Woran sollte der Vertrieb gemessen werden?
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Woran sollte der Vertrieb gemessen werden?

Von meinen Kunden werde ich häufig gefragt, welche Key-Performance-Indikatoren (KPI) im Vertrieb relevant sind, oder anders ausgedrückt: Wann macht ein Account Manager einen guten Job? Kann man das an quantitativen Zahlen messen? Nach wie vor gilt in vielen Unternehmen der Umsatz als DIE Schlüssel-Kennzahl im Sales-Umfeld. In vielen Branchen wird hingegen schon längst am Deckungsbeitrag gemessen. Das ermöglicht dem Vertriebsteam in der Regel mehr Entscheidungsspielräume beim Verhandeln mit den Kunden und fördert das so oft gewünschte unternehmerische Denken. Viele Sales-Leute bekommen aus diesem Grund erst dann ihre Provision, wenn der Kunde die Rechnung auch tatsächlich bezahlt hat.

Aber unabhängig davon, wie die finalen quantitativen Ziele definiert werden, taucht noch viel häufiger die Frage auf, ob und welche Zwischenziele man für Menschen im Vertrieb festlegen sollte. In diesem Zusammenhang ist häufig von Terminquoten in mehrfacher Hinsicht die Rede, also wie viele Anrufe getätigt werden sollen, um einen Kundentermin zu bekommen, und wie häufig in der Woche oder im Monat man ein Treffen (online oder vor Ort) mit einem Bestandskunden oder neuen Account vereinbaren sollte.

Bei diesen Fragestellungen geht es ans Eingemachte im Vertrieb, denn grundsätzlich muss man sich in der heutigen Zeit fragen, welcher Verkaufsprozess ganz individuell für das eigene Unternehmen an geeignetsten erscheint. Dass das Telefon schon längst nicht mehr Maß aller Dinge ist für Terminvereinbarungen, habe ich bereits im letzten Newsletter ausführlich dargelegt. Darauf aufgesetzt ist zu thematisieren, ob aufgrund der zunehmenden Digitalisierung klassische Kundentermine überhaupt noch sinnvolle bzw. notwendige Zwischenziele im Sinne der Customer Journey auf dem Weg zum Auftrag sind. An dieser Stelle wird womöglich der ein oder andere empört aufschreien und zurecht behaupten, dass es im komplexen Business auf eine gute Beziehungsqualität und ein hohes Vertrauen ankommt und man daher durchaus persönliche Gespräche benötigt, die sich mit Online-Meetings abwechseln.

Aber wie viele Termine sollten in einer normalen Vertriebswoche durchgeführt werden, und braucht es überhaupt solche Vorgaben? Ist die nicht eher eine Entscheidung, die man den handelnden Personen selbst überlassen sollte? Niemand kennt seine Zielgruppe besser als der Sales-Verantwortliche. Was bringt es, Termine zu vereinbaren, nur um irgendwelche Quoten, die der Chef vorgibt, zu erfüllen. Schließlich verursachen vor allem Präsenztermine vor Ort in der Regel hohe Kosten. Aber ist es ohne Vorgaben nicht so, dass manche in einen Schlendrian verfallen und sich fast gar nicht mehr beim Kunden blicken lassen? Schließlich macht nach wie vor die alte Vertriebsweisheit „Kontakt macht Kontrakt“ die Runde. Bei solchen Diskussionen kommt häufig die Forderung nach „qualitativ hochwertigen“ Terminen auf. Wer möchte das nicht: Möglichst viele Kundengespräche, die idealerweise alle direkt zu einer Angebotslegung führen, und das mit einer hohen Aussicht auf den gewünschten Auftrag. Wenn Vertrieb doch nur so einfach wäre.

Ich persönlich halte nichts von sogenannten Besuchsquoten, die in vielen Organisationen immer dann ausgegeben werden, wenn es nicht gut läuft oder man den Eindruck hat, dass sich die meisten Verkäufer auf ihren früheren Erfolgen ausruhen. Jeder macht Vertrieb auf andere Art und Weise, und diese Freiheiten zeichnen den Job aus. Ich bin grundsätzlich ein großer Freund des Mottos „Weniger ist mehr“. Effizienz ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei allen Vorhaben im Vertrieb. Daher plädiere ich dafür, sich auf die vermeintlich erfolgsversprechenden Kunden und deren Vertriebschancen zu fokussieren. Die hohe Kunst ist es natürlich, herauszufinden, welche das sind. Das unterscheidet einen guten Vertriebler von einem weniger guten, und nicht die Anzahl an Terminen, die er vereinbart.

Aus meiner Sicht ist es eine primäre Aufgabe jeder Vertriebsleitung, unabhängig von Zahlen, Daten und Fakten zu erkennen, welche Stärken und Schwächen die einzelnen Vertriebsleute haben. Hier gilt es insbesondere, qualitativ anzusetzen. Das bringt viel mehr als KPIs herauszugeben, die oft doch nicht erreicht werden, was sich auf die Motivation sehr negativ auswirkt. Dahinter steckt meist der banale Gedanke, eine bestimmte Terminanzahl zu fordern in der Hoffnung, dass wenigstens die Hälfte davon erreicht wird. Von solchen Vorgehensweisen sollten sich alle Unternehmen, die es bisher so handhaben, schleunigst verabschieden, denn nur hochwertige Kundenkontakte bringen den gewünschten Erfolg. Alles andere führt eher dazu, dem Chef und letztendlich sich selbst Geschäftigkeit vorzutäuschen. Erfolgreich Vertrieb machen geht anders.

Selbstverständlich gibt es noch viel mehr Kennzahlen, die im Vertrieb relevant sein können. Dies betrifft neben der Neukundenakquise auch die Rückgewinnung von Kunden. Mit modernen KI-gesteuerten CRM-Systemen und Sales-Enablement-Lösungen kann sich jeder zahlenaffine Vertriebsmanager austoben. Allerdings warne ich davor, das Sales-Team nicht mit Controlling zu überfrachten. Wer im Vertrieb tätig ist, hat den Job vor allem deshalb ausgewählt, weil er gerne mit Menschen zu tun hat und gewinnbringende Beziehungen zu diesen aufbauen möchte. Gute KPIs können dabei eine wertvolle Unterstützung darstellen. Aber sie müssen so aufbereitet sein, dass auch dem Controlling nicht nahe stehende Verkäufer die richtigen Handlungsempfehlungen problemlos ableiten können.

Wie wird es in Ihrem Unternehmen gehandhabt? An welchen KPIs wird Ihr Vertrieb gemessen, und – falls ja – welche Zwischenziele geben Sie aus? Schreiben Sie Ihre Meinung gerne direkt als Kommentar unter diesen Beitrag. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Meinung zu diesem vieldiskutierten Thema.

Sascha Härtelt

Gebietsverkaufsleiter bei Jörg Wappler Werkzeugmaschinen e.K.

5 Monate

Sehr interessante Ansicht. Gerade in Zeiten wo es vielleicht nicht so läuft.

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