Mit Kooperation und Dialog die Innovation im Gesundheitssektor stärken

Mit Kooperation und Dialog die Innovation im Gesundheitssektor stärken


Innovation ist der Treiber des medizinischen Fortschritts und der Volkswirtschaft. Neue und wirksame Medikamente verbessern die Lebensqualität von Patienten und tragen maßgeblich dazu bei, dass wir heute nicht nur immer älter werden, sondern v. a. viele zusätzliche Jahre bei guter Gesundheit verbringen dürfen. Innovation ist aber auch der Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg und Wohlstand, gerade in einem Land wie der Schweiz, dass über keine natürlichen Rohstoffe verfügt.         

Die Medizin macht zurzeit große Fortschritte — und das ist gut so. Hepatitis C ist in 95% der Fälle heilbar geworden. Aids ist von einer tödlichen zu einer kontrollierbaren Krankheit geworden. Bei Krebserkrankungen in der Schweiz nach den Herz-Kreislauf-Krankheiten die zweithäufigste Todesursache — gelingt es dank besserer Diagnostik und modernen Medikamenten immer öfter, diese gezielt zu behandeln, was die Überlebenschance massiv verbessert hat. In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Sterblichkeit bei Männern um 37% reduziert, bei Frauen um 27% und dies trotz der Zunahme der Neuerkrankungsfälle (jährlich erkranken in der Schweiz etwa 20000 Menschen neu an Krebs). Besonders große Fortschritte gab es bei den Kinderkrebserkrankungen: Heute können rund drei Viertel der betroffenen Kinder geheilt werden. Andere Krebsleiden werden zudem mit den neuen Therapieoptionen immer mehr zu einer chronischen Krankheit und damit kontrollierbar. Der Trend in der Erforschung und Behandlung von Krebs geht hin zu maßgeschneiderten Therapien — je nach Stadium der Erkrankung und genetischem Subtyp.

Das Tempo der Veränderung ist hoch. Die Entschlüsselung der Genomik, die Fortschritte in der Forschung, die Erfassung unseres Lebensumfelds, unsere Ernährungsgewohnheiten und unser Verhalten werden eine individuell abgestimmte Gesundheitsversorgung ermöglichen. Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran. Das Aufkommen des schnellen Mobilfunks in Symbiose mit der Erfindung des Smartphones hat bereits vieles verändert. Jetzt kommen das Thema Industrie 4.0 und das Internet der Dinge hinzu.

Patentschutz als Treiber der Innovation

In diesen Zeiten des Umbruchs gilt es den Rahmenbedingungen Sorge zu tragen, welche die Innovation in der Gesundheitsbranche unterstützen, fördern und dazu beitragen, dass Patienten auch künftig von wirksameren Therapien profitieren können. Das heißt erstens, dass der Patent- und Unterlagenschutz zwingend hochzuhalten ist. Er ist ein wesentlicher Treiber des technologischen Fortschritts, weil der Patentinhaber als Gegenleistung zur Schutzfrist seine Erfindung offenlegen muss. Nur dank Patenten lassen sich die Entwicklungskosten für Medikamente während der begrenzten Schutzfrist wieder einspielen. Danach profitieren Patienten davon, dass Generikafirmen billigere Nachahmerpräparate auf den Markt bringen können. Zweitens muss die zurzeit in der Schweiz diskutierte Steuerreform 17 so ausgestaltet werden, dass steuerliche Anreize im Bereich des geistigen Eigentums — also die Patentbox sowie die Abzüge für Forschung und Entwicklung — möglich sind.

Wachstumsmotor Innovation

Die Mitglieder von Interpharma investierten in der Schweiz 2016 7 Mrd. Franken in Forschung und Entwicklung. Das ist fast doppelt so viel wie sie in der Schweiz Umsatz erzielt haben. Das war nur möglich dank des unbürokratischen Zugangs zu wichtigen Exportmärkten, der Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte, der Sicherstellung der Exzellenz des schweizerischen Forschungsplatzes sowie einer wettbewerbsfähigen Unternehmensbesteuerung. Es überrascht denn auch nicht, dass die Pharmaindustrie in den vergangenen Jahren der wichtigste Wachstumstreiber für den Industriestandort Schweiz war und damit maßgeblich zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum beigetragen hat. Eine aktuelle Studie von BAK Economics und Polynomics zeigt, dass zwischen 2000 und 2016 rund ein Fünftel des realen BIP-Wachstums der Schweiz auf das Konto der Pharmaindustrie ging! Die Zahl der Stellen direkt in der Pharmaindustrie hat sich in den vergangenen 10 Jahren um 12'000 Arbeitsplätze erhöht, während gleichzeitig rund 16'500 Stellen in anderen Industriebranchen abgebaut wurden. Über 43'000 Mitarbeiter waren im Jahr 2016 bei Schweizer Pharmaunternehmen beschäftigt. An den verschiedenen Schweizer Standorten in 18 Kantonen arbeiten sie in der Forschung und Entwicklung, in der Produktion oder am Unternehmenssitz. Pro Arbeitsplatz in der Pharmaindustrie wird rund viermal so viel Wertschöpfung erzielt wie im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt.

Vom wirtschaftlichen Erfolg der Pharmaindustrie profitieren auch andere Branchen. So fallen auf jeden Franken Wertschöpfung, den die Pharmaindustrie generiert, durch Aufträge für Zulieferbetriebe weitere 70 Rappen an Wertschöpfung in anderen Schweizer Branchen an. Direkt und indirekt ergibt sich ein Wertschöpfungsbeitrag von 49,6 Mrd. Franken oder knapp 8% der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung. Mit jedem Arbeitsplatz in der Pharmaindustrie entstehen zusätzlich 3,2 Vollzeitstellen in Unternehmen in anderen Branchen.

Überdurchschnittliche Bedeutung der Pharmabranche

In kaum einem anderen Land hat die Pharmaindustrie für die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung eine so hohe Bedeutung wie in der Schweiz. So wurden im Jahr 2016 4,5 % der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung durch die Pharmaindustrie erwirtschaftet. Ebenfalls überdurchschnittlich, aber immer noch deutlich niedriger als in der Schweiz, fällt der Anteil in Dänemark (4,0%) oder Belgien (1,6%) aus. Weltweit reiht sich Singapur (2,7 %) in das Ranking der bedeutendsten Pharmastandorte ein. In anderen wichtigen Industriestaaten wie Deutschland, Frankreich oder dem Vereinigten Königreich liegt der Anteil unter einem Prozent. Die USA besitzt zwar gemessen an der absoluten Pharmawertschöpfung die größte pharmazeutische Industrie. In Relation zur Gesamtwirtschaft spielt die Branche aber eine weniger gewichtige Rolle als in der Schweiz.

Zugang zu Innovation nachhaltig sichern

Diese Erfolgsgeschichte kann in Zeiten des Umbruchs nur fortgesetzt werden, wenn Unternehmen, Politik und Gesellschaft im Sinne von Schumpeter die „kreative Zerstörung" zulassen und voll auf technologische und gesellschaftliche Innovation setzen. Dies gilt insbesondere auch für das Zulassungs- und Preisfestsetzungssystem. Gerade neue Medikamente werden verstärkt in Kombination eingesetzt, wobei der Nutzen eines Medikaments je nach Indikation unterschiedlich sein kann, was für Behörden, Spitäler, Ärzte, Krankenversicherer und Pharmaindustrie eine Herausforderung darstellt. Das Zulassungs- und Vergütungssystem benötigt dringend mehr Flexibilität um zukunftsfähig zu bleiben.

Interpharma und ihre Mitgliedfirmen haben früh den Dialog mit den Stakeholdern gesucht, um Lösungen und Ansätze zu diskutieren, wie künftig der rasche Zugang aller Patienten zu den innovativen Therapien sichergestellt werden kann. Diesen Dialog möchten wir in Zukunft noch verstärken und im Rahmen einer Multi-Stakeholder-Plattform Initiativen und Pilotprojekte entwickeln, die zu einer nachhaltigen Weiterentwicklung des Schweizer Gesundheitssystems beitragen. Als Verband der forschenden Pharmafirmen der Schweiz sehen wir im verstärkten Austausch mit Stakeholdern eine Chance, um die Rahmenbedingungen lösungsorientiert weiterzuentwickeln, Innovation zu ermöglichen und bestmögliche Behandlungsergebnisse für die Patienten zu erzielen. Damit sichern wir nicht nur den Zugang der Patienten zum medizinischen Fortschritt, sondern schaffen gleichzeitig ein Umfeld, das für Investitionen in Forschung und Entwicklung attraktiv bleibt und damit weiterhin maßgeblich zum Wohlstand der Schweiz beiträgt.

(veröffentlicht in Pharmind 1/2018)












Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen