7 Barrieren auf dem Weg zum digitalen Gesundheitswesen (Teil 2)
Die 7 Barrieren auf dem Weg zum digitalen Gesundheitswesen (Teil 2)
Warum geht die Digitalisierung unseres Gesundheitswesens nur schleppend voran? Viele sagen, der zu restriktive Datenschutz sei die Hauptbarriere. Machen wir es uns damit zu einfach?
Ich glaube, es gibt weitere Barrieren, über die man tlw. nur nicht spricht, die aber unsere Haltung beeinflussen. Heute geht es in Teil 2 um unnötige Ressourcenverschwendung.
2. Essstörungsbarriere – all you can eat
Unser Versorgungsnetz besteht aus ca. 1.900 Krankenhäusern, ca. 180.000 ambulanten Ärzten und Therapeuten sowie ca. 19.000 Apotheken. Teure Infrastruktur, z. B. CT, MRT, Labore, wird in spezialisierten Einheiten betrieben, um höchste Versorgungsqualität zu geringen spez. Kosten zu erhalten.
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Was ursprünglich die Lösung für eine kosteneffiziente Gesundheitsversorgung war, entwickelt sich zunehmend selbst zum Problem, denn heute entscheidet nicht immer der notwendige Bedarf über die Versorgung des Patienten, sondern das verfügbare Angebot und der Auslastungsdruck. Zudem gibt es ohne ePA keine Transparenz über die Gesundheitshistorie, wodurch es zu Mehrfachuntersuchungen, ungewollten Wechselwirkungen und unnötigen stationären Aufenthalten kommen kann. Leistungserbringer handeln daher oft nach der Devise „viel hilft viel“ oder „doppelt hält besser“ und der Patient fühlt sich bestens versorgt. So bringt man es u. a. zum Europameister im Herzkathetern.
Stellen wir uns einen Restaurantbesuch vor. Der Kellner stellt uns nach gründlicher Anamnese ein tolles Menü zusammen. Am Ende verschreibt er – vielleicht auf Drängen des Restaurantbesitzers - noch ein Dessert und einen Espresso. Die Rechnung aber begleicht ein Dritter. Gäste und Gastronomen wären zufrieden und die Nachfrage würde steigen, Wartezeiten nähmen zu, man bräuchte bald mehr Restaurants, Köche, Kellner und Budget, um das Volk hochwertig und qualitätsgerecht zu ernähren.
In dem Beispiel sind, wie im Gesundheitswesen, Handeln und Haften getrennt. Es gibt weder Appetitzügler noch Magenband. Wer viel Leistung erbringt, hat höhere Einnahmen und i.d.R. ein besseres Ergebnis. Über viele Jahre hat sich so die Angebotsstruktur verdichtet, die nun, umgekehrt, auch ausgelastet werden muss. Wir haben uns einen Kostenpegel „angetrunken“, von dem wir nicht so schnell runterkommen. Digitalisierung bringt Transparenz und vermeidet so u.a. Doppeluntersuchungen. Mobile Geräte, sogenannte Devices, können ergänzend eingesetzt werden und ersetzen Großgeräte. Geräteauslastung und Einnahmen der Leistungserbringer gingen zurück. Ein Kollaps droht.
Wir brauchen eine „Suchttherapie“, um von der ökonomischen Abhängigkeit teurer und tlw. schädlicher Überversorgung los zu kommen. Gleichzeitig würden so aber dringend benötigte Ressourcen gewonnen und Wartezeiten auf Untersuchungstermine verkürzt. Auf ein Normalmaß „runtergepegelt“ wären wir vermutlich angebotsseitig schon heute für die wachsende Nachfrage unserer alternden Gesellschaft gut aufgestellt. Wir haben es nur noch nicht gemerkt.
Precision Medicine, Real-World Data / Evidence, immune system, multiomics and artificial intelligence (AI)
1 JahrHajo Hessabi was für ein trefflicher Vergleich!