Warum 1,5 Grad kein gutes Narrativ für den Klimaschutz ist.
Warum wir für den Klimawandel ein anderes Narrativ als das 1,5 Grad Ziel brauchen.
Wie jetzt, brauchen wir das Ziel nicht? Oh doch, natürlich, wir dürfen die 1,5 Grad nicht verfehlen. "A race we must win" - so Boris Herrmann der Segler, der sich für den Klimaschutz einsetzt, es auf den Punkt bringt. Natürlich sind sich darin auch so gut wie alle wissenschaftlichen Klimaforscher einig.
Aber das 1,5 Grad Ziel ist aus psychologischer Sicht einfach zu nett, um zu konsequenten oder gar freiwilligen Verhaltensänderungen zu führen.
1,5 Grad, das ist einfach eine Minizahl, die sich nicht wirklich schlimm anhört. 1,5 Grad mehr oder weniger, den Unterschied merken wir einfach nicht, wenn wir raus auf den Balkon oder die Straße treten. Der Unterschied ist sinnlich nicht wirklich spürbar.
Und dieses subjektiver Nicht-Fühlen-Können des vermeintlich kleinen Temperatur-Unterschiedes führt dazu, dass viele Menschen die Sache mit dem Klima-Wandel nicht so richtig ernst nehmen. Einschließlich so steht zu fürchten, der Politik. Schlimmer noch: einige fänden es zumindest in unseren Breitengraden ganz nett, wenn es im Winter nicht mehr so kalt und im Sommer etwas wärmer ist (gut 40 Grad wären den meisten zu viel, aber wie gesagt, 1,5 Grad mehr, so schlimm kann das doch nicht sein, oder?)
Hier klaffen gefühlte persönliche Wärmegrade und das, was bereits 1,5 Grad Erderwärmung bedeuten extrem auseinander. 1,5 Grad ist für die Erde, was komplett anderes als für unser Wärmeempfinden.
Für die Erde bedeutet 1,5 mehr als nur Fieber.
Die Wärmeentwicklung der Weltmeere entspricht in etwa 1,5 Hiroshima-Atombomben pro Sekunde für die letzten 150 Jahre.
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Mit 1,5 Grad steuern wir auf drei bis sechs solcher Atombomben pro Sekunde an.
Klar Atombomben klingen jetzt irgendwie zu dramatisch. Und die Diskussion soll ja sachlich sein, besser keine Angst schüren. Richtig? Ich bin ehrlich, ich bin mir nicht mehr sicher. Für mich fühlen sich die Warnungen rund um 1,5 Grad einfach zu kuschelig an für das, was hinter der Energie steckt, die den Klimawandel voran treiben.
"Obwohl die Wissenschaftler den Vergleich mit der Atombombe ungerne ziehen, bestätigte die Autorin Laure Zanna die Zahlen. „Offensichtlich geben wir eine Menge überschüssige Energie ins Klimasystem und viel davon landet in den Ozeanen“, sagt die Professorin der Zeitung. Daran gebe es keinen Zweifel."
Sie zieht einen weiteren Vergleich: Die von den Meeren in den vergangenen 150 Jahren aufgenommene Wärme entspricht dem Tausendfachen des jährlichen Energieverbrauchs des gesamten Planeten.
In der FAZ gab es kürzlich einen ähnlichen - zusätzlichen Vergleich: Die Energie von der wir bei bei 1,5 Grad Erderwärmung reden entspricht rund 2000 Erdbeben der Größenordnung Türkei - Syrien täglich. Täglich. Für immer, denn die 1,5 Grand gehen ja auch nicht mehr weg.
So und nun frage ich mich, kann man das nicht besser kommunizieren? Also im wahrsten Sinne nachhaltiger und verhaltensrelevanter?
Klar, Klimaschutz soll Spaß machen - aber die Notwendigkeit sollte in einem Klimawandel-Narrativ, das die Leute fühlen können, deutlich werden. Fühlbar im Sinne von körperlich, sinnlich spürbar. Liebe Werber, liebe Unternehmen? Wäre das nicht mal eine sinnvolle Aufgabe? Eine richtige, tolle, gute Geschichte, ein Narrativ zu finden, das funktioniert? Die Zeit der Verharmlosung muss vorbei sein, denn längst glauben die wenigsten noch an die 1,5 Grad. Und viele reden von Kipppunkten für das Klima, deren Ausmaße wir dann vielleicht nicht mal mehr in Atombomben darstellen können.
Dipl. Psych. Ines Imdahl
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1 Jahr„Die Zeit der Verharmlosung muss vorbei sein, denn längst glauben die wenigsten noch an die 1,5 Grad. Viele reden von Kipppunkten für das Klima, deren Ausmaße wir dann vielleicht nicht mehr in Atombomben darstellen können.“ Ja, so ist das!!!!. 100% Unterstützung. PS: Und „viele“, sind jetzt nicht diejenigen, „die auf der Brennsuppe dahergeschwommen sind“, sondern anerkannte und vertrauenswürdige Experten sind. PPS: Frank Böttcher aus Hamburg hat das letztes z.B. sehr einfach erklärt, warum das so bedrohlich ist. Auf SWR3 Leute. Abends dann noch einmal in einem Vortrag - vor leider nur 50 Leuten und ohne Presse. Die Presse mag sich dafür nicht engagieren. Warum nicht? Ich habe leider keine Ahnung. Frank B. Erklärte, warum Extremwetterlagen zunehmen. D.h. Die Ausschläge (z.B. Hitze wechselt sich ab mit Kälte) werden heftiger, aber der Durchschnitt verändert sich kaum. Auch ein Grund, warum diese 1,5 Grad so „schwer zu verstehen sind“ und kaum zu Verhaltensänderungen führen. Leider.
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1 JahrInes Imdahl großartiger Artikel 👏 Matthias und ich haben mit unserer bezero App damals versucht über eine emotionale Einheit die Klimafolgen von Autofahrten erlebbar zu machen. "Baumjahre" war unsere Einheit: Die Zeit, die ein Baum durchschnittlich braucht um die ausgestoßene Menge an Treibhausgasen wieder zu binden. Das Ergebnis: Es tat weh. Sehr weh. Einmal zum Baden an den See = 6 Monate. Mit dem Auto in den Sommerurlaub = 50 Jahre usw... Die eine Gruppe wollte es erst garnicht wissen (weil es so unangenehm war) und die anderen waren frustriert, weil sie (auf dem Land) oft noch keine guten Alternativen hatten. Es gab aber auch einige, die, aufgrund der plötzlich sichtbaren Daten, ihr Verhalten bewusst angepasst haben und sich über die dabei gesammelten Fahrradkilometer gefreut haben. Für einen Impact, wie Du ihn beschreibst, braucht es vielleicht ein emotionales Narrativ, mit dem sich alle Gruppen identifizieren können. Die, die noch zweifeln, die die schon mehr wissen wollen und die die bereit sind etwas zu ändern.
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1 JahrJan Pechmann Ist das nicht auch ein Thema für Euch mit BAM! Bock auf Morgen? Tauscht Euch doch mal aus!
Teamlead Global Marketing Campaigns E.ON Communications Expert - Music Journalist under the alter ego Kate Rock
1 JahrDanke Ines für den Denkanstoß. Ich kann deine Argumentation total nachvollziehen. In Relation setzen, wie du es getan hast, hilft auf jeden Fall schon Mal die 1,5 Grad nachvollziehbarer zu machen.
Strategisch führen mit Werten – Unternehmenskultur als Erfolgskompass. Ich begleite Sie. | Podcast Host & Moderator bei »Gewinn mit Sinn«
1 JahrInteressantes Buch dazu: »3 Grad mehr« von Klaus Wiegandt (Hrsg.). Zum einen beschreibt er und seine wissenschaftlichen Mitautoren sehr detailliert, was mit einer 3 Grad wärmeren Welt passiert. Wenn ich das lese, wird selbst mir als unverbesserlicher Optimist ganz anders. Das Gute an dem Buch ist, es wird auch beschrieben, wie wir das mit naturbasierten Lösungen verhindern können, z. b. mit dem Stopp der Regenwaldabholzung und der Kombination von Klima- und Artenschutz. Dann die Aufforstung in den Tropen und Subtropen, nachhaltige Nutzung von Holz im Bausektor, dem Stärken von Moore (Wiedervernässung, Torfabbau verhindern), regenerative Landwirtschaft und terrestrische Wasserkreisläufe stärken. Das Wichtigste ist und bleibt aber die Macht der Information und damit die Macht informierter Bürger und Bürgerinnen vor allem in der Demokratie. Mit anderen Worten: Jeder Beitrag ist wichtig!