Hallelujah- in memoriam Leonhard Cohen (1934-2016)
Risse im Leben, Acryl auf Leinwand Gustav Schädlich-Buter

Hallelujah- in memoriam Leonhard Cohen (1934-2016)


„…Und auch wenn alles schief ging, / Einst stehe ich vor dem Herrn der Lieder/ Mit nichts auf den Lippen als dem Hallelujah// “ (I´ll stand before the Lord of Song with nothing on my tongue but Hallelujah) Leonard Cohen - Hallelujah.

Eines der bekanntesten Lieder des Songpoeten Leonhard Cohen, der am 7.11.2016 gestorben ist, trägt den Titel Hallelujah. Dieses Wort stammt aus dem hebräischen und ist zusammengesetzt aus den Worten „halel“, was verherrlichen bedeutet und „jah“, was für den Gottesnamen Jahwe steht, den fromme Juden nicht aussprechen dürfen. Hallelujah bedeutet also so viel wie Gott anbeten, ihn verherrlichen oder lobpreisen, manchmal wiedergegeben mit „Preiset den Herrn“. Auch im Christentum wurde Hallelujah unübersetzt übernommen.

Der Kanadier Leonhard Cohen wurde 1934 als Sohn einer aus Litauen eingewanderten jüdischen Familie geboren. Cohen hat seine Zugehörigkeit und Affinität zum jüdischen Glauben,- sein Ur-Großvater Lazarus war Vorsteher einer Synagogengemeinde, seine Mutter Masha Tochter eines Talmudgelehrten-, nie versteckt, woran auch ein längerer Aufenthalt in einem buddhistischen Zen-Kloster in Kalifornien nichts änderte. Viele seiner Lieder haben einen Bezug zum Judentum wie „Who by fire“ oder das gerade erwähnte Hallelujah, das von vielen gecovert wurde (mehr als einhundert Interpretationen, am bekanntesten die von Jeff Buckley). Cohen`s Texte sind poetisch und vieldeutig, sie entziehen sich einer eindeutigen Festlegung. Dies betrifft auch die Gottesvorstellung. Der gläubige Jude Leonhard Cohen weiß nämlich um die Unnennbarkeit des Gottesnamens. Aber auch die biblischen Gestalten sind Cohen vertraut. Schon in seinem Gedicht „Before the story“, im zweiten Lyrikband „The Spice- Box of Earth“ von 1961 taucht König David, der Musiker und Frauenfreund, als sein Idol auf.

Der Text der ursprünglichen Version von Hallelujah auf dem Album Various Positions (1984) beginnt auch gleich mit einem Bezug zu König David aus dem Alten Testament, der viele seiner Psalmen mit Halleluja eröffnet hat. Cohen konnte sich wohl mit jenem sagenhaften König sehr identifizieren, auch mit dessen Scheitern, Fehlern und menschlichem Versagen (siehe in der 2.Strophe von Hallelujah die Bezugnahme auf die Geschichten von David und Bathseba von Hallelujah , in: 2 Samuel 11 f und die Geschichte von Simson und Delila , in: Richter 16,4 f). Doch am Ende jeder Strophe steht das Hallelujah, und am Ende jeden Lebens könnte man folgern, tragen wir unser ganzes Leben mit allem Auf und Ab, Dur und Moll, Gelingen und Versagen, Siegen und Niederlagen vor den nicht nennbaren und noch weniger begreifbaren Gott.

Cohen hat immer wieder die Auseinandersetzung mit Gott gesucht, auch mit dessen Schweigen, und Nichteingreifen angesichts der Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten dieser Welt. Es ist ein gebrochenes und heiliges Halleluja, von dem er singt. „Du sagst, ich habe den Namen Gottes missbraucht,/dabei kenne ich den Namen noch nicht einmal../Es ist egal, welches Wort du gehört hast: das heilige oder das gebrochene Halleluja“(3.Strophe) Und in der letzten Strophe heißt es: „…Und auch wenn alles schief ging,/Einst stehe ich vor dem Herrn der Lieder/ Mit nichts auf den Lippen als dem Hallelujah//“ (I´ll stand before the Lord of Song with nothing on my tongue but Hallelujah) Die Lebenswunden können zu heiligen Wunden werden, wenn wir es wagen sie vor Gott zu tragen.

Sein Song Anthem (deutsch: Lobgesang) auf dem Album THE FUTURE (1992) thematisiert ebenfalls die grundsätzliche Gebrochenheit dieser Welt, in welcher es nichts Vollkommenes und Perfektes gibt. Überall, ob in der Politik oder im Privaten ist dieser Riss zu finden, der alle Bereiche des Lebens durchzieht. Niemand kann unschuldig bleiben in dieser Welt und im Laufe des eigenen Lebens. Wir sind „Vorübergehende“ im Strom der Geschichte mit unseren Bemühungen, die trotz allen Mühens unvollständig bleiben. Doch das soll kein Grund zur Resignation sein. „There is a crack in everything, that`s how the light gets in“; (deutsch: Es gibt einen Riss in allen Dingen, aber genau so kommt das Licht hinein). Denn mitten im Riss sieht Cohen auch etwas Gutes: an der Bruchstelle strömt Licht ein, „wo etwas wieder aufersteht“ (so Cohen im Interview) Davon kündet auch der christliche Osterglaube: Ein Licht zur Rettung des Menschen und der ganzen Schöpfung, welches in die Gebrochenheit hineinstrahlt und dem Tod nicht das letzte Wort geben will. Kein triumphalistisches, sondern eher ein leises, aber hoffnungsvolles „Hallelujah.“

 

 Literaturempfehlung:

 Sylvie Simmons, I’m your man- Das Leben des Leonard Cohen; aus dem Amerikanischen von Kirsten Borchardt

Fulbert Steffensky, Mut zur Endlichkeit, 2007

Altes Testament, 2 Samuel 11, 1-17;26-27 (Die Geschichte von David und Bathseba) und von Simson und Delila, Richter 16,4f)

 Gustav Schädlich-Buter

Wolfgang Baldes

Diakon i.R., Erzdiözese München und Freising

1 Jahr

Ja, gerne. Habe nur leider keinen Kontakt dorthin.

Wolfgang Baldes

Diakon i.R., Erzdiözese München und Freising

1 Jahr

Habe Leonard Cohen - in Verbindung mit biblischen Texten - im Original, in Übersetzung und in Orgelimprovisationen schon mehrfach zu Gehör gebracht... Ein Erlebnis, nicht nur für Fans.

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