Ein Plädoyer für den Nachwuchs
In vielen Teilen Europas blickt die Jugend einer ungewissen Zukunft entgegen. Obwohl gut ausgebildet, fehlt es an qualifizierten Jobs. Die Zahlen nehmen bisweilen schwindelerregende Höhen an. Spitzenreiter sind Griechenland und Spanien mit einer Jugendarbeitslosigkeit von über 53 Prozent. In der gesamten EU beträgt die Quote über 20 Prozent. Viele Regierungen befürchten soziale Unruhen, werden kurz- und mittelfristig keine Lösungen gefunden, um den jungen Menschen neue Perspektiven zu eröffnen. Von den Zahlen der EU sind wir in der Schweiz mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 3,6 Prozent weit entfernt.
Doch auch bei uns wurde im vergangenen Jahr eine Zunahme verzeichnet. Warnsignale aus der Finanzbranche sind deutlich zu hören. Die Wirtschaftsprognosen waren schon mal besser.
Doch trotz trüber Prognosen klagen verschiedene Branchen in der Schweiz über mangelnden Nachwuchs, da sich die jüngere Generation nicht für die entsprechende Fachgebiete interessiert. Ganz vorne mit dabei ist die IT-Branche. Eine bereits 2012 vom Berufsverband ICT-Berufsbildung Schweiz herausgegebene Studie zeigt, dass ohne Gegenmassnahmen bis 2020 rund 25’000 ICT-Fachkräfte fehlen werden. Am stärksten betroffen ist der Bereich Software-Entwicklung. Gelingt es nicht, die Abwärtsspirale zu stoppen, werden laut dem Verband ganze ICT-Dienstleistungszweige ans Ausland verloren gehen. Als einer der grössten Schweizer Software-Unternehmen sind wir nicht nur in der Pflicht, sondern es ist uns ein zentrales Anliegen, diesen Missständen entgegenzuwirken. Dabei stellt sich mir mit selbstkritischem Blick auf die IT-Branche die Frage, was denn in den letzten Jahren schief gelaufen ist.
Vielfältige Ursachen für den Fachkräftemangel
Als in den 80er-Jahren Niederlassungen grosser amerikanischer IT-Firmen wie Pilze aus dem Boden schossen, herrschte bei den Jungen Goldgräberstimmung. Der amerikanische Traum wurde in der bis anhin eher konservativen Schweiz plötzlich greifbar. Die IT-Branche setzte einen Farbtupfer zu den bislang meist stark hierarchisch und patriarchalisch geführten Unternehmen. Die Löhne waren gut, die Unternehmen jung und auch Quereinsteiger schafften es, sich zu etablieren. Mit dem Boom der Branche zogen auch die Hochschulen mit. 1987 wurde von der ETH Zürich erstmals ein Studiengang für Informatik angeboten. Mitte der Neunziger bis Anfang des neuen Jahrtausends verzeichnete dieser Studiengang stets steigenden Zulauf. 2002 wurde mit über 300 Studierenden der Spitzenwert erreicht, danach folgte der Sinkflug. In den letzten Jahren hat sich die Zahl bei rund der Hälfte eingependelt. Die Gründe für die mangelnde Begeisterung unserer Jugend sind vielfältig. Sicher ist da die Tatsache, dass die jüngere Generation bereits als Anwender mit der Informatik gross geworden ist. Konnte uns vor 30 Jahren ein Terminal mit Funktionstasten noch begeistern, braucht es heute keine Computerkenntnisse mehr, um sich mit einem digitalen Gerät zu vergnügen.
Der Einstieg in die digitale Welt ist Erlebnis und Faszination,
die Technik dahinter interessiert wenig. Für die jüngere Generation ist der tüftelnde Nerd vor dem Computer uncool, genauso wie der Begriff «Informatik» etwas altbacken daher kommt. Hinzu kommt, dass auch die Volks- und Mittelschulen das Thema Informatik seit Jahren vernachlässigen. Obwohl heute in vielen Schulzimmern ein Computer steht, wird dieser mehr als Handschriftersatz eingesetzt als für erste Programmierversuche.
Das Fach Informatik ist kein Pflichtfach und die meisten Lehrkräfte verfügen über ungenügende Kenntnisse, um dieses überhaupt unterrichten zu können.
Hier besteht Handlungsbedarf. Aktiv wurde beispielsweise der Kanton Zürich, in dem auch die höchste Dichte an ICT-Arbeitsplätzen besteht. Hier wurde 2011 ein 3-Punkte-Programm verabschiedet. Dieses sieht vor, dass Lehrpersonen besser in der Informatik ausgebildet und sie wie auch die Eltern und Berufsberater umfassend über die heutigen IT-Berufe aufgeklärt werden. Entstanden sind Kampagnen wie IT-Dreamjobs oder Publikumsanlässe wie ICT-Skills. Zürich zeigt, dass die Politik eine Schlüsselrolle einnimmt.
Eigenverantwortung wahrnehmen
Doch in die Verantwortung nehmen müssen wir uns in erster Linie selbst – die Unternehmen in unserer Branche. Die Nachwuchsförderung muss wie im Sport eine zentrale Rolle in der Unternehmensführung einnehmen. Während in industriellen und gewerblichen Branchen der Lernende schon immer eine hohe Bedeutung hatte, wurde dem Nachwuchs in unserer jungen und globalisierten Branche lange Zeit zu wenig Beachtung geschenkt.
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sind gemäss des ICT-Berufsverbandes 3000 neue ICT-Ausbildungsplätze nötig. Dies bedeutet fünf Lernende auf 100 ICT-Beschäftigte. Wir bei Sage erfüllen dieses Soll. Gleichzeitig sind wir Teil der Luzerner Fachkräfteinitative, um unserem Unternehmen und indirekt der Softwarebranche bei jungen Talenten ein Gesicht zu geben. Denn wir sind auf sie angewiesen. Was mich dabei immer wieder am meisten freut, ist, dass uns junge Ausgebildete die Treue halten und ihr Spirit und ihre Ideen in unsere Software-Produkte einfliessen.
Der Einsatz für den Nachwuchs ist eine der wichtigsten Investitionen in unsere Wirtschaft!
Denn eine Abwanderung von Arbeitsplätzen kann sich unsere Branche und die Schweiz als Dienstleistung Hochburg schlicht nicht leisten. Damit uns das gelingt, braucht es ein noch stärkeres Zusammenspiel von Politik und der ICT-Branche.
Venture Partner | Global AI Strategist & Advisor | Investor | Author | High Latitude Explorer, Adventurer & Navigator | Bündner
9 JahreSuper Plädoyer für unseren ICT Nachwuchs! Helfe mit!
Increasing turnover and profits, overcoming crises and tackling non-routine tasks for you
9 Jahreund gebt den Jungen eine Chance; was unsere Generation als Quereinsteiger konnte, packt heute auch ein Junger ohne Matura!