Werden die Führungskräfte von morgen ein "Nomadenleben" führen?
Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Arbeit von Führungskräften aus?
Prozessautomatisierung hat bereits viele Arbeitsplätze überflüssig gemacht – diese Tatsache beschäftigt uns inzwischen seit mehreren Jahren. Top-Manager gehören zu den Glücklichen, deren Arbeitsplatz nicht gefährdet ist: Ihre Wertschöpfung basiert auf Kreativität und der Fähigkeit strategische Entscheidungen zu treffen, also Kompetenzen, die nur Menschen besitzen. Die Art, wie sie arbeiten, unterliegt jedoch einem radikalen Wandel. Manager werden sich zu Nomaden entwickeln.
Anfang des 19. Jahrhunderts gab es in den ersten großen Industriestädten Europas und der Vereinigten Staaten die ersten Schlangen von Tagelöhnern. Sie warteten darauf, bei Tagesanbruch Arbeit in den Fabriken oder Werken zu finden, die damals am Rande der Städte aufblühten. Die 1780 begonnene Industrialisierung hatte die Arbeit der Menschen bereits grundlegend verändert. Sie zielte nun darauf ab, Maschinen zu ergänzen. Im gesamten Verlauf des 20. Jahrhunderts hat sich die Arbeitswelt schrittweise um das Unternehmen als Basiseinheit formiert. Die große Innovation des Taylorismus bestand in der Steuerung manueller Prozesse und der Organisation hunderter Arbeiter entlang der Produktionskette. In den 1920er Jahren trieb der Fordismus zunächst in den USA und nach dem Krieg auch in Europa die Organisation und Integration der Lohnarbeit noch weiter: die Beschäftigen blieben über Jahre, manchmal sogar Jahrzehnte bei einem Unternehmen angestellt. Ab den 1950er Jahren haben der Kanban in Japan und anschließend das Lean Management diesen Trend weiter vorangetrieben.
Die Führungskräfte von morgen arbeiten nicht für ein geschlossenes Unternehmen, sondern organisieren sich in Netzwerken, aus denen sie die vielversprechendsten Partnerschaften wählen.
Aktuell ist diese Struktur im Wandel: Auftragsbasierte Arbeit, die eine direkte Beziehung zwischen Kunde und Dienstleister herstellt, entwickelt sich in rasantem Tempo. Zahlreiche Startups sind in diesem aussichtsreichen Bereich auf den Markt gekommen. Inzwischen decken sie ein gigantisches Spektrum von wenig bis hoch qualifizierten Services ab. Das Startup Handy beispielsweise stellt für einen durchschnittlichen Stundensatz von 18 US-Dollar Arbeitskräfte für häusliche Tätigkeiten jeder Art zur Verfügung, angefangen von Hausarbeit bis hin zu Heimwerkeraufgaben. Axiom hingegen bietet Dienstleistungen von Rechtsanwälten und Eden Mc Callum Dienste von Beratern an.
Nicht nur Privatkunden, sondern auch immer mehr Unternehmen greifen auf externe Services zurück, um Bereiche abzudecken, die nicht zu ihrem Kerngeschäft zählen. Das geht vom Marketing über das Personalwesen teils bis in die Forschung und Entwicklung hinein! Damit beschränkt sich das Arbeiten auf Abruf nicht mehr allein auf gering qualifizierte Arbeitskräfte wie bei den Tagelöhnern, die in den Großstädten des 19. Jahrhunderts Schlange standen. Immer mehr Spitzenkräfte entwickeln sich zu "externen Führungskräften" sogenannten "Rented Execs": Sie arbeiten projektbasiert und bringen so ihre oftmals spezialisierten Kompetenzen ein. Im Vergleich zu einer internen Lösung sparen Unternehmen in diesen Konstellationen Zeit, Energie und sogar Geld. Die Transaktionskosten sind inzwischen negativ.
Gründe für den technologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel
Digitale Technik ebnet den Weg für eine völlig neuartige Taylorisierung intellektueller Tätigkeiten. Dieser Prozess impliziert stets auch Spezialisierung und mögliches Outsourcing. Das Internet wird damit zu einem riesigen Marktplatz, auf dem die Unternehmen Auktionen neu erfinden, indem sie je nach aktuellem Bedarf Arbeitskräfte rekrutieren.
Gleichzeitig zwingen internationalisierte und immer stärker fragmentierte Wertschöpfungsketten sowie der Druck, sich dem Markt in Echtzeit anzupassen, Unternehmen dazu, ihr Management flexibler zu gestalten. Diese Politik ist ein Nährboden für spezialisierte Services – genau das, was "auftragsbasierte Arbeit" bietet.
Hinzu kommt ein gesellschaftlicher Trend: Arbeitnehmer verlangen mehr Autonomie und Flexibilität. Eine Studie des INSEE, des nationalen Instituts für Statistik in Frankreich, belegt, dass die größte Motivation für Unternehmensgründer, darunter auch selbständige Erwerbstätige, der Wunsch nach Unabhängigkeit ist. Es folgen Unternehmergeist und der Suche nach neuen Herausforderungen. Arbeitslosigkeit rangiert als Grund für einen Wechsel in die Selbständigkeit nur auf Platz vier. Dies ergab auch eine Studie auf dem britischen Arbeitsmarkt. Die Generation Y wird diesen Trend weiter verstärken, gerade junge Beschäftigte legen besonders großen Wert auf ihre Unabhängigkeit.
Organisatorischer und kultureller Wandel für Unternehmen... und Führungskräfte!
Ich habe mit vielen "externen Execs" und Firmenvertretern gesprochen und frage mich: Wohin wird dieses Nomadentum führen? Welche Aufgaben resultieren daraus für Unternehmen? Mit Sicherheit werden sie Kosten optimieren. Effizienzsteigerungen lassen sich erzielen, wenn Firmen spezielle Kompetenzen abrufen können, die für einzelne Bedürfnisse maßgeschneidert sind. Parallel müssen Unternehmen lernen, ein neues Gefühl der Zugehörigkeit, der gemeinsamen Kultur unter den Mitarbeitern zu schaffen, die nicht mehr durch klassische Verträge gesichert ist. Darin liegt eine immense Herausforderung im für die Unternehmenskultur und -führung. Und was ist mit den Führungskräften selbst? Sie werden zweifellos ihre Freiheit genießen, der sie einen sehr hohen Wert beimessen. Allerdings sollten sie sich auf die beiden größten Risiken für Selbständige einstellen: als Einzelkämpfer aufzutreten plus der hohe individuelle Druck möglichst produktiv zu arbeiten. In einem wesentlichen Punkt aber besteht Einigkeit: Das einzige Ziel externer Führungskräfte ist der Projekterfolg. Die Zeit des internen Politisierens, des Taktierens und der Flurgespräche ist endgültig vorbei. Diese Aussicht motiviert sicherlich nicht wenige, sich künftig oder weiterhin als "Nomaden" zu versuchen.
Executive Director @Indeed Innovation: Looking forward to kickstart your transition into the circular economy.
8 JahreSehr geehrter Herr Bouée, die zunehmend geforderte Flexibilität bzw. agileres Handeln fordert das Management auf allen Ebenen. Für viele Menschen in wissensbasierten Berufen ist die Entwicklung sicher eine positive. Aber der Übergang birgt viele Schwierigkeiten. Wie kommen Führungskräfte und Experten zB mit Macht- und Status Verlust klar, wenn agiler, selbstorganisierter in lösen Netzwerken gearbeitet wird? Wie begenet man Ängsten, wenn Routinen wegfallen, die Sicherheit geben? Wie vermittelt man die geforderte unternehmerische Haltung denen, die zwar gute Experten sind , aber doch eigentlich nur ihren Job machen wollen?
Schreibe Bewerbung, zeige mich persönlich und bin jederzeit verfügbar. Ich möchte nur eine faire Chance.
8 JahreIch kann mich den Ausführungen von Herrn Städler nur anschliessen. Die gerade jetzt im Wandel im wieder angesprochene und angestrebte Nachhaltigkeit bleibt bei dieser Ausführung gänzlich auf der Strecke. Sind es doch gerade die KMU's die durch Innovation und Ideenreichtum im Team entscheidend dazu beitragen, das sich das Gesicht der Städte positiv ändert und auch alte Bausubstanzen in neuem Glanz erstrahlen .
Farm Manager bei Wuermser Agriculture/renewable Energy and Tourism
8 Jahre" ..... die Beschäftigen blieben über Jahre, manchmal sogar Jahrzehnte bei einem Unternehmen angestellt. Ab den 1950er Jahren haben der Kanban in Japan und anschließend das Lean Management diesen Trend weiter vorangetrieben...." Sehr geherter Hr. Bouée, der Kanban ist kein Managementsystem oder eine Fertigungsphilosophie, sondern lediglich eine Methode zur verbrauchsgesteuerten Bestandsführung. Weder Kanban, noch LEAN haben aus meiner Sicht Einfluss darauf, wie lange Mitarbeiter im Unternehmen bleiben. Es ist eher umgekehrt: Durch die Nähe am Kunden, durch die Wertstromorientierung und die anpassungsfähige Produktion/Dienstleistung födert LEAN die Veränderung. Dieser Bilck zum Kunden hin erkennt, welche neuen Produkte oder Value added Services zu Wachstum führen können. So braucht der etablierte Maschinenbauer nun internetlastige Manager und Fachleute, damit seine Anlagen internetfähig werden, um seinen Kunden nun auch noch Fernwartung anbieten zu könnnen. Dazu gibt es unzählige Beispiele. Viele Grüße Anton Würmser
"facta non verba" +++ "verbo et exemplo"
8 Jahredas passiert doch schon längst !!!!