Deep-Work – Schluss mit lästigen Ablenkungen!

Deep-Work – Schluss mit lästigen Ablenkungen!

Neulich hatte ich einen Telefontermin nicht pünktlich wahrgenommen. Ich war dermaßen vertieft in mein Buchprojekt, dass ich alles um mich herum vergaß. Ich kam 20 Minuten zu spät in meinen Call und erntete einen lockeren Spruch meines Kunden: „Ich hab immer was zu tun, machen Sie sich keine Gedanken.“ 

„Vielen Dank für Ihr Verständnis. Das passiert mir so gut wie nie – großes Sorry!“  

„Kein Problem. Hat Ihr letzter Termin länger gedauert als erwartet?“ 

„Äh … ja, sozusagen. Es war allerdings ein Termin mit mir selbst.“ 

Nach einigem Gelächter sprachen wir über seichte und tiefgehende Arbeit, über Ablenkungen und Konzentration, über Medienvehemenz und persönliche Energie. Ich glaube, dieses Gespräch hat das Thema Deep Work gut ausgeleuchtet und dabei auch die Kundenbeziehung vertieft. 

 

Nicht Höhe, sondern Tiefe der Arbeit macht den Unterschied 

Viele meinen, dass Arbeit ständig pulsiert, voran- und hinterherrennt, geschäftig sein muss und anstrengend ist. Nur so kommt man doch hoch hinaus, oder? Irrtum! Denn damit sind Tunnelblick und Oberflächlichkeit vorprogrammiert. 

Nimm dir ein Beispiel an Hochleistungen aller Art: Triathletinnen, Bergsteiger, Pianisten, Bildhauerinnen, Rennfahrerinnen, Chirurgen, Sportschützen, Schachspielerinnen – was haben sie alle gemeinsam? Sie erbringen ihre Hochleistung in einer Art Trance. Sie verfügen über die Fähigkeit zur maximalen Konzentration. Wie erreichen sie diesen Zustand? Indem sie alle anderen Reize wegschalten und ausschließlich diejenigen Energien aktivieren, die zur Leistung notwendig sind – volle Power Konzentration und Fokus! 

Wie aber machen wir es in unserem geschäftigen Berufsleben? Wir glauben großspurig, dass man alles spielerisch mit der linken Gehirnhälfte erreicht. Dass wir mit der rechten Pobacke das Sitzfleisch entwickeln, um komplexe Herausforderungen zu lösen? Weit gefehlt! 

 

Verlerne deine Oberflächlichkeit  

Die Wirtschaftswoche schreibt vom ‚Supergau der Ineffizienz‘. Darin heißt es lt. einer Studie von Asana, in der mehr als 13.000 Angestellte weltweit befragt wurden: „Fast 60 Prozent der Zeit wenden die Befragten für Arbeit auf, die nicht direkt mit einem Projekt oder einer Aufgabe zu tun hat.  

Wer oberflächlich arbeitet, verliert auf Dauer die Fähigkeit, konzentriert zu arbeiten.  

Hier habe ich eine super Übung für dich – auch wenn sie dir im ersten Augenblick kontraintuitiv erscheinen mag: Versuche unproduktive Zeiten, Warten ohne sofortige Ergebnisse oder auch Langeweile auszuhalten. Suche in diesen Zeiten keine Ablenkung, d.h. stimuliere nicht deinen Sympathikus-Nerv (‚fight or flight‘). Suche die Entspannung durch Nichtstun (Parasympathikus: ‚rest and digest‘) und lass deine Gedanken schweifen oder beruhige sie (Meditation). Denn wir gieren nach ‚Action‘. Den Suchtfaktor durch Dopamin in Sachen Medien habe ich schon im letzten Artikel erwähnt. Setze dich mit Digital Detox auseinander, um runterzukommen. Im Unternehmen wie auch privat. Mache regelmäßig eine ‚Mediendiät‘. 

 

Tauche langsam ab zum Ort der höchsten Produktivität 

Den Schalter für den Tiefenarbeits-Modus gibt es nicht. Auf Knopfdruck tut sich in der Regel nichts. Also musst du gleiten. Erst herunter von deiner hektischen Geschäftigkeit, der ‚seichten‘ Alltagsarbeit. Danach hinunter in die Konzentration, in die Tiefe, die Raum schafft für das Zusammenspiel deiner exzellenten Fähigkeiten. Nur dort setzen sich die Mosaiksteine für gute Lösungen zusammen und formen sich zu einem ansprechenden Bild. Der tägliche Tsunami der unproduktiven Aufgaben führt leider dazu, dass wir diesen Tiefenraum kaum mehr betreten. Viele verlernen dadurch die Ausschöpfung ihrer Potenziale – zum Teil für immer. 

Stell dir vor, du schaffst es ganz regelmäßig, in Hochkonzentration längere Zeit zu arbeiten.  

  • Du fokussierst dich auf diese eine Sache. 
  • Du begibst dich in den Tunnel und schaltest alles ab, was um dich herum ist und dich von dieser einen Sache ablenkt. 
  • Du kommst in den Flow, weil du mit einer Tätigkeit startest, die dich immer tiefer zieht. Deine Gedanken und Ideen verselbständigen sich. Du holst sie aus der Tiefe deines Wissens und deiner Erfahrung heraus. Und sie ploppen an die Oberfläche wie Kohlensäurebläschen. 

Bis zu 4 Stunden am Tag kann der Mensch das laut Studien im Durchschnitt schaffen. Wow – was wäre dein Output?! Jetzt erkennst du sicher, dass noch viel mehr geht. 

Deep Work ist eine Schlüsselqualifikation. Wenn du sie einsetzt, profitierst du in mehrfacher Hinsicht davon: 

  • Du bist in der Lage komplizierte und komplexe Sachverhalte zu durchdringen, sonst kannst du mit technologischen und anderen Entwicklungen nicht Schritt halten. 
  • Du lieferst deine bestmöglichen Ergebnisse ab, um sinnvolle Beiträge zum Erfolg deines Unternehmens leisten zu können. 
  • Du entwickelst das Hochgefühl des ‚Etwas-Tolles-Geschafft-Habens‘. 

 

So balancierst du Deep und Shallow Work 

Das Gegenteil von Deep Work ist Shallow Work – weniger anspruchsvolle Tätigkeiten, die sich ohne tiefes Nachdenken erledigen lassen. Sie schaffen nicht viel inhaltlichen Mehrwert und sind in der Regel leicht kopierbar. 

 Trotzdem sind sie wichtig. Gerade beim lockeren Austausch mit den Teammitgliedern oder während ‚Management by Walking Around‘. Hierbei kannst du vor allem die zwischenmenschlichen Bedürfnisse wahrnehmen und erfüllen. Die Kunst liegt in der richtigen Balance. Mein Ziel: 75% deep, 25% shallow. Welche Prozentaufteilung ist wohl für dich die richtige? 

Verallgemeinernd eingeschätzt unterscheide ich 3 Rollen: 

  • Umsetzer:in: 25% deep, 75% shallow. Die operative Schlagzahl ist im Vordergrund. Viel läuft nach gelernten Prozessen ab. 
  • Manager:in: 50% deep, 50% shallow. Es geht einerseits um das Am-Laufen-Halten von Systemen und andererseits darum, diese zu verbessern. 
  • Führungskraft: 75% deep, 25% shallow. Wichtige Veränderungen zu überlegen ist die Hauptaufgabe. Der Rest ist Anstoßen und Inspirieren. 

 

3 Strategien für Deep Work nach Cal Newport 

So schaffst du es in den Deep-Work-Modus

  1. Trage dir Deep-Work-Zeiten in deinen Kalender ein 

Sage in den geblockten Zeiten möglichst andere Verpflichtungen ab bzw. verschiebe. Plane ausreichend lange Blöcke ein. Gehe dennoch flexibel damit um, je nach aktuellen Anforderungen, Projekten und Verpflichtungen. Blocke am besten 5-7 Wochen im Voraus, da sich Kalender ruckzuck füllen. 

2. Gehe immer sorgsam mit deiner Zeit und Aufmerksamkeit um 

Wie ein Sportler auf seinen Körper achtet, achte als Wissensarbeiter auf einen geistig gesunden Lebensstil. Achte darauf, was, wann und wieviel du in allen Medienarten konsumierst. Nochmal mit Nachdruck empfohlen: Mache ‚Medien-Diät‘. Du glaubst gar nicht, wie gut man in vielen Situationen ohne Handy auskommt. Achte darauf, nicht immer erreichbar zu sein (z.B. Handy auf lautlos, private Emailadresse). 

3. Schaffe dir Rituale 

Ein bestimmter Kontext (z.B. immer der gleiche Sessel am gleichen Fenster), bestimmte Musik (z.B. vor dem Texten), Bilder von konkreten Kunden bzw. deiner Zielgruppe oder sogar bestimmte Gerüche können dich darin unterstützen, schneller in den Konzentrationsmodus zu kommen. Sie bereiten dich darauf vor, dass im nächsten Schritt Deep Work folgt. Jeder kann seine ganz eigenen Rituale finden. Es soll Leute geben, die sich mit Kopfhörern ins Café setzen und dort in ihre Welt abtauchen. 

 

Der richtige Arbeitsstil – Mehr an Erfolg 

Werde dir bewusst darüber, wie dein aktueller Arbeitsstil tatsächlich ist. Sei ehrlich zu dir selbst. Führe ein paar Tage oder Wochen ein Zeittagebuch. Was wird dann deutlich? Ich habe mir vor Jahren einen einfachen Zeitmanager in Excel gebastelt, in dem ich die unterschiedlichen Aufgaben in meiner Rolle prozentual als Soll und Ist gegenüberstellen kann. Etwa alle 6-9 Monate nutze ich das Tool für einige Wochen, um mich aktuell zu analysieren. Immer waren es die seichten Arbeiten, die zu viel abbekommen haben und daher die tiefgehenden, wirklich wichtigen Aufgaben eben zu wenig. 

Am Ende des Tages möchtest du das Gefühl in dir spüren, etwas Nennenswertes geschafft zu haben: Du hast sinnvoll zum Unternehmenserfolg beigetragen. Deine tollen Fähigkeiten haben Ergebnisse erreicht, auf die du stolz sein kannst. Du hast das Beste aus dir herausgeholt. Genau das hat dich befriedigt. Du hast dich selbst ‚besiegt‘, es aus dir herausgekitzelt. Du vergleichst dich nicht mehr mit anderen. Deine persönliche Bestleistung ist der einzige Maßstab. 

Seit knapp einem Jahr bin ich vom Shallow-Work-Mitläufer zum Deep-Work-Anhänger geworden. Es war ein kräftiges Stück Arbeit – das stimmt. Aber ich habe seither noch niemals so viel in meiner Rolle zum Erfolg von profilingvalues beitragen können. 

Geh es an – gleich heute!

Ulrich Vogel, Patricia Moro


In dieser Serie sind bereits folgende Artikel erschienen:

So befreist du deinen Tag erfolgreich von sinnlosem Kleinkram

Not-To-Do-Liste – Das am meisten unterschätzte Effektivitätsgeheimnis

Der ideale Tag - So gewinnst du die Kontrolle über deine Zeit zurück




Jens Werner

Geschäftsführer bei WW-Brandschutz GmbH

2y

Herzlichen Dank Patricia und Ulli für den Link. Habe mich gerade in den Artikeln orientiert. Beim überfliegen der Inhalte erkenne ich schon die Volltreffer. Einige beschäftigen mich unterbewusst schon seit langem. Ich freu mich auf die tiefe Recherchen. Es wird Licht 😉.

Gabriele Trachsel

Assessment-Center Training & Beratung

2y

Vielen Dank für den tollen Input. Es tut mir gut, immer mal wieder daran erinnert zu werden sich zu fokussieren.

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