Digitale Transformation des Gesundheitswesens: Für den Erfolg sind reglementierte und schablonenhafte Denk- und Handlungsstrukturen zu überwinden
Das Angebot ist größer als die Nachfrage
Immer mehr digitalmedizinische Angebote in Form von Sensoren, Apps, Geräte, internetmedizinische Portale und intelligente Software-Lösungen streben in den Gesundheitsmarkt. Ihre Akzeptanz und Anwendung durch Mediziner ist jedoch – trotz des großen Nutzens, der für die Patientenversorgung, aber auch für das Management von Gesundheitsleistungen existiert – noch gering. Es herrscht Skepsis statt Innovations-Bereitschaft.
Die Gründe der Innovations-Blockade
Ein Hindernis für die digitale Entwicklung sind die immer wieder festzustellenden stark reglementierten, fast schablonenhaften Denk- und Handlungsstrukturen, die in weiten Teilen des Gesundheitsbereichs herrschen und das Entstehen eines Innovations-Klimas behindern. Sie resultieren vor allem aus drei Gegebenheiten:
(1) Das medizinische Handeln ist zu einem großen Teil durch Leitlinien, Vorgaben und Standards bestimmt. Diese Ordnung bietet einerseits Sicherheit, Orientierung und Komfort, hat aber gleichzeitig zu einer ausgeprägten passiv-reaktiven Einstellung geführt, d. h. man wartet auf die „Freigabe“ durch die jeweils zuständigen Instanzen ehe man überhaupt daran denkt, aktiv wird. Ohne diese Gatekeeper-Absolution und eine überzeugende Anzahl an realisierten Projekten existiert deshalb nur bei Early Adoptern eine Resonanzboden für die Anwendung von Digital-Lösungen.
(2) Darüber hinaus ist die Grundstruktur der Arbeit von Medizinern, vor allem im Management-Bereich, stark durch Routinen geprägt, die nur selten revidiert werden. Veränderungs-Versuchen wird meist mit dem Argument begegnet, das man doch immer schon so gehandelt habe. Routinen werden oftmals selbst dann beibehalten, wenn sie mit spürbaren Belastungen verbunden sind. Der Beweggrund ist hierbei, dass die unkalkulierbaren Folgen einer Veränderung weitaus risikoreicher erscheinen als die akut erlebten Beeinträchtigungen. Argumente der Digital-Anbieter wie Arbeitserleichterung oder bessere Patientenversorgung greifen deshalb häufig gar nicht.
(3) Hinzu kommt: die Regelungen und Instrumente des Qualitätsmanagements haben einerseits zwar zu einer Verbesserung des gesamten Handlungsrahmens im Gesundheitswesen beigetragen, gleichzeitig wird die Implementierung der Systeme von vielen Akteuren so interpretiert, dass man hierdurch alles Notwendige für eine optimale Versorgung getan habe und sich, da man QM-definiert up to date ist, um nichts mehr kümmern muss. Vor diesem Hintergrund wird für Veränderungen kaum eine Notwendigkeit gesehen.
Der Turnaround
Die Aufgabe für Anbieter von digitalmedizinischen Lösungen besteht nun darin, ein Verständnis dafür zu schaffen, dass Regeln und Standards einen Gestaltungsrahmen beschreiben, innerhalb dessen man durchaus selbst aktiv werden kann und das auch zur weiteren Verbesserung der medizinischen Versorgung und im Hinblick auf die Erleichterung der eigenen Arbeit sowie zur Erfolgssteigerung tuen sollte. Der Weg hierhin führt z. B. über Fallschilderungen, die konkret beschreiben, was einzelne Akteure konkret getan haben, um Digital-Lösungen zu implementieren und welche Effekte hieraus resultieren. Je anschaulicher und plastischer das geschieht, je umfangreicher die Referenz-Fälle sind und je konsistent-nachhaltiger ihre Kommunikation ist, desto eher wird es gelingen, die Leistungserbringer zu motivieren, einem Blick über den Tellerrand der mentalen Selbstbeschränkung zu werfen.
Weiterführende Informationen und Hilfestellungen zum Thema:
d-change©: Digitalisierung der Arztpraxis – Alle Beiträge in der Übersicht (http://bit.ly/2hshi76 )
d-change©: Digitalisierung des Gesundheitswesens – Alle Beiträge in der Übersicht (http://bit.ly/2l2S1Cq )