Auf der letzten Rill EU-Kommission nimmt ESRS-Standards an

Der eine oder die andere war am 31. Juli schon zum Feierabendbier oder zu anderen Getränken übergegangen, als doch noch weißer Rauch aus Brüssel zu sehen war: Die Kommission nahm die von der EFRAG entwickelten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) an. Damit kann und muss jetzt die Umsetzung der CSRD, die Anfang 2023 in Kraft getreten ist, in Schwung kommen. Die nationalen Gesetzgeber in der EU haben dafür bis zum 30.06.2024 Zeit.

Das Paket, dass die EU-Kommission jetzt "adopted" hat umfasst zwei übergreifende "cross cutting" Standards ESRS 1 und 2, fünf Standards bezogen auf die sechs Umweltziele der EU (ESRS E1-E5) , vier Standards, die soziale Belange beteffen (ESRS S1-S4) und ein Standard ESRS G1, der Regelungen zur Berichterstattung über Governance-Aspekte enthält.

Reichlich Text, mündend in 84 disclosure requirements, also Offenlegungsanforderungen mit einer noch viel größeren Anzahl von datapoints, quantitativen und qualitativen Einzelangaben.

Die Würfel sind endgültig gefallen - für rund 15.000 geschätzten Unternehmen in Deutschland: bisherige NFRD-Anwender, alle großen Kapitalgesellschaften, nahezu alle PIEs, also auch alle Genossenschaftsbanken. Die erstmalige Berichterstattung im Lagebericht beginnt mit dem Berichtsjahr 2024 für die schon bisher betroffenen Unternehmen, 2025 für große Kapitalgesellschaften und damit für "große" Mittelständler, mit dem Berichtsjahr 2026 mit einem Opt-out auf 2028 (vermutlich...) für alle vorher nicht betroffenen Sparkassen und Genossenschaftsbanken (und Privatbanken).

Die Anforderungen sind beachtlich. Anzuraten ist, schnellstmöglich ein Projekt aufzusetzen und sich mit Unterstützung durch Experten den Überblick zu verschaffen, einen Zeitplan zu verabschieden und vor allem die Komplexität soweit irgend möglich und zulässig zu reduzieren. Der Schlüssel für die Reduktion der Komplexität ist die "double materiality", also das Abklopfen der ESRSe, was davon wirklich Relevanz für das Unternehmen hat. Doppelte Wesentlichkeit heißt in der Sprache der ESRSe, sowohl die "inside-out" als auch die "outside-in" - Analyse vorzunehmen. Heißt im Klartext: Welche Auswirkung hat die Tätigkeit des Unternehmens auf die ESG-Belange und welche Auswirkungen und Risiken haben z.B. Klimawandel, aber auch alle anderen ESG-Aspekte auf das Unternehmen? Letzteres klingt verdammt ähnlich wie die aktualisierten Anforderungen der Bankenaufsicht nach ESG-Risikomanagement.

In jedem Fall ist bei de Umsetzung der CSRD/ESRSe Augenmaß gefordert und Fokussierung auf das Wesentliche. Kein Mensch hat etwas von 100 Seiten und mehr "Nachhaltigkeitsberichten" - das ist information overkill und rettet keinen einzigen Gletscher oder Eisbären, bringt nichts für die Biodiversität. Das soll kein Abgesang auf die Berichterstattung - im Gegenteil! Man/frau muss bei den zukünftigen Nachhaltigkeitsberichten die Empathie, das ehrliche Bemühen um Nachhaltigkeit spüren können, aber dafür braucht es keine Text- und Tabellenwüsten. Vielmehr braucht es eine saubere und tiefgehende Wesentlichkeitsanalyse, das Fokussieren auf die wirklich entscheidenden ESG-Aspekte und vor allem auch Maßnahmen und deren Evaluierung, die unserem Planeten wirklich dienen, die Mitarbeitern und anderen "Stakeholdern" wirklich nutzen und die die Führung des Unternehmens tatsächlich verbessern.


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