Sichtbarkeit - sehen und gesehen werden

Sichtbarkeit - sehen und gesehen werden

„Wer nicht sichtbar ist, der kann nur in seinem persönlichen, direkten Umfeld seiner Rolle als Führungskraft gerecht werden. In der heutigen, immer digitaleren, komplexeren Zeit ist dies aber nicht genug.“

(Interview mit Katharina Krentz; „Futureskills for Leadership. Segel setzen für die Führungszukunft. Haufe, 2020“)

Als Margareta Jäger und ich die Idee hatten, gemeinsam unser Buch zu schreiben, da lag uns das Thema Sichtbarkeit von Anfang an sehr am Herzen und wir wussten einfach: „Das Thema WIRD als eines unserer Futureskills im Buch auftauchen!“ Die Wichtigkeit und Relevanz von Sichtbarkeit ist für uns Autorinnen absolut gegeben und evident. Interessant war für uns, dass viele Führungskräfte unter dem Begriff Sichtbarkeit jedoch (noch) gar nicht so viel anfangen können und deshalb die Bedeutung dieses Futureskills eher im Mittelfeld oder gar auf den hinteren Rängen ansiedeln. Grund genug für mich, etwas näher auf alles einzugehen!

Ganz grob gefasst geht es bei Sichtbarkeit schlicht und ergreifend darum, zu sehen und gesehen zu werden. Und als Führungskraft nicht nur die erste und höchste Führungsebene zu sehen und die Mitarbeiter wahrzunehmen, die in diesen „illustren Höhen“ entsprechende Positionen bekleiden. Es geht darum, dass die Führungskraft nicht etwa im Elfenbeinturm bleibt ohne Bezug zu den Mitarbeitern, sondern dass die Führungskraft ganz bewusst wahrnimmt und mitbekommt, wer genau diese Mitarbeiter sind, die den Laden am Laufen halten und ohne die ein wirtschaftlicher Erfolg gar nicht möglich wäre. In Zeiten des Silodenkens reichte der Blick der Geschäftsführung allenfalls bis zur ersten und höchsten Führungsebene – aber heutzutage, in Zeiten moderner Führung, weitet sich der Blick einer Führungskraft auf alle Mitarbeiterschichten aus, sodass alle Mitarbeiter für das Topmanagement sichtbar werden. Es geht darum, seine Mitarbeiter weiterzuentwickeln und zu unterstützen. Und genau dafür ist es wichtig, dass die Führungskraft explizit auf dem Schirm hat, wer diese Mitarbeiter sind, was sie antreibt, was sie motiviert – aber auch, was sie demotiviert, um entsprechende Hindernisse aus dem Weg räumen zu können.

Es geht bei Sichtbarkeit aber eben auch darum, dass die Führungskräfte von den Mitarbeitern ganz bewusst wahrgenommen werden und im Positiven wie im Negativen unter Beobachtung stehen. Dass die Mitarbeiter wirklich einen Bezug zur Führungsriege herstellen und sich ein echtes Bild machen können vom Management. Bestenfalls wird die Führungskraft als Vorbild genommen, ihr Tun und Handeln wird für gut befunden.

Soweit, so gut. Fakt ist, dass längst nicht jede Führungskraft für die Mitarbeiter wirklich sichtbar ist – und damit schwer greifbar wird. Zumindest nicht außerhalb der üblichen Firmenveranstaltungen, Pressemeldungen, Ansprachen zur Weihnachtsfeier etc. Auch hier bei LinkedIn ist das Thema Sichtbarkeit für die eine oder andere Führungskraft wirklich ausbaufähig! Häufig sind die Führungskräfte in den sozialen Medien eher passiv und beobachtend als aktiv postend, kommentierend und Content produzierend! Schade eigentlich – da geht nämlich noch viel, viel mehr!

Durch COVID-19 wird Sichtbarkeit auf einmal relevanter denn je! Während des Lockdowns verschwanden plötzlich alle im Homeoffice und z.T. in der Unsichtbarkeit – und in vielen Fällen ist das bis heute so… Führungskräfte waren bzw. sind verunsichert, wie sie zu diesen drastisch veränderten Bedingungen die Leistung ihrer Mitarbeiter sehen und messen könnten. Wer macht denn was? Und wie? Und für die Mitarbeiter verschwanden mitunter die Führungskräfte in der Versenkung und wurden nicht mehr gehört, gelesen oder gar gesehen. Wie sollen denn virtuelle Teams geführt werden? Welche Präsenz braucht eine Führungskraft in diesen seltsamen Zeiten der Pandemie? Was möchte ich sehen? Was muss ich sehen? Egal, ob top down oder bottom up!

Mitarbeiter und Führungskräfte, die ihr Wissen und ihre Erfahrung wie einen Schatz hüten und für sich behalten, kennen wir alle. In der Vergangenheit wurde Wissen als Wettbewerbsvorteil genutzt. Aber die Welt hat sich verändert und wird sich auch in Zukunft weiter verändern. Vom Einzelkämpfer zum Team, von der Hierarchie zum Netzwerk, vom Ich zum Wir. Führungskräfte, die das verstanden haben, prägen einen neuen Führungsstil und neue Unternehmenskulturen, in der sich jeder Einzelne als Teil des Ganzen entwickeln, sich mit ihm verbinden und trotzdem sichtbar sein kann. Wunderbare Dynamiken diesbezüglich ergeben sich u.a. aus WOL-Circles in Unternehmen, in denen Mitarbeiter mit anderen in den Austausch treten, Silos aufbrechen und sichtbar werden, um gemeinsam besser und effizienter Ziele zu erreichen und Netzwerke aufzubauen.

In unserem Nachbarland Dänemark ist Sichtbarkeit für eine Führungskraft bereits viel etablierter!

„Als Manager musst du sichtbar sein. Man muss dich sehen, fühlen und merken, was will der Manager mit der Firma, mit den Mitarbeitern. Es ist mir wichtig, dass die Mitarbeiter mich spüren und mich kennen. Sie sollen wissen, wie ich denke und was mir wichtig ist.“

(Axel Manøe Jepsen im Interview mit Michaela Flick im Rahmen des Buchprojekts „Futureskills for Leadership“)

Margareta Jäger

HR & Leadership Executive | Ecosystem & Network | Master of Cognitive Neuroscience

4 Jahre

Sichtbarkeit erfordert MUT - aus der Deckung und Anonymität herauszutreten und sich zu zeigen! Einige Führungskräfte sind meist mutiger für andere die Verantwortung zu tragen als den Mut zu haben, sich selber sichtbar zu machen. Für Michaela Flick und mich ist Sichtbarkeit in Zukunft eins der wichtigsten Skills für Führungskräfte. Und weil wir hier auf LinkedIn sind: Auch hier ist Sichtbarkeit DAS Thema. Gerade in den sozialen Medien ist es nicht immer kontrollierbar wie die Reaktionen der anderen sein werden oder was Dritte mit den Informationen machen, die sie erhalten. Es ist wie bei allem im Leben: wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Abwägung ob man ins Licht geht und Chancen nutzt, oder ob man im Schatten bleibt, darf jeder für sich selbst entscheiden. Mit der Pandemie hat sich jedoch m.M.n. das Verhältnis zugunsten der Chancen drastisch gedreht. Meine Empfehlung für die Zurückhaltenden: kleine Schritte gehen, dh. z.B. auf LinkedIn mit likes beginnen (da freuen sich auch die Autoren der Beiträge 😊) und step by step bis zum eigenen Artikel langsam ausprobieren. In und mit meinem ersten #WOL Circle habe ich diese Reise zur Sichtbarkeit begonnen und kann es jedem nur ans Herz legen, sich auf diese Erfahrung einzulassen.

Michaela Flick

Segel setzen für PM und Führung | Trainerin, Coach, Autorin. Herzensthemen: Projektmanagement - Leadership ⛵

4 Jahre

Was ist für Sie / Euch das Thema Sichtbarkeit? Welche Rolle spielt es derzeit beruflich? Ich freue mich auf Kommentare, Meinungen, Gedanken.... ⛵

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