Wie werde ich zum Dirigenten der KI?

In der neuen Folge "One on One TERRITORY " spreche ich mit Künstler Boris Eldagsen über den Einsatz von KI in der Kreativarbeit. Wie schaffe ich es, in der Zusammenarbeit den Lead zu übernehmen und nicht die KI über das Ergebnis bestimmen zu lassen? Wie bekomme ich die Hoheit über die Schöpfung?

Den ganzen Podcast "One on One. Boris Eldagsen - Das Zeitalter der Promptographie" findet ihr überall, wo es Podcasts gibt.

Till Uhrig: "KI produziert sehr selbständig beeindruckende, bildgewaltige Werke. Ab wann darf ich für mich in Anspruch nehmen, eine kreative Leistung geschaffen zu haben?Wenn ich jetzt mit einem einfachen Prompt ein doch visuell sehr beeindruckendes Bild erzeugen kann und mir dann, wenn ich es zehnmal wiederhole, das Beste aussuchen kann, ab wann darf ich für mich in Anspruch nehmen, kreativ geworden zu sein?"

Boris Eldagsen: "Rechtlich ist das völlig ungeklärt. Kreativ ist es so, dass das Arbeitsverhältnis zwischen Mensch und Maschine vier mögliche Formen haben kann. Und das hängt davon ab, wie viel weiß ich über Bilder machen und wie gut ich mich auskenne in den Tools aus, die ich benutze.

 Wenn ich keinen Hintergrund habe im Produzieren von Bildern und zum ersten Mal mit z.B. Midjourney arbeite, dann zieht mich die KI quasi hinter sich her und produziert die einfach irgend etwas.

Ich kann natürlich einen einfachen Textprompt mit zwei, drei Wörtern eingeben wie z.B. "Trump wird verhaftet".

Oder ich kann ausdifferenzieren: Wo findet das statt? Was ist das für eine emotionale Qualität? Was sind das für Lichtverhältnisse?Wie ist der Bildaufbau? Welche Perspektive hat die Kamera? Soll es aussehen wie ein Foto? Wo in der Geschichte der Fotografie bewege ich mich da? Ist das ein Wetplate-Foto, ein Polaroid-Bild der 80er-Jahre oder DSLR-Kamera? Wie soll das in ein Genre eingebettet sein? Ist es Dokumentarfotografie? Ist es Schnappschuss? Ist es ein Mug-Shot von der Polizei? Bewege ich mich hier in der Kunst, in der Werbung?Gibt es Referenzen, die ich benutzen kann? Das können existierende künstlerische Handschriften sein, aber auch Schulen oder Dekaden.

Es gibt es bis zu 13 Text-Prompt-Elemente, die ich momentan sehe, die man verwenden kann.

Wenn ich jetzt einfach nur prompte "Trump wird verhaftet", dann ist das lediglich Subjekt und Aktion, also nur zwei von dreizehn. Das heißt, die KI entscheidet über die verbleibenden elf.

Und man erkennt hier ganz klar, die zieht mich hinter sich her und produziert das, was wir so als Mainstream-Bilder kennen.  

Wenn ich aber anfange, das zu überblicken, und ich habe das Wissen, um mehr auszudifferenzieren, dann habe ich den Lead in der Produktion."

Till Uhrig: "Gehört mir dann auch das Werk? Bin ich der Autor?"

Boris Eldagsen: "Je mehr Wissen und Kontrolle ich habe, desto mehr werde ich wirklich der Direktor, der alles bestimmt. Und der das nicht nur in einem Schritt bestimmt, sondern in einem komplexen Workflow, bei dem ich vielleicht auch verschiedene Tools miteinander kombiniere.

 Und dann bin ich der Autor und könnte nach deutschem Recht auch so etwas wahrscheinlich bestätigt bekommen. Dann gibt es die sogenannte Schöpfungshöhe, die dann auch darauf achtet, wie viel wurde von mir beigetragen zur Schaffung dieses Bildes und wie viel von der Maschine.

Aber Copyright ist ein ungelöstes Problem. Gehört mir jetzt das generierte Bild oder nicht? Das weiß keiner, denn dazu bedarf es eigentlich grundsätzlicher Entscheidungen von Gerichten. Leider gibt es solche Prozesse überhaupt nicht.

Das führt in letzter Konsequenz dazu, dass diejenigen, die berufsmäßig mit KI arbeiten, das nicht so transparent machen, wie man das als Gesellschaft eigentlich haben möchte."

#ki #midjourney #kirecht #generativeai

Prompt des Titelbildes: "Film still, showing a human conductor at his conductor's desk, emphatically directing an Orchestra of different robots with classical instruments, frontal medium shot, Arri Alexa 8k, dramatic lighting, expressive scene, --ar 16:9"