Gesetzlich Krankenversicherte erleben sich laut Studie als Kostenfaktor
Unter den Mitgliedern gesetzlicher Krankenversicherungen haben drei von vier (77 Prozent) den Eindruck, sie würden von ihrer Krankenkasse vor allem als wirtschaftlicher Faktor gesehen, bei dem nicht das Wohl, sondern die Kosten im Mittelpunkt stehen. 86 Prozent sagen der Arzt solle über die beste Behandlung entscheiden, weniger die Krankenkasse. Und sogar 93 Prozent der Befragten finden, die Prüfung von Qualität, Kosten und Leistungen sollten durch eine unabhängige Instanz erfolgen statt durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Das gehört zu den Ergebnissen einer jüngst durchgeführten, repräsentativen Online-Befragung im Auftrag der Asklepios Kliniken.
Versicherte finden Behandlungsergebnis wichtiger als Klinikausstattung
Auch bei anderen Aspekten unterscheiden sich die Vorstellungen der Mitglieder deutlich von denen ihrer Versicherung. So ist jedem zweiten GKV-Versicherten bei der Wahl eines Krankenhauses die Ergebnisqualität wichtiger als die Strukturqualität. Bei letzterer zählt, ob es zu Komplikationen kam oder Zweitoperationen notwendig werden. Für 42 Prozent ist beides gleichermaßen wichtig. Alleine für die Strukturqualität, dem Favoriten der Kostenträger, bei dem überprüft wird, wie Praxen und Kliniken mit Mitarbeitern, Ärzten, Spezialisten und medizinischen Geräten ausgestattet sind, sprechen sich nur acht Prozent aus.
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Zahl der Krankenkassen deutlich unterschätzt
Ich möchte niemanden mit der Studie langweilen. Es finden sich dort noch eine Reihe aufschlussreicher Ergebnisse bei den Bereichen Information und Transparenz, die sich Interessierte unter dem Link oben ansehen können. Frappierend aber fand ich, dass mehr als die Hälfte der GKV-Versicherten davon ausgeht, dass es weniger als 50 Krankenkassen in Deutschland gibt – tatsächlich sind des etwa doppelt so viele. Dass die Zahl so sehr unterschätzt wird, hängt womöglich auch damit zusammen, dass es so viele Kostenträger überhaupt nicht bräuchte. Mehrere Anbieter, also eine Handvoll bis maximal ein Dutzend ergibt sicher mehr Sinn als eine Einheitsversicherung, weil der Wettbewerb zu besseren Angeboten und Leistungen führt, aber braucht man dafür 100? Wohl kaum!
Nur ein Kommunikationsproblem?
Der von Kostenträgern verlangte, immense bürokratische Aufwand, um die Strukturqualität zu belegen, dient letztlich in erster Linie dazu Kosten einzusparen. Denn Defizite in der Dokumentation bieten die Möglichkeit, die durchgeführte Therapie nur mit Abschlägen oder gar nicht zu bezahlen. Davon haben die Versicherten selbst nur wenig, ihnen ist selbstverständlich mehr daran gelegen, zu welchem Ergebnis ihre Behandlung führt. Auch hier finde ich die Haltung der Versicherten vernünftig und nachvollziehbar. Besonders zum Nachdenken sollte die Wahrnehmung der Kostenträger bei den Mitgliedern als primär ökonomisch getriebene Institutionen anregen. Warum glaubt nur noch eine Minderheit, ihnen gehe es um das Wohl der Patienten? Ist das nur ein Kommunikationsproblem oder sehen sie die Realität weitaus klarer, als es ihnen GKV-Repräsentanten zutrauen? Es gibt offenbar nicht nur den mündigen Patienten, sondern auch den mündigen Versicherten. Man sollte sich auf ihn einstellen.