Wie bitte?
Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch: Oft versteht man bei der Station in Wales nur Bahnhof. Der skurrile Ortsname will vor allem eines: auffallen.
Es gibt Orte, die leben von ihrem Namen. Fucking in Österreich ist so ein Kaff, in dem sich englischsprechende Besucher gern breitbeinig vors Straßenschild stellen. Oder Strullendorf und Afterhausen, die angeblich bald mit einem Werbespot für Klopapier ihr Geld verdienen wollen. Kotzen, Büchsenschinken, Wassersuppe und Katzenhirn sind ebenfalls nicht zu verachten.
Aber es geht auch kurz und ganz lang. Ee ist ein winziges Kuhdorf in Holland, Å liegt auf den Lofoten, dort wohnen 100 Menschen in 23 Häusern. Y liegt in der französischen Picardie und erlebte vor zehn Jahren eine Bevölkerungsexplosion auf 80 Einwohner, die sich sehr hartnäckig als Ypsiloniens bezeichnen. Da möchte man gar nicht erst wissen, wie die ehrenwerten Bürger von Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch in Wales gerufen werden wollen.
Immerhin weiß dort jeder, warum der Ort so heißt. Ein Schuhmachermeister hatte sich die orthografische Katastrophe um 1850 auf der Insel Anglesey ausgedacht, um das ausgestorbene Nest attraktiver zu machen und die Eisenbahngesellschaft dazu zu bewegen, an der Strecke London–Manchester–Holyhead einen Bahnhof zu bauen.
Sie baute, und wie. Ein viktorianisches Stationshaus, das wie die gesamte Stadt zum Touristenziel wurde. Heute steht der Zungenbrecher im Buch der Rekorde, er ist mit 58 Buchstaben der längste amtliche Ortsname in Europa. Das Schild ist knapp zehn Meter lang und wird ständig geklaut.
Nicht weit davon entfernt hat man ein anderes Schild freiwillig abgeschraubt, auf dem Weg zum Küstenort Fairbourne, kurz vor der Fähranlegestelle Barmouth Ferry. Dort wurden einfach mal neun Schriftzeichen draufgelegt, um für einen Neun-Loch-Golfplatz zu werben. Das Ergebnis einer schnapsbeseelten Nacht ergoss sich in einem Wortbrei, der nur schlecht zu verdauen war: Gorsafawddacha’idraigodanheddogleddollônpenrhynareur-draethceredigion sorgte dafür, dass selbst eine sprachlich akrobatische Zunge aus Wales hilflos gegen die Tonsillen schlug. Die Übersetzung klingt ebenfalls schonungslos: Der Mawddachbahnhof mit seinen Drachenzähnen an der nördlichen Penrhynstraße am goldenen Strande der Cardiganbucht. Vor acht Jahren erhielt die Station auf Druck des berühmten Nachbarn ihren alten Namen zurück. Sie nennt sich jetzt wieder Golf Halt.
Einsame Spitze ist ein Berg in Neuseeland. Eigentlich handelt es sich um ein Hügelchen von 305 Metern, zwischen Hastings und Dannevirke in der Hawke’s Bay. Er trägt den stolzen Namen Taumatawhakatangihanga-koauauotamateauripukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitantahu, was Maori, die Sprache der Ureinwohner, ist und übersetzt Folgendes bedeutet: Der Ort, an dem Tamatea, der Mann mit den großen Knien, der Berge hinabrutschte, emporkletterte und verschluckte, bekannt als der Landfresser, die Flöte für seine Geliebte spielte.
Noch Fragen? Der Maori Ross Scott ließ sich das Wortgeklingel jedenfalls gesetzlich schützen. Sein Stamm besitze das Land seit über 400 Jahren, sagte er, es liege daher im Interesse seiner Sippschaft, die 85 Buchstaben vor unangemessener Benutzung zu bewahren. Sprach er und kaufte sich das lange Elend gegen eine geringe Gebühr. Ich hoffe, für die Ewigkeit, soll Scott hinzugefügt haben.
In Thailand dachte man lange Zeit so ähnlich. Dort existierte viele Jahrhunderte als Hauptstadtname für das heutige Bangkok eine epische Liebeserklärung, die dort heute noch jedes Schulkind auswendig aufsagen kann: Krung Thep Mahanakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Ayuthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udomratchaniwet Mahasathan Amon Piman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit. Es soll sich bei den 168 Buchstaben um 33 hinduistische Wesen handeln, die mit Gott Indra den Himmel bewohnen. Die Rockgruppe Asanee-Wasan hat die Geschichte in einem Song verarbeitet, der Text besteht lediglich aus dem Vorsingen des alten Namens.
Irgendwann wurde der Bandwurmname für Bangkok zerhackt. Punkt, aus. Er zappelte noch ein wenig, dann war endgültig Schluss mit dem Hirngespinst. Die schönste Begründung für den Wortmord lautete: Thailands Post drohte mit Streik.