German Kaufmann - mittelständisch erfolgreich und vorbildlich

German Kaufmann - mittelständisch erfolgreich und vorbildlich

Wer sind die Personen hinter dem erfolgreichen deutschen Mittelstand? Was zeichnet sie aus? 

 

Während im In- und Ausland regelmäßig über den deutschen Mittelstand berichtet wird, finden die zentralen Personen hinter den Unternehmen wenig Beachtung. Viel lieber berichten Medien von Startup-Unternehmern, als von den Lenkern der mittelständischen, meist familiengeführten Firmen. Doch dabei repräsentieren gerade sie den zentralsten Wirtschaftsfaktor in Deutschland und die Mehrzahl aller Unternehmen. 

Gemäß dem Bonner Institut für Mittelstandsforschung sind etwa 95 Prozent aller deutscher Betriebe Familienunternehmen, in denen entweder der Gründer oder seine Erben nicht nur dominierende Gesellschafter, sondern auch operativ an der Unternehmensleitung beteiligt sind. Diese Unternehmen repräsentieren ca. 41 Prozente des Umsatzes aller deutschen Unternehmen bzw. 57 Prozent aller Arbeitsplätze. 

Und dies sind nicht nur die soliden kleinen Handwerksbetriebe und Selbständigen. Mit über 12.500 familiengeführten Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 50 Mio. und 1,5 Mrd. Euro kann Deutschland auf fast dreimal soviel Leistungsträger wie unser linksrheinischer Nachbar Frankreich verweisen. Entgegen der weit verbreiteten Ansicht stellen Familienunternehmen zudem ein bedeutendes Phänomen an deutschen Aktienmärkten dar. Mit Ausnahme der Finanztitel handelt es sich bei der Hälfte aller börsennotierten Unternehmen um  Familienunternehmen. 

Doch was ist nun mit den Lenkern des deutschen Mittelstands - den hier einfach als "German Kaufmann" oder "German Kauffrau" bezeichneten geschäftsführenden Gesellschaftern mittelständischer Betriebe. Die Wortwahl "German Kaufmann" soll dabei für beide Geschlechter (!) eine Symbiose aus zwei zentralen Phänomen der deutschen Wirtschaft sein: den vom Ausland titulierten "German Mittelstand" mit dem von uns in Deutschland definierten "ehrbaren Kaufmann".

Starten wir mit den Lenkern des "German Mittelstands". Sie beweisen ihre weltweite Führungsrolle durch ihre Kundenorientierung unter gleichzeitiger, kontinuierlicher Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette . Während andere Probleme als unlösbaren Barrieren sehen, analysieren und verstehen Mittelständler ihre Herausforderungen, um sie dann mit pragmatischen Lösungen zu überwinden.  Dabei sind die Unternehmen meist hoch fokussiert und effizient, während sich Großkonzerne gerne in eine Vielzahl unterschiedlicher Geschäftsfelder und Komplexitäten verlaufen. Deutsche Familienunternehmen wissen laut der internationalen Presse genau, wie man eine Sache richtig und profitabel macht. 

Der Firmenlenker, also der "German Kaufmann", initiiert, steuert und kontrolliert diese Ausrichtung der Kunden- und Kostenorientierung. Er schafft den Rahmen, in dem von der Strategie, der Vision, der Kultur, der Organisation aber auch des täglichen Umgangs mit Herausforderungen alle Mitarbeiter und Geschäftspartner den gleichen Fokus bekommen: Die Umsetzung kostenorientierter Mehrwerte für die Kunden als Quelle der unternehmerischen Rentabilität und Liquidität. 

Das Handelsgesetzbuch (§§ 1 bis 3 HGB) nennt als „Kaufmann“ all jene Personen, die ein Handelsgewerbe betreiben, eine Firma führen oder in das Handelsregister eingetragen sind. Der „German Kaufmann“ ist aber viel mehr: Er haftet nicht nur als Organ (also als Geschäftsführer, Vorstand oder Aufsichtsrat) für seine Handlungen, sondern auch mit seinem Familienvermögen. 

Man könnte diesen "Firmenlenker" lediglich als "Unternehmer" bezeichnen, doch findet sich in vielen familiengeführten Unternehmen ein weiteres Phänomen:  dem des "ehrbaren Kaufmanns".  Getreu dem Motto "Ein Mann, ein Wort", zeichnet sich ein ehrbarer Kaufmann (z.B. gemäß der Versammlung eines ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V.; siehe www.veek-hamburg.de) als fair,  verlässlich mit Handschlag Mentalität, weltoffen, freiheitlich orientiert sowie mit fundiertem kaufmännischen Urteilsvermögen aus. Oder wie sagte schon Robert Bosch: "Die anständigste Art der Geschäftsführung ist auch die beständigste." 

„Der ehrbare Kaufmann stützt sein Verhalten auf Tugenden, die auf langfristigen wirtschaftlichen Erfolg abzielen, ohne den Interessen der Gesellschaft zu schaden“ (Zitat des ehemaligen DIHK Präsidenten Hans Heinrich Driftmann). Dieses Verhalten war Jahrhunderte lang die einzige Garantie eines geordneten Geschäftslebens gegenüber den Risiken im internationalen Handel. Heute ist jedoch dieser "ehrbare" Ansatz  vor allem in größeren, rein von Managern geführten Unternehmen in Vergessenheit geraten. Hier gilt eher das Motto "was interessiert mich meine Aussage von gestern" oder noch schlimmer "ich wechsle ehedem in zwei Jahren wieder meinen Arbeitgeber". Als Konsequenz zeigt sich nicht selten ein egoistisches und rücksichtsloses Verhalten gegenüber Mitarbeitern, Lieferanten, Aktionären und unserer natürlichen Umwelt. Dann sind „Mitarbeiterorientierung“ und „Kundenorientierung“ nur noch oberflächliche Pseudo-Ansätze.  Nicht so die Mehrzahl deutscher Familienunternehmer als "German Kaufmann". Sie benötigen keine (neuen) Managementmodelle wie „Customer Relationship Management“ (CRM) oder gar "Corporate Social Responsibility" (CSR), denn sie wissen von ihrer besonderen gesellschaftliche Rolle und ihrer Verantwortung für ihre Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden.  Ihr Leitbild ist der Einklang vom individuellem Gewinn mit der Leistung für Unternehmen und Gesellschaft - gerade in Zeiten eines häufig negativen Unternehmerbilds in Presse und öffentlicher Meinung. 

Warum finden wir in Deutschland gerade diese Mischung aus mittelständischen, ehrbar handelnden, operativen Gesellschaftern? Viele Gründe sind hierfür verantwortlich. Mit dem Begriff „German Kaufmann“ bzw. die „German Kauffrau“ soll daher eine Diskussion gestartet werden, die all die historischen und aktuellen Erfolgsfaktoren zu diesem Themenkomplex sammelt und analysiert. Zu betrachten wären dabei Aspekte wie die deutsche Reformation und Aufklärung, der historische und aktuelle Föderalismus, die Rolle der Politik seit 1945, die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern, die Bedeutung der Verbände und Wirtschaftsorganisationen aber vor allem auch die Strukturen und Beziehungen innerhalb der Gesellschafterfamilien. Dies ist ein sehr breites und fakultätsübergreifendes Spektrum mit historischen betriebswirtschaftlichen Inhalten, aber auch Impulsen aus der Familienethik und Sozialwissenschaft.

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