Wer braucht schon Harmonie? Setz dein Unternehmen unter Stress!
Wer braucht schon Harmonie? Setz dein Unternehmen unter Stress! Felix Heiden

Wer braucht schon Harmonie? Setz dein Unternehmen unter Stress!

„Wenn wir das umsetzen sollen, brauchen wir mehr Budget.“ „Warum kriegen die im Vertrieb jetzt einen zusätzlichen Mitarbeiter? Wir bräuchten hier in der IT viel dringender einen.“ „Wie sollen wir das denn auch noch hinkriegen? Wir sind eh schon am Stresslimit.“

Als ich zum ersten Mal Einblick in die Arbeit eines Geschäftsführers bekam, war ich überrascht, mit welchen Fragen ich konfrontiert wurde.

Was ist eigentlich mein Job?

Vorher dachte ich, die Aufgaben der Geschäftsleitung drehen sich in erster Linie um Strategieentwicklung, Marktgestaltung und darum, Wettbewerbsdruck aufzubauen. Tatsächlich aber verbrachte ich einen Großteil meiner Zeit damit, Harmonie herzustellen. Will sagen: Ich musste die Interessen der verschiedenen Abteilungen miteinander in Einklang bringen. Musste Ressourcen-Diskussionen führen: Wer bekommt wie viel Personal und Budget? Musste erleben, wie einzelne versuchten, die Auswirkung einer Entscheidung auf sich möglichst gering zu halten. Es ging immer darum, Stress zu vermeiden, dafür zu sorgen, dass alles stets harmonisch und reibungsfrei läuft.

Was meinst du: Ist das der Job der Geschäftsleitung? Stress vermeiden? Ich meine: Dass Stress Gift für die Mitarbeiter und das Unternehmen ist, ist eine Denkfessel.

Reibungsfreier Ablauf? Besser nicht!

Ich glaube, dass es mein Job als Geschäftsführer ist, dafür zu sorgen, dass das Unternehmen permanent unter Stress steht. Versteh’ das nicht falsch. Es geht nicht um Überforderung, nicht darum, die Mitarbeiter jeden Tag, jede Stunde und jede Minute über ihre Stressgrenze hinauszutreiben. Das ist Unternehmertum von Vorvorgestern.

Es geht um positiven Stress. Stress, der Kreativität freisetzt, Ideen auslöst. Ich sehe meine Hauptaufgabe darin, das Unternehmen täglich mit den Herausforderungen des Marktes zu konfrontieren und mit den Problemen, für die unsere Kunden eine Lösung von uns haben möchten. Denn so zwinge ich mich und alle Mitarbeiter dazu zu lernen, zu wachsen, Lösungen zu finden und uns an die sich verändernden Marktbedingungen anzupassen.

Ich mach das mal konkret:

„Wir tun, was wir können“ reicht nicht

Bei Wastebox haben wir gerade erst einen großen Kunden gewonnen. Neben unserer Standard-Dienstleistung möchte er noch eine andere Lösung von uns. Die aber können wir technisch (noch) nicht abbilden. Was hättest du an unserer Stelle gesagt? „Sorry, wir tun, was wir können. Aber das können wir leider nicht“? Wäre ganz sicher sehr viel weniger Stress. Aber auch ganz sicher ein Kunde weniger. Und noch sicherer: keine Weiterentwicklung in deinem Unternehmen.

Deshalb haben wir gesagt: „Lieber Kunde, wir machen das. Erst einmal mit einem Workaround. Aber bald mit einer technischen Lösung, die genau auf deine Bedürfnisse zugeschnitten ist.“

Stress tut gut.

Vorübergehend bedeutet das bei uns: Mehr Stress, sowohl durch das unpraktische Workaround als auch für unsere Entwickler, die jetzt unter Hochdruck nach einer guten, technischen Lösung suchen. Aber ich bin ganz sicher, dass wir die finden werden. Es gibt immer eine Lösung. Und danach sind wir noch besser und fit für einen ganz neuen Kundenkreis.

Wer braucht harmonische, reibungslose Abläufe und stressfreies Arbeiten? Niemand, der wirksam sein möchte!

Felix Heiden

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