DAX-Konzerne: Unsicherheit statt Mut bei Künstlicher Intelligenz
Die DAX-Konzerne haben (endlich) die Künstlichen Intelligenz (KI) nicht nur für sich entdeckt, sondern setzen diese an vielen Stellen auch schon ein bzw. planen eine zeitnahe intensive Nutzung. Dabei stoßen sie jedoch schnell an die Grenzen des Datenschutzes, der fehlenden Datenkompetenz bei Mitarbeitern und die noch fehlende Dateninfrastruktur für den Einsatz der KI-Technologien. Im Spannungsfeld zwischen Innovation und Regulierung konzentrieren sich die führenden deutschen Unternehmen laut dem aktuellen DAX DIGITAL MONITOR 2024 mal wieder auf das, was sie schon können: Automatisierung für mehr Effizienz und Effektivität bestehender Prozesse. Ob sie so mit und über KI im Wettbewerb der Zukunft bestehen können, wird sich zeigen.
Der DAX DIGITAL MONITOR (www.dax-digital-monitor.de) analysiert auch in seiner neusten Ausgabe 2024 wieder den Stand der Digitalisierung in den Geschäftsberichten der DAX40-Konzerne. Das Themenfeld „Digitalisierung“ hat dabei erneut an Bedeutung gewonnen. Allein der Begriff wurde diesmal insgesamt rund 5.340-mal verwendet, was einer Steigerung von +22 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. 7 DAX-Unternehmen widmen der Digitalisierung inzwischen einen eigenen Berichtsbereich. Und auch das Themenfeld „Künstliche Intelligenz (KI)“ hat in den Berichten deutlich zugelegt. An insgesamt 1440 (Vorjahr: nur 205) Textstellen, wird darauf eingegangen, was einem hohen Zuwachs von Faktor 7 entspricht.
KI ist in den Geschäftsberichten angekommen
Nur 2 (im Vorjahr waren es noch 11) der DAX-Unternehmen erwähnen das Thema „Künstliche Intelligenz“ in der Berichterstattung überhaupt nicht. Im Umkehrschluss ist es somit bei 95 % aller DAX-Unternehmen in den Geschäftsberichten angekommen. Bei näherer Analyse wird insbesondere die generative künstliche Intelligenz bei 23 (58%) der DAX-Unternehmen explizit erwähnt. In dem Vorjahr wurde diese Form der KI noch in keinem einzigen Geschäftsbericht aufgeführt. Im Hinblick auf die Branchen ist deutlich erkennbar, dass sich die DAX-Segmente „Elektronik, Hardware, Software“, „Finanzen“ und „Chemie, Pharma, Medizintechnik“ offensichtlich am intensivsten mit dem Thema KI auseinandersetzen. Das DAX-Segment „Maschinenbau, Verkehr, Logistik“ und alle weiteren Segmente berichten zumindest in deutlich geringeren Umfang zum Thema KI, was jedoch keinen grundlegenden Rückschluss auf die Planung sowie Nutzung und Bedeutung von KI bei den jeweiligen DAX40-Unternehmen zulässt. Deswegen lohnt sich ein Blick ins Detail.
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KI für die Automatisierung von Prozessen
Wenn die deutschen Unternehmen etwas können, dann ist es die Steigerung der Effizienz von unternehmensinternen Prozessen mit dem Ziel eine Optimierung und Automatisierung, um Kosten einzusparen. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn KI in erster Linie in diesem Feld zum Einsatz kommen soll. SAP sieht vor diesem Hintergrund die „generative KI als Erweiterung der Fähigkeiten zur Problemlösung und Effizienzsteigerung“ an und geht davon aus, dass „KI die Grundlage für die Prozessoptimierung“ bietet. Siemens interpretiert sogar die „generative KI als Effizienzsteigerung im gesamten Produktlebenszyklus.“ Die Deutsche Bank formuliert diesbezüglich eine „Erwartung an KI, um betriebliche Abläufe besser zu optimieren.“ Die Hannover Rück geht davon aus, dass „KI die Chance unter anderem für die Automatisierung von Datenverarbeitungs- und Entscheidungsprozessen“ bietet. Für die BASF eröffnet die „Künstlicher Intelligenz zahlreiche Möglichkeiten für höhere Effizienz und verbesserter Geschäftsabläufe“. Für BMW steht ebenso fest, dass schon heute die KI „die operativen Prozesse beschleunigt“ und sieht insbesondere den Einsatz einer bilderzeugenden KI in der Design- und Fahrzeugkonstruktion. Volkswagen sieht ebenfalls ein „hohes Optimierungspotential durch KI in Produktion, Logistik und Qualitätssicherung“ und verfolgt dabei das Ziel, insbesondere autonome Abläufe zu etablieren.
KI für die Entwicklung neuer Produkte
Viel spannender ist jedoch, ob die KI auch für Innovationen im Bereich der Produktentwicklung eingesetzt wird bzw. werden könnte. Doch hier sieht es in den Geschäftsberichten der DAX-Unternehmen deutlich magerer aus. Immerhin, die Telekom will das eigene „Produktportfolio um KI-basierte Lösungen“ erweitern. Infineon sieht eine „überproportionale Wachstumserwartung durch KI bei Elektromobilität und erweiterte Fahrerassistenzsysteme.“ SAP möchte die „Integration der KI in das gesamte Lösungsportfolio“ vorantreiben. Die Commerzbank sieht „KI-Anwendungen als den nächsten großen Innovationsschritt“. Auch BASF bleibt zurückhaltend und spricht „nur“ vom geplanten Einsatz von „KI-Technologien für die Geschäftsmodellentwicklung, Unternehmenskonzepte und -strategien.“ Im Moment sind das alles eher Lippenbekenntnisse für die Zukunft. Die Münchener Rück hat dagegen schon innovative KI-basierte Versicherungsprodukte im Angebot (z.B. aiSure). Auch Bayer setzt KI schon konkreter ein, wie bei der Entwicklung neuartige Saatgutprodukte und sieht zudem ein hohes Potenzial, um die Produktivität in Forschung und Entwicklung zu erhöhen. Beiersdorf möchte mit KI ebenso in der Entwicklung und Optimierung von Produktformeln punkten.
KI für die Schnittstelle zum Kunden
Je weiter man sich mit einer KI dem Kunden nähert, umso dünner wird es in den Aussagen bei den DAX-Unternehmen. Die Deutsche Bank formuliert hierzu im Geschäftsbericht zwar „Erwartung an KI-Kundenlösungen für ein besseres Ertragswachstum“, wird aber nicht konkreter. Fresenius möchte KI in der Schnittstelle zum Kunden einsetzen, um die Erkennung, Therapie und Heilung von Krankheiten zu unterstützen – ohne aber genau zu sagen, wie das passieren soll. Immerhin möchte Henkel die KI einsetzen, um die Echtzeitanalyse der Haare seiner Kunden für hyperpersonalisierte Produkte zu nutzen. Auch Zalando nutzt die KI bereits, um personalisierte Größenempfehlungen für Kunden basierend auf ihren Körpermaßen anzubieten und sieht „zahlreiche Möglichkeiten, wie KI zur Steigerung des Kundenerlebnisses stärker eingesetzt werden kann.“ Auch die Deutsche Börse hat schon erste KI-Kundeanwendungen mit dem OSCAR Collateral Management und dem Settlement Prediction Tool im Einsatz. In der Zusammenfassung kann aber festgehalten werden, dass der KI-Einsatz auf der Markt- und Kundenseite noch deutlich dem Einsatz bei internen Prozessen nachläuft. Dies kann sicherlich in Verbindung zu der Unsicherheit eines Konfliktes von KI-Anwendungen mit der DSGVO auf der Kundenseite in Beziehung gesetzt werden.
Partner & Market Lead Life Science at msg industry advisors ag
5 TageFaszinierende Analyse des aktuellen DAX DIGITAL MONITOR 2024! 🚀 Der zunehmende Fokus der DAX-Unternehmen auf KI zeigt, dass wir an einem entscheidenden Wendepunkt stehen: Wie können Unternehmen KI nutzen, um nicht nur Prozesse zu optimieren, sondern auch Innovationen voranzutreiben und Kundenerlebnisse zu revolutionieren? Dieses Spannungsfeld zwischen Effizienzsteigerung und Innovationspotenzial thematisiere ich auch in meinem neuen Buch, „Beraterleben im Wandel – Vom Handwerk zur KI-getriebenen Zukunft“. Besonders spannend finde ich, wie Berater heute Unternehmen dabei helfen können, KI-Strategien zu entwickeln, die über reine Automatisierung hinausgehen und neue Geschäftsfelder erschließen. Ein zentraler Punkt im Buch ist die Frage: Welche Rolle spielt der Mensch in einer KI-dominierten Welt? Die DAX-Unternehmen stehen nicht nur vor technologischen Herausforderungen, sondern auch vor der Notwendigkeit, Datenkompetenzen aufzubauen und den Einsatz von KI mit Datenschutz- und ethischen Überlegungen in Einklang zu bringen. #KI #Digitalisierung #Innovation #Beratung #ZukunftGestalten