infantilisierungstendenzen
oder: diminutive auf -i
fuhr vorhin an einem plakat vobei: „öffis ohne teuer!“.
googelte und fand heraus, dass das die abkürzung für öffentliche verkehrsmittel ist, also das, was man bis vor nicht allzu langer zeit den öpnv nannte.
weil das plakat für ein deutschlandticket wirbt, das monatlich € 49,- kostet (in der nachfolge eines € 9,- teuren vorgängers) und bald teurer werden soll, musste ich ein wenig lachen.
und außerdem musste ich sogleich an meine berliner wahlheimat denken; dort fährt man mit den öffis zum späti. wenn der geschlossen hat, bleibt immer noch die tanke. oder man geht mit den girlies in den görli. und plötzlich fiel mir auf, dass irgendwie alle so reden. jedenfalls an meiner hochschule. da fragt der prof den studi: „bistU ersti?“ - „nö.“ – „wo gehstU?“ - „isch geh uni.“ – „und dann?“ - „dann gehIsch bib.“ - „danach?“ - „treffIsch meinen besti, hängen wir ab.“ - „schreibstU klausur?"- „ja, öffrecht. undDu?" - "isch geh rep, lernen für stex." usw.
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ein wort darf in dieser sprache maximal zwei silben haben und höchstens fünf buchstaben. gern darf es auf -i enden. das hat schon bisschen was von regression. entschuldigung, von liebenswerter babysprache. vorteil: man könnte einen ganzen roman erzählen, der nicht mehr platz bräuchte als den bildschirm eines altmodischen telefons. man hüte sich indes, das für intellektuell inferior zu halten. kommt alles auf die bezugsgruppe an.
manchmal sehne ich mich aber doch zurück nach dem guten alten wissenschafts- und didaktikdiskurs mit seinen raumgreifenden vokabeln. ambivalenztoleranz, inkompetenzkompensationskompetenz und aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätstörung, von den hier titelbildenden infantilisierungstendenzen mal ganz abgesehen.
ja, richtig gelesen: inkompetenzkompensationskompetenz. bros’n’sisses, infantilize this!