Wo bleibt das BGH-Urteil zur Digitalisierung?
Das BGH-Urteil zum Klimaschutzgesetz hat die Politik wachgerüttelt und gibt uns echte Zukunftsperspektiven. Genau das brauchen wir auch in einem anderen Zukunftsfeld, in dem gleichfalls viel geredet aber viel zu wenig getan wird: der Digitalisierung.
Ich bin noch immer überwältigt vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Lasten des aktuell gültigen Klimaschutzgesetzes zu einseitig in die Zukunft verschoben sah. Nachdem mein persönlicher Lebensplan kein Ableben vor dem Jahr 2056 vorsieht, schreibe ich bewusst nicht „auf kommende Generationen“. Klimaschutz ist eine Zukunftsaufgabe für alle, keine Generationenfrage.
Ich habe in jungen Jahren zwar begeistert Mel Gibson in Mad Max gesehen, wollte aber selbst auch keinesfalls je so enden. Insofern blicke ich mit großer Freude und zugleich größtem Respekt auf die Veränderungen, derer wir uns alle nun endlich verbindlich stellen werden.
Die Parallelen zwischen digitaler Transformation und Klimaschutz
In meiner inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Schock- und Euphoriewellen, die aus Karlsruhe gesendet wurden, kam ich zwangsläufig auf die andere große Veränderung, die mich beruflich seit zwanzig Jahren begleitet, die digitale Transformation. Und wie sehr wünschte ich mir auch hierfür ähnlich deutliche Worte, wie die aus Karlsruhe zum Klimaschutz.
Denn genau wie die Deutsche Bundesregierung bis zu eben dieser Richtigstellung der oberen Instanz zufrieden mit sich und ihrem Klimaschutzgesetz war, verhält es sich mit der Digitalisierung unserer Industrie und Verwaltung. Unserer ökonomischen Zukunft also. Aber ist die deutsche Industrie und die Verwaltung wirklich konsequent genug angesichts der Herausforderungen? Oder steckt auch hier oft noch zu viel “Wahlkampfversprechen” in den Unternehmensstrategien, eine zu große Portion Hoffnung darauf, dass sich die eigene “Legislaturperiode” mit vagen Ankündigungen schon erfolgreich verlängern lassen wird.
Echte Zukunftsperspektiven statt Townhallhülsen
Man stelle sich vor, Unternehmensinhaber*innen, Aufsichtsrät*innen, Vorständ*innen und Geschäftsführer*innen bedanken sich in der Folge eines solchen Urteils nahezu überschwänglich dafür, dass sie die Digitalisierung endlich ernst nehmen müssen dürfen. Dass sie sich nach langen Jahren endlich der Frage annehmen müssen dürfen, was diese Digitalisierung konkret für ihr Unternehmen bedeutet, wie aus Townhallhülsen echte Zukunftsperspektiven entwickelt werden.
Zukunftsperspektiven, die dieser Digitalisierung endlich ein konkretes Bild vermitteln. Kein digitales Aquarell, sondern ein Bild, das die Feinheiten Unterschiede zwischen Prozessen, Geschäftsmodellen und Arbeitsweisen herausarbeitet und die unterschiedlichen Ausprägungen dieser Digitalisierung zu einem zukunftsfähigen Gesamtwerk vereint. Dadaismus in den Konferenzräumen wird durch Realismus ersetzt.
Strategien für das Überleben unserer Wirtschaft
In der Folge eines solchen BGH Urteils zur Digitalisierung wird nicht weiter die gute Konjunktur der letzten Dekade gefeiert, es werden Strategien für das Überleben in der Zukunft entwickelt. Es wird die Frage beantwortet, mit was und wie das Unternehmen in Zukunft Geld verdient wird.
Es wird die Frage beantwortet, wie die Organisation als Arbeitgeber wieder attraktiv für die Besten und für die Zukunft wird. Es wird die Frage beantwortet, wie Arbeit in Netzwerken organisiert wird, um aus der gesamten Organisation das Maximum an Kreativität zu fördern. Kurzum: Wie das Veröden der Organisation in einer analogen Wüste verhindert wird.
Lasst uns den Transformationsprozess stabilisieren
Und last but not least, wird der Strategie ein verbindlicher und in der Sache geeigneter Maßnahmenplan zugrunde gelegt. Denn schließlich ist es genau das, was das Klimaschutzgesetz den BGH vermissen ließ. Und genauso wie es dem Erreichen der Ziele von Paris nicht hilft, einen Großteil der CO2 Emissionen erst irgendwie nach 2031 einzusparen, ist es zu häufig das Fehlen einer konkreten Vorstellung über die Implementierung, woran es auch der digitalen Transformation mangelt.
Also führen wir nicht nur Agilität und Software ein, sondern stabilisieren den Transformationsprozess durch OKR-Maßnahmen, die idealerweise auch gleich die Tantiemevereinbarungen aus der Vergangenheit ersetzen.
Die digitale Transformation ist keine Generationenfrage
Ich schrieb vorhin vor dem größten Respekt, mit dem ich den uns bevorstehenden Veränderungen begegne. Das gilt sowohl für den Klimaschutz, als auch für die digitale Transformation. Warum ich trotzdem zuversichtlich bin? Weil ich die Gesellschaft in ihrer Erkenntnis über die Notwendigkeiten in Sachen Klimaschutz weiter sehe, als ich die Politik wahrnehme. Weil die Lebenswirklichkeit der Menschen in unserem Land immer häufiger den Vorhaben der Politik vorweggeht.
Genauso erlebe ich das zunehmend in Sachen digitaler Transformation, die ja nun wahrlich auch nicht mehr neu ist. Ein heute 55jähriger nutzt bereits seit einem Alter von 25 Jahren das Internet. Auch die digitale Transformation ist also keine Generationenfrage, sondern ein Zukunftsthema, dieses Verständnis ist da. Aber wer spricht hier das Machtwort, die Veränderung ernst werden zu lassen?
CEO sayang.gmbh | Enabling Digital Communication and Marketing – Wertschöpfung durch Wertschätzung
3 JahreDanke Dir, lieber Peider Bach für diesen spannenden Beitrag. Ich selbst dachte ja, dass sich so um das Jahr 2012 sehr spät dran war mit meiner persönlichen digitalen Transformation weg vom Print-Journalisten hin zum digitalen Medienmacher. Wenn ich heute darauf zurückblicke, scheint es ja doch noch recht früh gewesen zu sein ...