Gebäude ohne Öl und Gas - Teil X, solare Sanierung
Im letzten Beitrag hatte ich ein vollautarkes Gebäude vorgestellt - die Auenwerkstatt. Betrieben alleine durch die Sonne, Holz als Wärme- und Kühlspeicher....
Heute etwas komplett anderes - ein historisches Gebäude, das
Haus Marienstein:
Wenn man ein historisches Gebäude sanieren will stellt sich immer die Frage wie man eine moderne, warme Behaglichkeit erreichen kann. Und wie man mit den Fenstern umgehen soll. Die 'normale' Antwort ist meistens: Fassadendämmung und ein Ersatz der Fenster. Das Ergebnis ist oft...traurig. Oder sehr aufwendig. Oder gleich beides.
Wir sind deswegen einen völlig anderen Weg gegangen - wieder gemeinsam mit den Energieplanern FIN - Future is Now! die dieses Herangehen erst möglich gemacht haben:
Die Fassade wird _nicht_ gedämmt (!). Und die 120 Jahre alten Fenster werden 'nur' saniert, verbessert - und wieder eingebaut. Das bedeutet dass die Fassade genau so bleibt wie sie jetzt ist - und dass wir das Gebäude aber trotzdem auf das Niveau eines Neubaues von vor etwa 20 Jahren heben. Und es (indirekt) auch noch zu einem guten Teil durch die Sonne betreiben.
Wie funktioniert das?
Die bestehenden Holztramdecken waren 'sowieso' zu ersetzen - sie hängen stark durch, sind statisch nicht mehr leistungsfähig genug und schalltechnisch nicht in den Griff zu bekommen. Wir werden diese Decken deswegen durch Betondecken ersetzen und diese bauteilaktivieren. So können wir auch vorhandene Niveauunterschiede ausgleichen und teilweise sogar auf einen klassischen Fussbodenaufbau verzichten.
Diese Betondecken werden mit den historischen Aussenmauern verzahnt _damit_ die in den Decken gespeicherte Sonnenwärme in die Aussenmauern fließen kann. Auf diese Art heben wir die Temperatur der inneren Wandflächen, verhindern Kondensatbildung und ermöglichen so auch den Erhalt der historischen Fenster. Angetrieben wird das System durch eine völlig normale Wärmepumpe die ihre Wärme durch eine Tiefenbohrung erhält und (zum großen Teil) über Solarstrom angetrieben wird.
Auf der architektonischen Seite kommen wir ebenfalls mit einem relativ einfachen Eingriff aus: die bestehende, gewendelte, viel zu enge und steile Stiege wird abgebrochen. Wir 'schneiden' dann eine neue Stiege in den Bestand - diese wird durch ein 2,5 Geschosse hohes 'Möbel' begleitet das gleichzeitig als Raumtrenner, Stauraum und Absturzsicherung dient. Dieser Einschnitt wird wieder erst durch die neuen Decken möglich.
Dieser Stiegeneinschnitt plus die als 'moderne Schublade' in den Bestand gestellte neue Küche sowie ein neues Liegefenster sind die einzigen Eingriffe im Wohngeschoss - alle anderen Anteile bleiben erhalten, so auch eine alte Kapelle.
Im Obergeschoss wird ein bisher ungenutzter Dachraum mit einem gut gedämmten 'Holzmodul' aufgewertet und ein Bad eingebaut. Auch hier wird so viel wie möglich erhalten - so zum Beispiel die geschitzte Holztramdecke des Turmzimmers. Diese wird vorsichtig im Dachraum 'überdämmt'.
An der Fassade wird man so nur an dem neuen Eingang im bisherigen Untergeschoss und an dem neuen Liegefenster erkennen dass das Gebäude saniert wurde - ein wie wir denken recht vorsichtiges Herangehen:
Also: Sanierung im historischen Bestand ist möglich - nachhaltig, solar und pragmatisch!
Damit genug für heute - im nächsten Beitrag wird es um einen 'normalen' Neubau gehen: einen Bauernhof (Permakultur!) der bauteilaktiviert und teilweise in Selbstbauweise errichtet wird. Dieser kann als Nachweis dienen, dass Bauteilaktivierung und Holzbau für völlig 'normale' Gebäude sinnvoll sind.
Chef
3 Jahre...und es ist eine Freude, wenn die Bauherrin so einfühlsam "mitgeht"! Ein Projekt, das viel Kopfzerbrechen aber auch SEHR viel Freude macht!