Hansi Flick - der wahre Held des Champions-League-Siegers 2020

Vielleicht habt ihr das Finale der Champions League 2020 zwischen Paris St. Germain und dem FC Bayern München auch gesehen. Ehrlich gesagt war ich Corona-bedingt die letzten Wochen nicht unbedingt in Fussballstimmung. Ohne Fans im Stadion und mit all den anderen besorgniserregenden Ereignissen, welche derzeit auf der Welt passieren, hatten die Spiele für mich nicht mehr den Reiz, den sie früher hatten. Trotzdem habe ich, auch berufsbedingt in meiner Passion als Leadership Coach, mit zunehmendem Interesse den Weg des FC Bayern München über die letzten Monate verfolgt.

Zur Erinnerung: Der FC Bayern München stand im November 2019 vor der Ära Flick nur auf dem 4. Tabellenrang, punktgleich mit dem Tabellensechsten der Bundesliga. Thomas Müller war nur noch Ersatzspieler und in den Medien wurde über den schwächelnden FCB philosophiert. 

Und dann kam Flick: Anfangs noch belächelt und als Übergangslösung bezeichnet, hat es dieser Trainer geschafft, die Mannschaft sukzessive zu verbessern und darüber hinaus das Miteinander und den Spirit im Team auf ein Allzeithoch zu führen. Ganz Europa fragt sich nun, wie diese Leistungssteigerung mit den exakt gleichen Spielern wie vorher möglich war.

In meiner Analyse habe ich versucht, die „Top-5-Erfolgsbausteine“ von Hansi Flick zusammenzustellen:

1. Demut statt Eitelkeit: Er hat sich selbst nicht zu wichtig genommen, die Meinung anderer geschätzt und in seine Entscheidungen einfliessen lassen. Nach aussen wurde er nicht müde immer wieder zu erklären, wie wichtig das ganze Trainerteam ist und wie sehr er auch von diesem profitiert. Das Scheinwerferlicht hat er vermieden und stattdessen andere aus dem Team strahlen lassen. 
2. Pragmatismus statt Elfenbeinturm: Er hat es geschafft seine unbestrittene Fachkompetenz so zu vermitteln, dass die Spieler es annehmen konnten. Er hat sich nicht in fachlichen Detailfragen verzettelt und den Fussballprofessor gegeben. Vielmehr hat er es verstanden, auf Augenhöhe zu kommunizieren und Vorgaben zu machen, welche sofort verstanden und umgesetzt werden können.
3. "Wir" statt "Ich": Hansi Flick hat jedem Einzelnen in der Mannschaft das Gefühl gegeben, dass er wichtig ist und trotzdem war allen klar, dass keiner wichtiger als das Team ist. Er hat verstanden, dass die Mannschaft unendliche Potenziale in sich trägt und man diese Energie nur in die richtige Richtung lenken muss. Dafür hat er mehr moderiert und weniger doziert und so die Intelligenz des Schwarms aktiviert. Oder wie es Thomas Müller ausdrückte: „Am Ende haben wir uns darum gestritten, wer den Fehler des anderen ausmerzen darf."
4. Stärkenorientierung statt Fehlervermeidung: Gerade nach der Übernahme des Trainieramts hat sich Hansi Flick weniger darauf fokussiert, was schlecht ist, sondern vielmehr darauf gesetzt, was die Mannschaft gut kann. Er hat die Spieler an ihren Stärken arbeiten lassen und sie entsprechend dieser eingesetzt und ihnen eben nicht ständig ihre Limitationen gezeigt. Dadurch entwickelte jeder Einzelne ein schier grenzenloses Selbstvertrauen und hatte auch vor grossen Gegnern wie Barcelona oder Paris zu keiner Zeit Selbstzweifel.
5. Psychologik vor Sachlogik: Schliesslich hat Hansi Flick verstanden, dass Erfolg am Ende des Tages mehr eine Frage der Psychologik als der Sachlogik ist. Entsprechend hat er nicht das Schwergewicht darauf gelegt das perfekte Training und den perfekten Plan für das nächste Spiel zu entwickeln. Er wusste, dass man hier die Basis legen muss, für den Unterschied am Ende des Tages aber nicht die Sachlogik, sondern die Einstellung, der Spirit, der Wille und das emotionale Commitment der Mannschaft sorgen. Er wusste, dass diese psychologischen Grössen nicht von alleine kommen, sondern dass man diese mit sehr viel Empathie und Gefühl über die Zeit entwickeln muss.

Ich hoffe, meine kleine Analyse inspiriert euch. Was ist eure Meinung? Welche Erfolgsbausteine habt ihr zusätzlich noch in diesem topaktuellen Case entdeckt? Ich bin überzeugt, dass sich viele dieser Learnings auch in unsere Businesswelt übertragen lassen.  

Herzlichst Euer

Wolfgang