New Work, New Normal?

New Work, New Normal?

Der Begriff „New Work“ ist derzeit in aller Munde. Spätestens mit dem durch die Corona-Pandemie eingeleiteten Schub für das mobile Arbeiten sind viele Unternehmen überzeugt, den Weg in Richtung New Work als das „New Normal“ eingeschlagen zu haben. Aber was bedeutet „normal“ überhaupt?

Das „Normal“ im Wandel

Vor ein paar Jahrhunderten war es noch normal, den ganzen Tag auf dem eigenen Hof zu arbeiten, um für die Familie und seinen eigenen Erhalt zu sorgen. Dann kam die Industrialisierung und die Menschen begannen ihr Arbeits- und Lebensverhalten zum ersten Mal seit einer Ewigkeit zu ändern – es war eine Zeit ungekannten Wandels und Fortschritts. Die Menschen passten sich an, viele gaben ihre Höfe auf und zogen in Großstädte, um ihre neuen Arbeitsstellen in der Industrie anzutreten.

Vorsprung in das 20. Jahrhundert: Aufgrund der unglaublich schnell voranschreitenden Industrialisierung, waren 80-Stunden-Wochen unter den Arbeitenden nun das neue „Normal“. Nach einiger Zeit formten sich unzählige Protestbewegungen, um für bessere Arbeitsbedingungen zu plädieren. Die Bewegung der „New Work“ hatte in dieser Zeit ihren Ursprung. Der Philosoph Frithjof Bergmann beobachtete in den 1970er Jahren die Arbeitswelt unter den gesellschaftlichen Verhältnissen des Kapitalismus in den USA und leitete daraus einen Gegenentwurf zur damals vorherrschenden alten, streng hierarchischen Arbeitsorganisation ab. In diesem sollen Menschen gleich verteilt in drei Säulen produktiv sein: Selbstversorgung (Arbeit für den Menschen selbst), klassische Erwerbsarbeit (die bei umfassender Selbstversorgung entfällt) und als letzte Säule jene Arbeit, die der Mensch gern machen will. In gewisser Weise ist „New Work“ damit eine Utopie. Aber was bedeutet diese Bewegung für unser heutiges „Normal“?

New Work wird nicht umsonst als Megatrend bezeichnet. Der Begriff ist allgegenwärtig, stößt neue Diskussionen und Ansichten an und wird sehr wahrscheinlich tiefgreifende Veränderungen in unserer Gesellschaft hervorrufen. So wird unter anderem aus „Work-Life-Balance“ das neue „Work-Life-Blending“. Arbeit und Leben sollen nicht mehr zwei separate Aspekte sein, sie sollen verschmelzen und harmonieren: Das hat unter anderem kürzere Arbeitswochen zur Folge. In Schweden zum Beispiel wurde das Prinzip der 30-Stunden-Woche bereits getestet und erste Studien scheinen einen positiven Effekt auf die Arbeitnehmer zu belegen.

Aus Beruf wird Berufung

Die Zeiten der eintönigen Industriearbeit sind weitestgehend vorbei. Gerade die jüngeren Generationen wollen sich ausleben, entfalten und weiterentwickeln – und das nicht erst nach Feierabend. Sinnhaftigkeit und Gestaltungsmöglichkeit werden wichtiger als das altbekannte Duo Karriere und Erfolg und scheinen somit das neue „Normal“ der Berufsorientierung zu werden. Persönliche Werte und fundamentale Vereinbarkeit der eigenen Wertevorstellungen mit dem Beruf drängen materielle Aspekte in den Hintergrund. Somit müssen sich auch Unternehmen im Zuge der New Work Bewegung grundlegend verändern.

Ziel ist es, die gesamte Arbeitsorganisation und das Zusammenspiel zwischen den Menschen und den Unternehmen neu zu definieren, damit die Bedürfnisse des Menschen stärker Berücksichtigung finden. „New Work“ ist also viel mehr als die derzeit in vielen Unternehmen eingeräumte Flexibilisierung hinsichtlich des Arbeitsorts und der Arbeitszeit aufgrund der Möglichkeiten der Digitalisierung. In der Praxis existieren eine Vielzahl weiterer Maßnahmen, die unter das Dach der New Work zugeordnet werden können. Die Gestaltung der physischen Arbeitsumgebung ist ein erstes Beispiel. Dabei entstehen beispielsweise offene Büro-Landschaften, die den Austausch fördern und flexibel arrangierbar sind. Die Einbeziehung der Menschen in die Gestaltung ihrer Arbeitsumgebung ist in diesem Zusammenhang ein weiterer Baustein von New Work.

Hinsichtlich der Organisation und der Prozesse im Unternehmen ist ein Aufbrechen der rein hierarchischen Struktur ein weiteres Merkmal der New Work Bewegung. Dies kann beispielsweise durch selbstorganisierte Teams erfolgen, die ohne Führungskraft die anstehenden Aufgaben priorisieren und erledigen. Zwischenschritte auf diesem Weg sind hybride Organisationen, in denen die Menschen neben ihrer hierarchischen Position in wechselnden Arbeitsgruppen über die Grenzen der eigenen Abteilung hinweg an Themen arbeiten. Für diese Arbeitsweise ist ein neues Führungsverständnis notwendig, das auf Coaching und das Befähigen der Menschen setzt. Damit können sich diese sowohl kreativ in die Arbeit einbringen als auch ein Stück weit Selbstverwirklichung im Unternehmen erreichen. Hierbei verschwimmen die klassischen Beschäftigungsformen. Möchten Arbeitgeber somit langfristig erfolgreich sein und zukünftig junge Talente anwerben, kommt man auch hier am Thema New Work nicht vorbei. Arbeitnehmer erwarten heutzutage mehr als „nur“ einen sicheren Arbeitsplatz: angefangen bei einer attraktiven Corporate Culture und einem umfangreichen Gesundheitsmanagement, bis hin zu flexiblen Arbeitsmodellen und gelebter Diversity. Auch hier rücken neue Werte und Ideale nach: die sogenannte „Sinn-Ökonomie“ stellt Themen wie Nachhaltigkeit, zufriedene Mitarbeiter oder sozialen Mehrwert in den Fokus.

Das Thema der New Work beschäftigt sich somit nicht nur mit dem Aspekt der Arbeit. Entgegen dem Namen der Bewegung ändert diese auch unser grundlegendes Verständnis des Lebens und unserer Werte. Die Bewegung hat gerade in den letzten zwei Jahren eine sehr fundamentale und übergreifende Frage in den Raum geworfen: Wie können wir für uns sinnvoller arbeiten, um besser und freier leben zu können? Die Antwort auf diese Frage wird jeder selbst finden müssen. Allerdings ist bereits jetzt schon zu erkennen, dass unzählige Arbeitgeber und Unternehmer versuchen, bessere Rahmenbedingungen für die persönliche Interpretation der „New Work“ zu schaffen. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Megatrend der „New Work“ zukünftig maßgebend unser „New Normal“ beeinflussen wird. Wie das in den nächsten Jahren genau aussehen wird? Wir wissen es nicht genau – aber wir freuen uns, mit BRAINHOUSE247 ein Teil dieser beispiellosen Bewegung zu sein.


Klaus Denecke

Regionalverkaufsleiter bei WINI Büromöbel Georg Schmidt GmbH & Co. KG

2 Jahre

Toll geschriebener Beitrag, diese Thematik ist in meinem Job jeden Tag aufs Neue spannend, da jedes Unternehmen sich hiermit beschäftigt und die Ergebnisse in den Gesprächen doch niemals eintönig werden sondern immer spannend und sehr individuell mit unseren Lösungen umgesetzt werden können!

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