Wieso die USA sich mit China streiten dürfen - und wir nur bedingt

Wieso die USA sich mit China streiten dürfen - und wir nur bedingt

Wenn vom Handelsstreit mit China die Rede ist, dann wird diese Debatte meist höchst einseitig geführt. Doch wieso, fragen wir uns, sollte Deutschland nicht auch seinen Teil zur Allianz gegen jenes Regime beitragen, welches mit social scoring und zuletzt wieder stark steigender Zensur Schlagzeilen macht, aber dennoch als Investitions-, Produktions- oder Absatzmarkt kaum wegzudenken ist?

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Donald Trump kann und darf sich mit den Chinesen anlegen. Die Abhängigkeit von China ist nicht so hoch wie man es vermuten würde - nur 0,6% des USA-BIP werden nach China exportiert. China ist demnach (deutlich vereinfacht gesagt) stärker von den USA abhängig als umgekehrt. Freilich ist das eine Momentaufnahme und ebenso selbstverständlich sollte die Tatsache sein, dass weitere Faktoren neben Exporten im Kampf um globale Handelsvorherrschaft eine Rolle spielen. In Deutschland liegen die Dinge anders. Der Heimatmarkt unserer Produkte ist überschaubar geworden (der Deutsche kauft nicht deutsch) und die Abhängigkeit von wurde China gewaltig. Kurzum: den deutschen Exporteuren zittern die Knie, besonders wenn sie an den Ausblick denken. Die deutsche Handelskammer beleuchtet dies in ihrer Konjunkturumfrage im Oktober konkreter:

Häufigste Freitextantworten zum Geschäftsrisiko "Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen"
  • Insgesamt fühlen sich 83 Prozent der in China tätigen deutschen Unternehmen direkt oder indirekt vom Handelskonflikt zwischen China und den USA betroffen - gegenüber nur 30 Prozent im vergangenen Jahr.
  • Nur 27 Prozent der befragten deutschen Unternehmen rechnen damit, dass sie ihre Geschäftsziele in China für 2019 erreichen oder übertreffen können. In den vergangenen Jahren rechnete stets die Mehrheit der Unternehmer mit einem guten China-Geschäft.
  • Der Handelskrieg und die abgekühlte Konjunktur in China schlägt vor allem auf die Automobilbranche und die Maschinenbauer durch: 69 Prozent der befragten Autobauer gehen von einer Verschlechterung des Marktes aus.

Lassen Sie uns einen detaillierteren Blick auf das Herzstück unserer Wirtschaft werfen: die Automobilbranche:

  • Volkswagen verkauft ungefähr die Hälfte aller Neuwagen in China, bei Daimler sind es 28 Prozent, bei BMW 25 Prozent. Chinesische Autos erreichen den deutschen Markt dabei kaum, auch wenn deren Auftritt bei den Autoausstellungen etwas anderes suggerieren soll.
  • Auch der Blick auf den gesamteuropäischen Markt rettet die Deutschen nicht. Der chinesische Markt – 23,7 Millionen Pkw wurden in 2018 dort verkauft – ist spürbar größer als der europäische Automarkt mit seinen 15,6 Millionen Fahrzeugen in 2018.
  • Auch der deutsche Maschinen- und Anlagenbau kann ohne die Käufer zwischen Peking und Hongkong in seiner jetzigen Größe nicht überleben. Rund elf Prozent aller deutschen Exporte der Branche gingen 2018 nach China.

Die deutlichste und gleichzeitig beunruhigendste Botschaft der Konjunkturumfrage betrifft jedoch die Innovationskraft; damit sprechen wir nicht mehr in von der Gegenwart, sondern von der Zukunft dieses Diskurses: 47 Prozent der befragten deutschen Unternehmen glauben, dass chinesische Wettbewerber in den nächsten fünf Jahren in ihrer Branche zum Innovationsführer aufsteigen.

Fazit: Die Deutschen können den USA in deren Chinapolitik nicht folgen, auch wenn die Warnungen vor der Verletzung der Menschenrechte, dem Aufwachsen einer autoritären Großmacht und der technologischen Überlegenheit der Chinesen den Kern der Sache treffen. Trump hat das Argument, wir unsere Interessen. Deutschland gehört politisch, militärisch und kulturell weiter zum Westen. Die deutsche Volkswirtschaft allerdings ist Abhängiger. Daran haben wir selbst Jahrzente gearbeitet.

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