Projektmanagement im Transformationsprozess

Projektmanagement im Transformationsprozess

Wasserfall oder agil mit SCRUM – Was hilft wirklich

Transformationen sind unvermeidlich. Doch wie geht man sie an, ohne den Deckungsbeitrag zu gefährden? Die Wahl zwischen dem klassischen Wasserfall-Ansatz und agilen Methoden wie SCRUM kann über Erfolg oder Misserfolg entscheiden – besonders, wenn Du für ein Unternehmen verantwortlich bist, das sich inmitten einer Marktumwälzung befindet.

Heute möchte ich dir anhand eines realen Fallbeispiels eines hochspezialisierten Anlagenbauers zeigen, warum Flexibilität und Agilität entscheidend sind – und wie wir durch Fast Prototyping und den Einsatz eines Minimum Viable Product (MVP) die Firma vor dem finanziellen Abgrund bewahren konnten.



Der Wasserfall-Ansatz: Ein Anker, der den CEO in den Abgrund zog

Der CEO setzte zu Beginn auf den klassischen Wasserfall-Ansatz. Warum? Weil er Sicherheit und Planbarkeit versprach. Die Idee, jede Phase des Projekts klar definieren und nacheinander abarbeiten zu können, gab ihm das Gefühl, die Kontrolle zu behalten – besonders in einem hochspezialisierten Bereich wie dem Anlagenbau, wo technische Perfektion gefragt ist. Doch was anfangs als klare Struktur schien, entpuppte sich schon bald als Blindflug.

Drei einschränkende Glaubenssätze begleiteten diesen blinden Glauben an den Wasserfall-Ansatz, die den CEO daran hinderten, flexibler zu agieren und den Wandel einzuleiten, den das Unternehmen so dringend brauchte:

  1. „Planung ist alles: Je detaillierter, desto besser.“

Der CEO glaubte fest daran, dass ein detaillierter Plan jedes Risiko eliminieren würde. Ein Plan, in dem jeder Schritt bereits im Vorfeld festgelegt ist, sollte ihm die nötige Sicherheit geben. Doch in der Realität zeigte sich schnell, dass diese starre Planung das Gegenteil bewirkte. Während sich die Anforderungen und Rahmenbedingungen ständig änderten, hielt der CEO am ursprünglichen Plan fest – zu lange. Jeder Plan, so gut er auch sein mag, verliert in einer dynamischen, sich ständig verändernden Situation schnell an Relevanz.

  1. „Änderungen sind das größte Risiko.“

Der CEO war davon überzeugt, dass jede Änderung an den ursprünglichen Spezifikationen ein Zeichen von Chaos und Misserfolg sei. Anpassungen während eines Projekts zu akzeptieren, fühlte sich für ihn wie ein Eingeständnis an, den Überblick verloren zu haben. Also versuchte er, Änderungen so lange wie möglich zu vermeiden, was wiederum zu größeren Problemen führte, als sie schließlich unausweichlich wurden.

  1. „Der Erfolg hängt allein von mir ab.“

Wie viele Führungskräfte glaubte der CEO, dass der Erfolg des Projekts einzig und allein auf seinen Schultern lastete. Diese Überzeugung führte zu schlaflosen Nächten und enormem Stress, da er das Gefühl hatte, jeden einzelnen Schritt überwachen und kontrollieren zu müssen. Der Glaube, dass niemand die Verantwortung so gut tragen könne wie er, führte letztlich dazu, dass er sich selbst in eine isolierte Position brachte – und die notwendige Unterstützung aus dem Team fehlte.


Der drohende Absturz: Wenn der Wasserfall zum Blindflug wird

Das Unternehmen, ein traditioneller Mittelständler im Spezialanlagenbau, stand vor einer gigantischen Herausforderung. Die Anforderungen des Kunden waren komplex und änderten sich ständig, während der Marktdruck stetig wuchs. Der CEO entschied sich zunächst für den klassischen Wasserfall-Ansatz, da dieser ihm Sicherheit und Planbarkeit versprach. Doch was anfangs als klare Struktur erschien, entpuppte sich schnell als Blindflug.

Während das Unternehmen streng nach Plan arbeitete, änderten sich die technischen Anforderungen kontinuierlich. Dies führte nicht nur zu erheblichen Verzögerungen, sondern auch zu massiven Blind- und Fehlleistungen.

Da das Team nicht flexibel auf Veränderungen reagieren konnte, reihten sich auf falschen Annahmen basierende Fehlentscheidungen aneinander. Der Deckungsbeitrag sank dramatisch, und der CEO fühlte sich zunehmend isoliert – jeder seiner Schritte wurde genau unter die Lupe genommen und kritisch hinterfragt.

Die dramatischen Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten: Die Kosten stiegen, und der ursprüngliche Liefertermin rückte in weite Ferne. Hinzu kamen interne Widerstände – Mitarbeiter, die an alten Prozessen festhielten, machten die notwendigen Veränderungen fast unmöglich. Das Unternehmen steuerte direkt auf einen finanziellen und strukturellen Kollaps zu.


Der Wendepunkt: Radikaler Wechsel zu SCRUM und Fast Prototyping

An diesem Punkt entschloss sich der CEO, mich als Sparringspartner zu Rate zu ziehen. Gemeinsam wagten wir einen mutigen Schritt und führten agile Methoden ein – SCRUM, kombiniert mit Fast Prototyping und einem Minimum Viable Product (MVP). Wir setzten auf Geschwindigkeit und Flexibilität, ohne dabei die Qualität zu vernachlässigen.

Um diesen Schritt erfolgreich zu meistern, musste der CEO zunächst seine alten Überzeugungen in Frage stellen. Gemeinsam arbeiteten wir daran, seine Glaubenssätze umzudeuten, zu "reframemen" und auf die neue, dynamische Projektwelt anzupassen:

  1. „Sicherheit liegt nicht in der Planung, sondern in der Anpassungsfähigkeit“: Der CEO erkannte, dass nicht ein detaillierter Plan, sondern die Fähigkeit, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, entscheidend ist.
  2. „Jede Änderung ist eine Chance zur Verbesserung“: Der CEO lernte, Änderungen nicht als Bedrohung, sondern als wertvolle Möglichkeit zu sehen, das Projekt voranzutreiben.
  3. „Führung bedeutet, das Team zu befähigen“: Er verstand, dass er den Erfolg nicht allein tragen muss. Indem er Verantwortung delegierte und sein Team stärker einband, wurde das Projekt wesentlich stabiler.


Fast Prototyping: Statt monatelang an DER „perfekten“ Lösung zu arbeiten, entwickelten wir schnelle Prototypen, die dem Kunden in kürzester Zeit vorgestellt werden konnten. Diese Prototypen ermöglichten es uns, in Echtzeit Feedback zu erhalten und das Produkt schrittweise zu verbessern, anstatt im Blindflug ohne Kundenfeedback ein perfektes Endprodukt anzustreben. Durch diese schnellen, kurz getackteten Iterationen konnten Fehler frühzeitig erkannt und korrigiert werden, bevor sie zu kostenintensiven Blind- und Fehlleistungen führten.

Minimum Viable Product (MVP): Parallel dazu führten wir die Idee eines MVP ein – eine Version des Produkts, die nur die wichtigsten Funktionen beinhaltete, um die Kundenanforderungen zu testen und wertvolles Feedback zu erhalten. So konnten wir wertvolle Ressourcen sparen und den Projekterfolg frühzeitig sichern.

Durch diese agilen Ansätze und Maßnahmen konnte das Unternehmen nicht nur die Kundenwünsche schneller und präziser erfüllen, sondern auch die internen Prozesse entschlacken.

Anfangs skeptische Mitarbeiter begannen die Vorteile der Agilität zu erkennen, als sich die Ergebnisse deutlich verbesserten und sie begannen, nicht einfach nur härter zu arbeiten sondern smarter!

Gleichzeitig halfen diese Maßnahmen, den schwindenden Deckungsbeitrag zu stabilisieren, da unnötige Kosten vermieden und Fehlentwicklungen schnell korrigiert wurden.


Das Comeback: Vom drohenden Verlust zur termingerechten Lieferung

Mit der Implementierung dieser agilen Methoden begann sich das Blatt zunächst langsam, aber stetig zu wenden. Der Kunde, zunächst unzufrieden mit den Verzögerungen und Fehlentwicklungen, zeigte sich begeistert vom Fast Prototyping und der Möglichkeit, fortlaufend Feedback zum Stand der Entwicklung seiner Anlage zu geben zu können.

Die iterative Vorgehensweise und die regelmäßigen Retrospektiven mit dem Team ermöglichten kontinuierliche Verbesserungen, ohne erneut in die Kostenfalle zu tappen.

In einem der schwierigsten Momente des Projekts, als der Deckungsbeitrag fast auf Null gesunken war, konnte das Unternehmen durch die flexible SCRUM-Methodik die Kurve kriegen.

Die termingerechte Lieferung der ersten funktionsfähigen MVP-Version gab dem Kunden genug Vertrauen, um zusätzliche Mittel freizugeben, was den Fortbestand des Projekts sicherte. Der CEO, der zuvor fast vom Druck gelähmt war, gewann durch diese klaren, überschaubaren Etappensiege wieder den Durch- und Überblick und vor allem das Vertrauen in seine Mitarbeitenden.

Die konkreten Maßnahmen: So haben wir es geschafft

Im Detail haben wir folgende Maßnahmen umgesetzt, um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen:

  • Einführung von Sprints: Wir haben das Projekt in zweiwöchige Sprints unterteilt, die es ermöglichten, schnelle Ergebnisse zu erzielen und kontinuierlich Feedback vom Kunden einzuholen. So konnten Fehler frühzeitig erkannt und unnötige Kosten vermieden werden.
  • Retrospektiven und Daily Stand-ups: Durch regelmäßige Team-Meetings und Retrospektiven konnten wir Probleme und Herausforderungen frühzeitig identifizieren und sofort Maßnahmen ergreifen, um den Projekterfolg zu sichern.
  • Fast Prototyping und MVP: Schnelle Prototypen und ein Minimum Viable Product ermöglichten es dem Kunden, aktiv am Entwicklungsprozess teilzunehmen und frühzeitig Einfluss zu nehmen. So wurden kostspielige Nacharbeiten minimiert.
  • Kontinuierliches Kundenfeedback: Der Kunde wurde von Anfang an in den Prozess eingebunden und konnte seine Anforderungen kontinuierlich anpassen, ohne dass das gesamte Projekt ins Stocken geriet.

Dein Weg zur erfolgreichen Transformation

Ob im spezialisierten Anlagenbau oder in anderen Branchen – die Herausforderungen eines Transformationsprozesses sind groß. Doch wie dieses Beispiel zeigt, liegt der Schlüssel in einer flexiblen und agilen Herangehensweise.

Starre Pläne und „one-size-fits-all“-Lösungen helfen Deinem Unternehmen in einem dynamischen Projektumfeld in dem sich die Anforderungen ständig ändern nicht weiter.

Die Kombination aus SCRUM, Fast Prototyping und MVP hat diesem Unternehmen geholfen, aus einer Krise zu wachsen und erfolgreich zu liefern – trotz aller Widerstände und Risiken.

Was ist Deine Erfahrung mit Projektmanagement in Transformationsprozessen? Bist Du bereit, starre Strukturen hinter Dir zu lassen und auf Agilität zu setzen?

Teile deine Gedanken und lass uns in den Kommentaren darüber austauschen!


 


Vinzenz P. Grupp- Innovative Führungskompetenz für Ingenieure

𝗚𝗲𝗻𝗶𝗮𝗹 𝗶𝗻 𝗧𝗘𝗖𝗛𝗡𝗜𝗞 - 𝗴𝗲𝗻𝗶𝗮𝗹 𝗶𝗺 𝗙𝗨̈𝗛𝗥𝗘𝗡 | So nutzen In𝙜𝙚𝙣𝙞𝙚ure ihr Technik-Genie zum genialen Führen von Teams. Am nächsten Tag!

2 Monate

Ein imponierendes Fallbeispiel, HansJörg Schumacher. Der Wasserfall-Ansatz stammt ja auch aus der Urzeit des Projekt-Managements und zeigt: Gerade bei CEOs existiert oft ein unbewusstes (oder verdrängtes) Defizit an Weiterbildung. Sind die Ziele und Detail-Anforderung präzise genug definiert, hat auch der Prozess orientierte Ansatz nach wie vor seine Berechtigung und hat mit dem viel einfacheren Loop: Planen - ausführen - reflektieren (früher: Deming-Circle) einen Turbo für Flexibilität und Zeitgewinne installiert. Die Herausforderung liegt m.E. darin, die richtige Methode je nach Projektanforderungen auszuwählen, anstatt eine pauschale Entscheidung zu treffen. Wie hast Du das Team davon überzeugt, auf agile Methoden umzusteigen, besonders wenn die Widerstände zu Beginn groß waren? Welche Schritte waren hier am wichtigsten, um die Transformation erfolgreich zu gestalten?

Christian Arnold

Mitarbeiter motivieren, blinde Flecken erkennen und das Unternehmen zukunftsfähiger machen. Alles „auf einen Streich“. Der Unternehmenskompass macht’s möglich!

2 Monate

Chapeau! Sehr eingängig geschrieben, danke!

Heike Weick-Jung

🔴Gründerin NLP Karlsruhe | NLP Lehrtrainerin 🔴Schluss mit altem Denken - lerne deine Emotionen und Verhaltensweisen zu steuern! 🔴NLP Ausbildungen ISO 9001 zertifiziert

2 Monate

Inspirierender Beitrag! HansJörg Schumacher - Sparringspartner In der heutigen Zeit ist es wichtig Maßnahmen und Glaubenssätze zu hinterfragen. Grossartige Arbeit! 👍

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