurch wurde mir ein komplett neues Verständnis von Anatomie und Bewegung zuteil. Unsere Muskulatur arbeitet nicht unabhängig, sondern immer im Verbund. Und das verbindende Element ist der myofasziale Komplex unseres Körpers. Im Verlauf meiner eigenen Ausbildung zum Rolfer und des kontinuierlichen Selbststudiums bekomme ich einen immer besseren Zugang zu diesen komplexen Interdependenzen. Ich muss allerdings hinzufügen, dass ich, je mehr ich zu verstehen meine, immer weniger weiß.
P4HO:
Und inweiweit ist in diese Sichtweise auch die psychische Ebene, bei der wir zuletzt gelandet waren, mit integriert?
Jakob:
Ich habe keine dezidiert psychologische Ausbildung, aber Du bekommst eine gewisse Sensibilität. Körperhaltung und Bewegung stehen in einer steten Wechselwirkung mit unserem psychisch-emotionalen Zustand. Träume und weitere Teile unseres Seelenlebens manifestieren sich in unserem Körper, bewusst und unbewusst. Was letztendlich im Einzelfall dahinter stecken könnte, ist aber nicht Teil meiner Arbeit und geht mich deshalb auch nichts an. Schaffe ich es zum Beispiel im Rahmen einer manualtherapeutischen Behandlung meinem Klienten eine Erleichterung zu verschaffen, freut mich das. Alles tiefergehende ist eine andere Baustelle, aber nicht meine. Der Aspekt, der in diesem Zusammenhang für mich dann jedoch eine wichtige Rolle spielt, ist die Herangehensweise an meinen Athleten oder Klienten. Auch wenn wir körperlich arbeiten, ist ein Mensch mehr als nur ein Körper. Der Mensch als Gesamtheit, mit all seinen Erfahrungen, Erlebnissen, selbst die die nur wenige Stunden zurückliegen, steht vor mir. Das muss einen nicht beunruhigen oder verunsichern. Ein Bewusstsein dafür, Respekt und Professionalität sind dann entscheidend. Beziehe ich mich auf Aspekte aus dem Sport, habe ich einen Athleten mit seiner ganzen bisherigen Geschichte - den Erfolgen, Niederlagen, Erfahrungen aller Art - vor mir. Als Trainer sollte mir das immer bewusst sein. Zunächst gilt es den Athleten in seiner Haltung und Bewegung wertneutral anzunehmen, Interpretationen jeglicher Art zu unterlassen und dann an die Arbeit zu gehen.
P4HO:
Mein Eindruck ist darüber hinaus, etwas platt formuliert, dass die komplexen Bedingtheiten, von denen Du da sprichst, im Sport auch oft über einen ganz einfachen Hebel erfolgreich angegangen werden können. Anstatt in einem ausführlichen Gespräch tiefer auszuloten, was den Athleten gerade umtreibt, kann ich ihn auch dazu auffordern, eine präsente, dynamische Körperhaltung einzunehmen: „Stell Dich so hin“. Dann lösen sich bei Vielen ganz schnell Zurückhaltungen. Deckt sich das mit Deinen Erfahrungen?
Jakob:
Das kann durchaus sein. Und für den Moment sind eine dynamische Körperhaltung, positives Denken etc. vielleicht ein adäquates Mittel. Für den Moment. Diese Übungen aus der Sport-Psychologie sind tolle Tools für Wettkampfsituationen, für Visualisierungen oder Motivation. Man muss sich dann aber immer über das Setting bewusst sein. Inwieweit das dann auf längere Zeit die richtigen Strategien sind weiß, ich nicht.
P4HO:
Ja und nein, denke ich. So ein Vorgehen ist natürlich nicht nachhaltig, weil ich den Dingen nicht auf den Grund gehe.
Jakob:
Als Trainer und Körpertherapeut ist es, wie gesagt, nicht meine Aufgabe Dingen „auf den Grund zu gehen“, wenn wir uns über psychisch-emotionale Zustände unterhalten. Halte ich es mit Respekt und professionellem Abstand, muss ich mir da kein unnötiges Kopfzerbrechen machen.
P4HO:
Wie können wir das nachhaltig gestalten? Sicher bedarf es da noch weiterer Tools, ich denke nur, dass eine solche Intervention über die reine positive Biomechanik hinaus noch zwei weitere Effekte haben kann. Erstens spürt der Athlet, dass sein Trainer ihn sieht und dass er sich für ihn interessiert. Das allein kann das Selbstwertgefühl und die Vertrauensebene befördern. Zum zweiten gebe ich ihm ein Tool an die Hand, mit dem er seinen Ballast erst einmal handeln kann. Ein Bild, mit dem ich dabei gerne arbeite, ist beispielsweise: Pack das, was Dich bedrückt im Hinterkopf in eine Schublade. Dann kannst Du es Dir später in Ruhe anschauen. Jetzt legen wir den Fokus auf ein anderes, gegenwärtiges Thema.
Jakob:
Ja, die Sport-Psychologie hält da tolle Strategien parat. Spielen wir das kurz durch. Wenn du für eine Wettkampfsituation eine Strategie oder Übung an der Hand hast, um deinen Fokus zu steigern, negative Gedanken beiseite zu legen, um vielleicht sogar in den berühmten „Flow“ zu kommen, sind das super Benefits. Sportlern und vor allem Wettkampfsportlern wird nicht umsonst eine positive optimistische Einstellung attestiert. Verwende ich als Trainer solche Tools, sollte mir aber das Setting bewusst sein. Der Alltag außerhalb des Sports ist etwas ganz anderes. Mein Bereich ist das jedenfalls nicht. Dafür haben wir Sport-Psychologen.
P4HO:
Das war ja auch nicht unser Thema. Es passt aber super zu unserem Gespräch, in dem wir jetzt in einer Stunde irre viele unterschiedliche Felder rund um Athletik und Körperlichkeit wenigstens mal kurz angetippt haben. Ich danke Dir dafür vielmals. Es war ungemein inspirierend und hat wertvolle Anstöße zum weiteren Forschen und vor allem für die alltägliche Arbeit jeden Trainers gegeben.
Jakob:
Danke Robert. Mir hat es riesig Spaß gemacht und speziell die Dynamik bei Kindern finde ich super interessant. Auch die Athletik ist bei denen noch ein anderes Feld. Deswegen habe ich sehr sehr gerne mit Euch zusammen gearbeitet. Ich werde versuchen, die Erfahrungen mit in den Prozess, in dem ich gerade bin, zu integrieren. Lass uns da gerne im Austausch bleiben.
Jetzt wünsche ich Euch aber erstmal viel Erfolg bei der Bayerischen Meisterschaft.
Interview vom 4. Februar 2020