So könnt ihr in der Krise euer Studium finanzieren; braucht Innovation einen Uni-Abschluss?; und weitere Themen
Der Übergang von Ausbildung oder Studium ins Berufsleben ist eine der stärksten Veränderungen in unserem Leben. Aber ob dann wirklich “Schluss mit lustig” ist und nur noch der “Ernst des Lebens” herrscht, das ist hauptsächlich Einstellungssache – ebenso wie die Frage, wie man den ersten Wunschjob landet. Zweiwöchentlich gibt dieser Newsletter Auskunft über alles, was Studierende und Berufseinsteiger*innen wissen müssen. Ihr wollt mehr über ein bestimmtes Thema erfahren? Schreibt mir Wünsche und Anregungen in die Kommentare unter diesem Artikel.
Supermarktkasse bis Stipendium: So könnt ihr in der Krise euer Studium finanzieren
In wenigen Wochen starten – Corona-bedingt etwas später als üblich – an den meisten deutschen Unis die Vorlesungen des Wintersemesters. Und damit der erste Jahrgang, der das Studium während einer globalen Pandemie antritt.
Aufgrund der Kontaktbeschränkungen wird für sie vieles anders werden als für die Generationen von Studienanfänger:innen vor ihnen. Keine Erstie-Treffen (oder sehr ungewöhnliche, wie auf dem Tempelhofer Feld in Berlin), weniger Präsenzveranstaltungen in den Hörsälen, dafür mehr digitale Lehre.
Zwar haben viele Univerwaltungen und Fachschaften bereits im Sommersemester Erfahrungen gesammelt, wie sie auf die veränderten Bedingungen reagieren können, und es gibt auch bereits Forderungen nach der Rückkehr zum Präsenzunterricht.
Doch eine Frage, die für viele Erstsemester und auch erfahrene Studierende existenziell ist, werden auch sie nicht lösen können: Wie finanziere ich mein Studium während der Krise?
Klassische Jobs brechen weg, Überbrückungshilfe ist ausgelaufen
Denn nach wie vor finden sich kaum klassische Jobs für Studierende. Die Gastronomie, die in den Sommermonaten zumindest in den Außenbereichen wieder einigermaßen angelaufen war, wird in Hotspots mit Sperrstunden konfrontiert sein – schlechte Karten also für alle Kellner:innen. Messen finden nach wie vor nicht statt, die Jobs als Aufbauhelfer:innen und Hostessen oder Hosts fallen weg. Selbiges gilt für den Tourismus- und Hotellerie-Sektor. Und auch der Klassiker – Taxifahren – ist in Zeiten stark reduzierter Reisebewegungen eher wenig einträglich.
Zu allem Übel hat die Bundesregierung Ende September die Überbrückungshilfen auslaufen lassen, für die seit Juni insgesamt 135.000 Anträge genehmigt wurden. Begründung: Laut Bundesbildungsministerium habe sich die Wirtschaftslage wieder entspannt und der Bedarf sei “stark gesunken”. Ob er mit dem Start des neuen Semesters wieder steigen würde wollte das Ministerium offenbar lieber nicht abwarten. Zwar besteht laut Bildungsstaatssekretär Michael Meister (CDU) die Möglichkeit, dass das Unterstützungsprogramm wieder aufgelegt werde, das wird aber wohl kaum noch zum aktuellen Wintersemester passieren.
Was also tun? Ich will in dieser Ausgabe von Einstellungssache ein paar Möglichkeiten zusammentragen, wie ihr trotz Krise an Jobs oder Geld kommen könnt (ohne eine Bank zu überfallen). Die Liste ist als Inspiration zu verstehen und sicherlich nicht vollständig, deshalb habe ich eine Bitte an euch: Wenn ihr darüber hinaus Tipps (oder auch Fragen) habt, welche Geldquellen sich derzeit anzapfen lassen, schreibt sie in die Kommentare.
Bafög, Stipendien, Studienkredit
Manche Geldquellen für Studierende sind zwar ziemlich offensichtlich, sie sollen trotzdem nicht unerwähnt bleiben. Da gibt es zum einen den Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), über den ihr monatlich bis zu 650 Euro erhalten könnt. Zwar ist die Perspektive, am Ende des Studiums mit Schulden ins Berufsleben zu starten, nicht gerade prickelnd. Aber bevor ihr euer Studium abbrechen müsst, ist der Studienkredit möglicherweise die letzte Rettung.
Doch bevor ihr einen Kredit aufnehmt, solltet ihr euch mit der deutschen Stipendien-Landschaft auseinandersetzen. Stipendien gibt es eine ganze Menge für fast jeden erdenklichen Förderungsfall: Neben der Bezuschussung von Lebenshaltungskosten gibt es etwa die Förderung von Praktika, Sprachkursen, Studiengebühren, Wohn- und Arbeitsräumen und die ideelle Förderung (die zumindest mit einem Netzwerk weiterhilft). Um einen Überblick zu bekommen, hilft euch unter anderem der Stipendienlotse der Bundesregierung.
Übrigens: Ihr müsst nicht unbedingt die besten Noten haben oder besonders bedürftig sein, um ein Stipendium zu erhalten. Manchmal reicht es auch, wenn ihr einen bestimmten Hintergrund habt. Wenn ihr beispielsweise bereits Berufserfahrung vor euren Studium gesammelt habt, ist das Aufstiegsstipendium interessant. Eine gute Übersicht über die verschiedenen Möglichkeiten, um an ein Stipendium zu kommen findet ihr etwa auf arbeiterkind.de.
Auf jeden Fall prüfen solltet ihr, ob ihr berechtigt sein, um Bafög zu erhalten. Im Netz gibt es dafür zahlreiche Seiten mit Bafög-Rechnern (etwa hier oder hier). Übrigens: Wenn ihr “dem Grunde nach” keinen Anspruch auf Bafög habt und euer Antrag deshalb abgelehnt wurde (weil ihr etwa zu alt seid, oder schon zu lange studiert habt) könnt ihr Wohngeld beantragen.
Doch leider reicht bei den aktuellen Mietpreisen das Geld trotz Förderung oft nicht. Dann muss ein Nebenjob her.
Diese Alternativen zu typischen Studi-Jobs gibt es
Zwar sind viele Branchen mit typischen Jobs für Studierende derzeit stark unter Druck, dafür wurden andere Bereiche weniger stark getroffen oder konnten von der Pandemie sogar profitieren. Falls ihr also in eurem Fachbereich kein bezahltes Praktikum oder einen Aushilfsjob findet, solltet ihr hier Ausschau halten:
- Supermärkte: An der Kasse sitzen oder Regale einräumen ist zwar bisweilen ein Knochenjob, aber auch eine der derzeit wohl verlässlichsten Einkommensquellen. Denn Supermärkte waren sogar während der drastischen Kontaktbeschränkungen im Frühjahr geöffnet und werden dies wohl auch sein, sollte es im Winter wieder zu ähnlichen Einschränkungen kommen. Außerdem gibt es dort derzeit starken Bedarf an Arbeitskräften: In der LinkedIn Liste mit Unternehmen, die derzeit einstellen, sind sieben der zehn Unternehmen mit den meisten offenen Stellen in Deutschland Einzelhändler.
- Contact-Tracing: Mit den steigenden Infektionszahlen wird es für die Gesundheitsämter zunehmend schwer, Infektionsketten nachzuvollziehen. Deshalb wird es im Herbst und Winter wahrscheinlich wieder verstärkten Bedarf nach sogenannten Contact-Tracern oder Unterstützungspersonal geben, die per Telefon Kontaktpersonen von Infizierten benachrichtigen oder Fragen zum Coronavirus beantworten. Dafür braucht ihr in der Regel keine medizinischen Vorkenntnisse. Solche Job-Angebote gibt es derzeit unter anderem in Köln, Berlin und Hamburg. Am besten, ihr schaut direkt auf den Jobseiten eurer Stadt oder eures Gesundheitsamtes nach.
- (Online-)Nachhilfe: Eher ein klassischer Job für Studierende, aber derzeit gefragter denn je. Viele Schüler:innen wurden während des Homeschoolings vor den Sommerferien von ihren Schulen schlecht bis gar nicht unterrichtet und haben jetzt verstärken Nachholbedarf. Schaut euch hier gezielt nach Angeboten um, die Online-Nachhilfe vermitteln, wie etwa das Portal Easy-Tutor. Dort könnt ihr zwischen 13 und 15 Euro pro Stunde verdienen.
- Lieferdienste und Logistik: Statt ins Restaurant oder in die Innenstadt zum Shoppen zu gehen, bestellen sich viele Leute Essen nach Hause und kaufen lieber online ein. Das bedeutet: Versandhändler und Food-Lieferdienste brauchen Personal, um dem erhöhten Bedarf gerecht zu werden. Das könnte eure Chance sein.
Daneben solltet ihr euch auf jeden Fall auch nach Jobs direkt bei euch an der Uni umschauen. Denn am besten ist es natürlich, wenn ihr als studentische Hilfskraft Geld verdienen könnt und einen direkten Bezug zu Studium habt.
Auch wenn vielleicht viele der Jobs, die es derzeit noch gibt, nicht unbedingt das sind, was ihr euch unter einem Studierenden-Job vorgestellt habt, so können sie euch vielleicht doch helfen, einigermaßen über die Runden zu kommen, bis die Pandemie vorbei ist.
Wie haltet ihr euch derzeit finanziell über Wasser? Habt ihr noch weitere Tipps zur Studienfinanzierung? Dann schreibt sie in die Kommentare und helft anderen dabei, die Krise zu meistern.
Kurz notiert ...
Braucht Innovation zwingend einen Hochschulabschluss? Mark Zuckerberg, Bill Gates und Steve Jobs haben (mindestens) zwei Dinge gemeinsam: Alle sind Gründer innovativer Unternehmen – und haben keinen Hochschulabschluss. Sie zeigen also, dass man auch mit einem abgebrochenen Studium erfolgreich und innovativ sein kann. Trotzdem verlangen viele Stellenausschreibungen in den Bereichen Digitalisierung und Innovation heute zwingend ein Hochschulzeugnis. Warum ist das so und ist diese Haltung noch zeitgemäß? Diskutiert mit.
Gibt es den Gender Pay Gap noch in 100 Jahren? Bis Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter EU-weit gleiche Löhne für gleiche Arbeit bekommen, könnte es laut einer Berechnung des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) noch mehr als 80 Jahre dauern. In den letzten acht Jahren habe sich die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern nur um durchschnittlich einen Prozentpunkt verringert. Für Deutschland ist die Prognose übrigens besonders düster: Hier werde Frauen voraussichtlich noch 101 Jahre lang (also bis zum Jahr 2121) ein niedrigerer Lohn gezahlt als Männern. Übrigens: Die Beratungsfirma McKinsey hat herausgefunden, dass erfolgreiche Studentinnen sich im Schnitt 11.500 Euro weniger Einstiegsgehalt wünschen als Männer mit den gleichen Qualifikationen. Ist ein Grund für den Pay Gap, dass Frauen zu bescheiden sind? Diskutiert mit.
Karrieretipp: Vernetzt euch möglichst früh! Cawa Younosi ist Personalchef bei SAP Deutschland. Er glaubt, dass für junge Menschen, die gerade ins Berufsleben einsteigen, derselbe Ratschlag gilt wie vor der Coronakrise: Sich von Anfang an ein gutes Netzwerk aufbauen. “Mit wem kann ich mich vernetzen? Wer bringt mich weiter? Wer hilft mir, im Unternehmen Fuß zu fassen? Und von wem kann ich in erster Linie am meisten lernen?” Außerdem spricht Cawa Younosi im Video darüber, warum es wichtig ist, aus schwierigen Momenten zu lernen und wieso er immer positiv in die Zukunft blickt. Welche Tipps haben euch geholfen, gut ins Berufsleben zu starten? Diskutiert mit.
Über welche Themen würdet ihr hier in Zukunft gerne mehr lesen? Schreibt mir Anregungen, Meinungen und Themenvorschläge in die Kommentare. Um keine Ausgabe dieses Newsletters zu verpassen, klickt oben rechts auf den Button "Abonnieren".
Titelbild: Maskot/Getty
Managing Director @Junico
4 JahreWir haben beobachtet, dass sich zunehmend Studierende bei uns (Freelance Junior GmbH) registrieren, die durch Corona ihren klassischen Studi-Job verloren haben. Gerne können wir uns hierzu einmal austauschen, Ben Hartlmaier.
Medienberaterin/Area Sales Managerin „zeitgemäße Lösungen für Unternehmen und Arbeitgeber“
4 Jahre👏Sehr hilfreicher Artikel 👍!Jeder Hinweis ist wichtig für Student:innen und junge Menschen in Ausbildung. Sehe es gerade bei meiner Tochter und ihrem Freund. Sie studiert (Erstsemester) und er finanziert seine Ausbildung (Physiotherapeut). Anfang März in die erste kleine gemeinsame Wohnung gezogen; dann kam Corona. Beide haben daraufhin bereits im März ihre Nebenjobs in der Gastronomie (Club) verloren und anschließend festgestellt, wie hart die Suche nach Nebenjobs ist, denn sie sind ja nicht die Einzigsten, die suchen. Die systemrelevanten Branchen suchen überwiegend Personal zu Zeiten in denen (Online)-Vorlesungen stattfinden (zwischen 8 und 19 Uhr)... Zahlreiche Unternehmen bilden erst gar nicht aus; aus wirtschaftlichen Gründen und/oder weil sich Mitarbeiter:innen im Home-Office befinden. Die Lage wird sich eher noch verschärfen. Hier ist jetzt dringend die Politik gefragt. Die Möglichkeiten zur Unterstützung junger Menschen (unserer Zukunft); speziell in Corona-Zeiten und für ausbildungswillige Unternehmen (inkl. kleiner bis mittelständischer Unternehmen), wird meiner Meinung nach, seitens der Politik, zu stiefmütterlich behandelt. Hier ist noch deutlich „Luft nach oben“. Mit Existenzängsten lässt sich schlecht studieren!
Building things (deineStudienfinanzierung, OWWN, ...)
4 JahreHey Ben, da hätten wir Dich mit dem Angebot von deineStudienfinanzierung noch mit einigen weiteren Möglichkeiten für Studierende versorgen können. Wollen wir hierzu vielleicht mal sprechen, um diese tolle Übersicht noch ergänzen zu können? 🙂
Älter werden heißt nicht fauler und dümmer werden. Was ich verspreche, halte ich auch!
4 JahreBaFöG sei Dank eigentlich kein Problem.
Founder I LinkedIn Certified Marketing Insider
4 JahreBen Hartlmaier Vielen Dank für diesen wichtigen Content. Wie auch schon angedeutet, gibt es auch in diesen herausfordernden Zeiten, Jobs für Studenten, um das Studium zu finanzieren. Entscheidend ist es, dass ihr proaktiv seid und euch sowohl nach den klassischen Jobs als auch nach neuen Möglichkeiten umschaut. - Gastronomie (auch die Fastfoodketten) - Nachhilfe (funktioniert auch online) - ContentCreation (für Agenturen und Influencer) - Tutor und wiss. Mitarbeiter an der Uni - Einzelhandel (schaut bei großen Ketten H&M und co.) .... Die Recherche genügt jedoch nicht. Ihr müsst echt auch bewerben, auch wenn keine Stellen ausgeschrieben sind, dann schickt eine InitiativBewerbung los und/oder geht persönlich hin um nach einem Job zu fragen. Let’s go!