Glück

Glück


Zurzeit habe ich einen Ohrwurm, es ist ein Lied von der jungen Singer- Songwriterin Lea (bürgerlich Lea- Marie Becker, Jg. 1992) und Max Raabe und seinem Palast Orchester. Es trägt den Titel „Guten Tag liebes Glück“( Bing-Video).

Zum Frühlingsanfang am 20. März wird nun jedes Jahr auf Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahre 2012 der Weltglückstag gefeiert, der vom Staat Bhutan initiiert wurde. Das Himalaya- Königreich Bhutan ist bislang das einzige Land, welches das Glück in seine Verfassung geschrieben hat als „Bruttonationalglück, das wichtiger ist als das Bruttoinlandsprodukt.  Der Wohlstand eines Volkes wird nicht nur anhand von ökonomischen Größen gemessen, sondern orientiert sich an drei Faktoren: (1) eine gute Regierungsführung (2) nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft und Wirtschaft (3) Bewahrung kultureller Werte und Umweltschutz. Alle zwei bis drei Jahre werden in Bhutan landesweite Umfragen zur Glücks- und Lebenszufriedenheit erhoben.

Doch wie entsteht eigentlich das individuelle Glück? Wir alle kennen ja einige Redewendungen rund um das Glück wie „Jeder ist seines Glückes Schmied“ oder „Geld allein macht nicht glücklich“, die zeigen, wie unterschiedlich die Glücksvorstellungen von Menschen sind?

Es gibt sicher viele Möglichkeiten, dass so etwas wie Glück in unserem Leben auftaucht. Es kann mich glücklich machen, wenn nach langem tristem Wetter, die Sonne wieder rauskommt; eine zärtliche Berührung oder Umarmung von einem lieben Menschen, ein freundliches Wort, von jemanden, der mich aufbauen will oder tröstet, oder das schmackhafte Essen, das für mich zum Geburtstag gekocht wird, können glücklich machen. Oder das geistige Glück, wenn ein Musikstück mich anspricht und womöglich sogar zu Tränen rührt oder ein Wort in einem Gedicht, das mir ganz nahekommt. Als Kind bedingungslos geliebt zu werden und als Neuankömmling auf dieser Erde sich willkommen fühlen, scheint eine wichtige Grundlage für unser Fähigkeit, glücklich zu sein. Für viele Menschen sind daher vertrauensvolle und tragfähige Beziehungen sehr wichtig.  Manche finden das Glück in Natur- oder Körpererlebnissen wie zum Beispiel im Sport oder im Yoga, und für wieder andere hat Glück etwas damit zu tun, sinnstiftend für andere tätig zu sein, und sich mit seinen Stärken und Talenten in der Gesellschaft einbringen zu können. Auch künstlerisch-kreative Betätigungen können Glück erzeugen und für manche ist die Stille, das Gebet und die Gottesbeziehung ein wichtiger Glücksfaktor. Wer dankbar auf sein Leben (zurück-)schauen kann, vergrößert seine Lebenszufriedenheit und wer das Misslungene und Schlechte vergeben kann, entgiftet die Bitterkeit, welche Glücks- und Lebenszufriedenheit verhindert.

Glückserfahrungen bringen mich dazu, ganz im Augenblick zu sein, in Resonanz mit mir selbst und mit anderen, würde wohl der Soziologe Hartmut Rosa sagen. Mit Dingen, Bildern, Menschen und der Natur in eine mitschwingende Resonanz zu kommen,- das erzeugt Glück. Wenn Mensch und Umwelt, Körper und Seele in Einklang gebracht werden, und sich wechselseitig beeinflussen, entsteht ein Resonanzraum, ein vibrierender Draht zwischen mir und der Welt.  Eine verdinglichte, stumme  und uns entfremdete kalte Welt ermöglicht kein Glückserleben.

Auch die Philosophie hat sich mit dem Thema Glück befasst, so zum Beispiel der Philosoph Aristoteles in der Nikomachischen Ethik. Aristoteles ist in seiner Glücks- und Strebensethik der Auffassung, dass alle Menschen glücklich sein wollen und niemand möchte, dass sein Leben misslingt. Er geht der Frage nach wie man das Glück erreicht. Glück lässt sich- so Aristoteles - nicht direkt anstreben, sondern es stellt sich indirekt ein, wenn man dem guten Geist folgt (das griechische Wort für Glück ist ja auch eudaimonia; eu =gut und daimon = der Geist). Dem guten Geist folgen, heißt tugendhaft leben und die vier klassischen Tugenden der Antike, nämlich Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß, im eigenen Leben zu realisieren.

Doch das Streben nach Glück kann auch zu einer Überforderung und zu einem Druck werden, so als wäre ich allein meines Glückes Schmied, und selbst schuld daran, wenn das Glück nicht auf Besuch kommt.  Es gibt im Leben auch Phasen des Unglücklichseins, der Trauer und depressiven Verstimmungen aufgrund von Verlusten, Misslungenem oder Brüchen im Leben. Bei aller Glückssehnsucht habe ich auch das Recht, einmal unglücklich sein zu dürfen. Nicht selten werden gerade die Menschen depressiv, die sich zwingen, immer gut drauf zu sein und vor anderen glücklich zu wirken.

Auch wenn ich einiges dafür tun kann, ein glückliches Leben zu führen, ist das Glück letztlich doch unverfügbar und lässt sich nicht direkt anstreben. Es sind eher die Momente gelingenden Lebens, bei denen ich mich selbst und mein eigenes Glück gar nicht gesucht habe, aber Sinn erlebe (bei einem selbstlosen Einsatz für andere, für mehr Gerechtigkeit…), die ein stilles Glück aufleuchten lassen.

Impuls zum Nachdenken:

Was ist für Sie Glück?

Wann waren Sie zuletzt glücklich?

Wofür können Sie in ihrem Leben dankbar sein?

Literatur zur Vertiefung:

Aristoteles, Nikomachische Ethik, Reclam

Lauster, Jörg, Gott und das Glück, Das Schicksal des guten lebens im Christentum

Rosa, Hartmut, Resonanz, Eine Soziologie der Weltbeziehung


 

Gustav Schädlich-Buter

 

 

 

 

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