Die 7 Barrieren auf dem Weg zum digitalen Gesundheitswesen (Teil 7)

Die 7 Barrieren auf dem Weg zum digitalen Gesundheitswesen (Teil 7)

Die 7 Barrieren auf dem Weg zum digitalen Gesundheitswesen

Fortsetzung Teil 7

Warum geht die Digitalisierung unseres Gesundheitswesens nur schleppend voran? Viele sagen, der zu restriktive Datenschutz sei die Hauptbarriere. Machen wir es uns damit zu einfach?

Ich glaube, es gibt weitere Barrieren, über die man tlw. nicht spricht, die aber unsere Haltung beeinflussen. Heute geht es im 7. und letzten Teil um den Konflikt der Politik zwischen richtigen Entscheidungen und Popularität auf dem Weg zu einer digitalen Gesundheitswelt.

7.   Politikbarriere – Stimmen statt stimmig:

In unserer demokratischen Staatsverfassung ist ein Politiker nur so mächtig, wie sie/er bzw. die jeweilige Partei Wählerstimmen erhält. Die Frage eines politisch denkenden Menschen lautet also nicht (ausschließlich), was ist die richtige Entscheidung für mein Unternehmen bzw. für meinen Wahlkreis oder für einen Expertenbereich wie das Gesundheitswesen, sondern welche Entscheidung bringt die meisten Wählerstimmen. Auf den Punkt gebracht. In der Sache richtig, aber dem Wähler nicht überzeugend vermittelt, führt in den politischen Selbstmord. Es sind die exzellenten Führungspersönlichkeiten, die es vermögen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, auch unpopuläre und dennoch die Zustimmung der Bevölkerung bzw. der relevanten Zielgruppe erhalten. Dafür braucht es eine klare und stabile Werteorientierung, Aufrichtigkeit und den Willen, das Für und Wider der Argumente am Gesamtwohl der Gesellschaft bzw. der Belegschaft zu orientieren. Für ein stimmiges Ergebnis eben.

Ein Beispiel. Unsere Krankenhausstruktur ist historisch gewachsen und verfügt über zahlreiche kleine Häuser oftmals in kommunaler Trägerschaft. Diese können größenbedingt weder wirtschaftlich noch qualitativ sehr gute medizinische Ergebnisse liefern. Für eine optimale Versorgung müssten solche Kliniken geschlossen werden oder in andere Versorgungseinrichtungen z.B. Tageskliniken oder Pflegeeinrichtungen umgewandelt werden. Es entsteht ein schwieriger Konflikt zwischen gesamtübergreifenden ordnungspolitischen Argumenten (stimmig) und regionalpolitischen Interessen (Stimmen). Der regionalen Bevölkerung wird häufig suggeriert, dass durch die Schließung des Krankenhauses die medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet ist. Die Angst der Bevölkerung ist nun der Nährboden für Wählerstimmen, die für den Erhalt des regionalen Krankenhauses kämpfen. Menschen werden im Extremfall manipuliert und so mobilisiert. Ähnlich wie bei regenerativen Energien, bei der viele für den Ausbau er Windkraft sind, aber nur wenige in ihrer unmittelbaren Wohnumgeben.

Zurück zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. Auch hier prägen verschiedene Betrachtungsebenen die Meinungsbildung in der Gesellschaft. Was man für das Gesamtsystem als richtig erachtet, lehnt man für sich persönlich u.U. ab. Hier ist es die Aufgabe der Politik, die gesellschaftliche Haltung zur Digitalisierung im Gesundheitswesen positiv zu beeinflussen und dafür auch mal „hart am Wind“ der populistisch aufgeladenen Gegenmeinung zu segeln. Das aber setzt einerseits notwendige Kenntnisse über das Gesundheitssystem voraus und kostet zudem viel Kraft. Vor allem, wenn Fehlinformationen, Verzerrungen von Argumenten und auch subjektive Eindrücke die Meinungsbildung bei den Wählern stark beeinflussen. Politiker, die für ein stimmiges und auch zukünftig funktionierendes und finanzierbares Gesundheitswesen sind, kämpfen für ein digital affines System, in einem offenen Austausch der Argumente. Wer Wählerstimmen sucht, ist in Versuchung, seine Meinung populistisch zu riskieren im Tauch gegen Wählerstimmen. Vor allem bei einer alternden Gesellschaft dominieren dann schnell Themen der alten und nicht die Themen der Jungen Generation. Stimmen siegen über „stimmig“. Vergangenheit über Zukunft. Analog über digital.

Ich weiss nicht, ob der Verfasser dieser Serie in dieser Hinsicht mal Vergangenheitsbewältigung in Betracht gezogen hat: https://t.co/E9Oj5kE9Ib Inzwischen ist die Denke ja weniger national:

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Thomas Eberhard

Twin-Transformation Digitalisierung & Nachhaltigkeit/ESG, IT-Strategie, Restrukturierung, Beirat, Aufsichtsrat, Business Coach, Diplomatic Council, Querwechsler, Start-up Juror, Supervisory and Advisory Board

1 Jahr

Vielen Dank Hajo für diese echt klasse Serie. Die hier von Dir beschriebene Politikbarriere sehe ich über das Gesundheitswesen hinaus in den meisten Bereichen den öffentlichen Diensten

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