Wie geht's weiter mit den Streaming-Plattformen? Robert Kindermann im Interview.

Wie geht's weiter mit den Streaming-Plattformen? Robert Kindermann im Interview.


Für den "One on One"-Podast von TERRITORY habe ich mich mit Robert Kindermann über die Zukunft der Streaming-Plattformen unterhalten. Das ganze Interview findet ihr hier im Podcast:

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Robert, lass uns über das Auf und Ab der großen Streamingplattform reden. Mir geht es so – und ich glaube, dir geht es ähnlich - Netflix ist ziemlich langweilig geworden. In den letzten zwei Jahren habe ich kaum etwas auf Netflix geguckt, was mich wirklich wahnsinnig begeistert hätte, gleichzeitig gibt es immer mehr  und auch immer mehr Streaminservices und immer mehr werbefinanzierte Angebote. Wo siehst du die größten Veränderungen und Trends? 

„Ein Streaming Service ist kein neuer heißer Scheiß mehr. Das gehört jetzt zum Media Setup der Welt dazu, wie es vor 20 Jahren das Fernsehen war und das macht schon etwas aus, weil ich nicht mehr diesen Effekt habe, dass nur, weil ein Produkt auf einer Streamingplattform stattfindet, es automatisch gut sein muss.


Werbefinanzierung bei Streamingangeboten wird die Medienlandschaft nachhaltig verändern

Wie du auch sagst, es gibt eben auch viel Durchschnittliches dort. Ich glaube tatsächlich, dass die Werbefinanzierung auf ganz vielen Ebenen die Medienlandschaft durchschütteln wird. Netflix hat bei den vorletzten Quartalszahlen festgestellt, dass sie mit einem Nutzer, der ein werbefinanziertes Abo hat, mehr Geld umsetzen als bei Nutzern, die in den normalen Abo-Plänen stecken.

Das hat zur Folge, dass Disney das jetzt auch macht. Sie machen die normalen Abo-Pläne ohne Werbung teurer, um mehr Leute in die günstigeren Abos reinzuziehen, weil sie an denen mehr verdienen. Der sekundäre Effekt wird sein, dass endlich die Zielgruppen, die die letzten Jahre verschlossen waren, erreicht werden. Ich konnte einfach eine Person die viel Netflix geguckt hat, die eigentlich für die Werbe-Landschaft eine hochrelevante Zielgruppe ist, weil sie Geld ausgibt und sehr qualitativ hochwertigen Content guckt gar nicht erreichen. Jetzt kann ein Unilever, ein Procter & Gamble, ein Coca-Cola sagen: „Okay, bevor ich jetzt in jedem Land zu einzelnen Vermarktern gehe und mein Geld verteilen muss, spreche ich einmal global mit Netflix und sage: Ich möchte Coca-Cola-Werbung über das nächste Jahr an den und den Punkten mit der und der Message an die und die Gruppen rausbringen.“

Das hat, glaube ich, massive Auswirkungen für die Werbeeinnahmen des Privatfernsehens. Ich glaube, das werden wir die nächsten Monate und Quartale ganz schnell spüren, dass die Vermarktung des Inventars eines Streamingdiensts eine unheimliche Verschiebung auf dem Werbemarkt bedeuten wird.

 

Sport-Content ist auf dem Vormarsch bei den Streamern

 

Bei der inhaltlichen Ausrichtung sehe ich das Thema Sport als einen der spannendsten Bereiche. Ich bin sehr gespannt, was mit ESPN und DAZN passiert und ich bin gespannt, wie sich Discovery, zu denen ja Eurosport gehört, verhalten wird. Ich bin gespannt, welche Erfahrung RTL mit der NFL machen wird. Alle, die Sport anbieten, hatten mal eine Phase wo sie gelernt haben: Mit Sport konvertieren wir richtig zu Subscribern - und schon macht Apple einen Zehnjahresdeal mit der amerikanischen Fußballliga. Das wird die Branche unheimlich genau beobachten.


Der Streik der Schauspieler und Autoren sorgt für einen neuen Schub an internationalen Produktionen und frischen Ideen.

 

Ein anderer Trend, den wir sehen werden in den nächsten Monaten, ist, dass europäische Produktionen gestärkt werden, je länger der Streik der Schauspielerinnen und Schauspieler in den USA stattfindet, denn die internationalen Streaming Plattformen brauchen Content, um die Leute in der Plattform zu halten und neuen Content zu bewerben. In den Staaten kann ich gerade nicht produzieren, also wird es internationale Koproduktionen geben.

Wir werden, glaube ich, in der Non-Fiction noch mal einen neuen Schub an Format-Experimenten sehen. Ich finde „Takeshis Castle“, das Prime wiederbelebt hat super spannend. Auch der Erfolg von  „Too hot to handle“ wird dazu führen, dass Reality-TV noch mal gestärkt werden wird. Ich bin gespannt, welche Learnings es aus dem Erfolg von LOL von Prime auf anderen Plattformen zu sehen geben wird.

Was die Fiktion angeht, bin ich gespannt, wie schnell und wie stark die Streamingplattformen KI integrieren werden, um die Produktion von fiktionalem Content effizienter, günstiger und noch skalierbarer zu machen. Das sind die größten Verschiebungen, die ich im Streaming-Markt sehe.“

Michael Siegler

Sparringspartner beim (Neu)Start | Digitalisierung und Marketing | Beirat & Berater

1 Jahr

Über kurz oder lang wird Amazon den Markt dominieren… Aber vielleicht höre ich erstmal in deinen Podcast rein, bevor ich Prognosen wage? 😉

Till Uhrig

All things video. And audio. And ideas. And sometimes music. Which is technically also audio. So, ignore the last one. Have a nice day.

1 Jahr

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