Wie können Sie als Projektleiter die richtige Entscheidung treffen?
Als Projektleiter oder Führungskraft fällen Sie wichtige Entscheidungen. Es wird oft über große Summen oder die Zukunft von Menschen entschieden. Wie können Sie die richtige Entscheidung treffen? Lesen Sie weiter.
1 Was Sie darüber wissen sollten
Wie können in solchen Situationen, trotz großen Zeitdrucks und hoher Komplexität, die notwendigen Entscheidungen getroffen werden?
Heinz von Foerster, ein österreichischer Professor für Biophysik, behauptet: „Nur die Fragen, die prinzipiell unentscheidbar sind, können wir entscheiden!“. Entscheidungen, die rational getroffen werden können, weil genügend Zahlenmaterial vorliegt und für die eindeutige Algorithmen zur Verfügung stehen, sind nicht wirklich „entscheidungswürdig“.
Die Innovationszyklen werden für Unternehmen immer kürzer. Damit steigen der Wettbewerbsdruck und die Komplexität an. Das wiederum hat Auswirkungen auf Entscheidungen, die Projektleiter und Manager treffen müssen. Für komplexe Entscheidungen ist es sinnvoll, geeignete Werkzeuge und Methoden anzuwenden, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Voraussetzung dafür ist ein grundlegendes Verständnis von Komplexität.
1.1 Komplexität
Was bedeutet nun Komplexität? Der Sozialwissenschaftler Niklas Luhmann, ein deutscher Soziologe hat unter anderem grundlegende Arbeiten zum Thema Komplexität angefertigt (Berghaus2011).
Laut Luhmann besteht Komplexität aus der Sachdimension, der Zeitdimension und der Sozialdimension. Wir betrachten hier nur die Sach- und die Zeitdimension. Die Sozialdimension beeinflusst zwar die Komplexität, ist aber für Entscheidungen erstmal irrelevant.
Die Sachdimension
Die Sachdimension setzt sich zusammen aus der
- Multiplizität, bestehend aus der Anzahl der zu berücksichtigenden Einflussgrößen
- Interdependenz, die etwas über die Einflussgrößen untereinander aussagt
- Diversität, die die Verschiedenartigkeit der Einflüsse beschreibt.
Entscheidungssituationen werden sachlich komplexer, je höher die Multiplizität, Interdependenz und Diversität ist.
Die Zeitdimension
Die Zeitdimension ist definiert durch die beiden Parameter
- Entscheidungshorizont, definiert als die Zeit zwischen Beginn und Ende der Aufgabe oder des Projektes
- Wirkung, beschreibt den Zeitraum, auf den die Entscheidung eine Auswirkung hat. Entscheidungen die langfristig wirken, haben mehr Komplexität.
Luhmann beschreibt die Länge der Entscheidungen in der Zeitdimension wie folgt:
Kurzfristig bis 1 Jahr, mittelfristig von 1 bis 5 Jahre und langfristig mehr als 5 Jahre (Berghaus2011).
Abbildung 1: Dimensionen der Komplexität (Quelle: Projektstart)
1.1 Sach- und Zeitdimension in einer Vier-Felder-Matrix
Mit den beiden Dimensionen (Sach- und Zeitdimension) lässt sich ein Koordinatensystem aufspannen. Die Ergebnismatrix hat als Ergebnis vier Felder.
Abbildung 2: Vier-Felder-Matrix der Komplexität (angelehnt an Beisswanger2016, Quelle: Projektstart)
1.1 Komplizierte Entscheidungssituationen (KES)
In diesem Quadranten sind Entscheidungen mit geringer bis mittlerer Komplexität und mittel- bis langfristigen Planungshorizont. In diesem Quadranten gibt es eindeutige Gesetzmäßigkeiten und klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen.
Entscheidungshilfen und Tools
Entscheidungshilfen und Tools für komplexe Entscheidungen können sein:
- Beschreibungs- und Analyseinstrumente
- SWOT-Analyse, Portfolio-Analyse, Erfolgspotentialanalyse, Checklisten, Benchmarking, Prozesskostenrechnung; Kennzahlensysteme, Balanced Scorecard.
- Prognoseinstrumente
- Brainstorming, Methode 635, Relevanzbaum/Entscheidungsbaum-Methode, Simulationsmodelle
- Alternativgenerierungsmethoden
- Delphi-Methode, Szenariotechnik, Relevanzbaum/Entscheidungsbaum-Methode, Morphologische Methode, Zustandsbäume, Funktionsanalyse
- Bewertungs- und Entscheidungsinstrumente
- Break-Even-Point-Analyse, Kompatibilitäts- und Konfliktanalyse, Nutzwert-Analyse, Kosten-Nutzen-Analyse, Investitionsrechnung
1.2 Normale Entscheidungssituationen (NES)
In diesem Quadranten liegen Entscheidungen mit geringer Komplexität. In diesem Quadranten sind Entscheidungen eine Sache der Erfahrung. Prognosen können auf Grund der geringen Komplexität getroffen werden. Entscheidungssituationen wiederholen sich und haben ähnliche Ursachen und Wirkungen.
In diesem Bereich lassen sich Heuristiken einsetzen. Zimbardo definiert Heuristiken als kognitive Eilverfahren, die bei der Reduzierung des Bereichs möglicher Antworten oder Problemlösungen nützlich sind, indem sie Faustregeln als Strategien anwenden.
1.3 Chaotische Entscheidungssituationen (CES)
In diesem Quadranten sind Entscheidungen, die eine hohe sachliche Komplexität aufweisen, aber nur wenig Zeit für die Entscheidungsfindung. Entscheidungen müssen manchmal unter Echtzeitbedingungen getroffen werden. Es ist unmöglich, alle entscheidungsrelevanten Informationen zu bekommen.
Blaulichtorganisationen und militärische Einrichtungen geben Ihrem Einsatzpersonal für diese Art der Entscheidungen strukturierte Abläufe mit, die bei der Entscheidungsfindung helfen sollen.
Als Beispiel für diese Art von Entscheidungen möchte ich den Military Decision Making Process (MDMP) nennen.
An dieser Stelle möchte ich auch noch auf die Arbeiten von Dr. Dietrich Dörner verweisen. In seinem Buch „Die Logik des Misslingens“ beschreibt er Faktoren, die unser Denken und Handeln in chaotischen Entscheidungssituationen beeinflussen.
Wichtige Faktoren in diesen Entscheidungssituationen sind das Reparaturdienstverhalten und das unvernetzte Situationsverhalten (Dörner2002).
1.4 Strategische Entscheidungssituationen (SES)
In diesen Quadranten der Vierfeldmatrix befinden sich die Entscheidungen in hochkomplexen Entscheidungssituationen mit langfristigen Auswirkungen, langen Planungshorizonten und sehr hoher Bedeutung des Entscheidungsgegenstandes (Beisswenger2016).
Strategische Entscheidungssituationen haben einen hohen Anspruch auf Projektleiter und Führungskräfte in Bezug auf die sachliche Komplexität, den Entscheidungshorizont und die Wirkung der Entscheidung.
Das menschliche Gehirn ist mit den Anforderungen der Komplexität überfordert. Das wird als Bounded-Rationality bezeichnet. Der Nobelpreisträger Herbert A. Simon hat die gedanklichen Grundlagen dafür geliefert.
Gute Hilfsmittel für strategische Entscheidungen liefert der Forschungsbereich des strategischen Managements.
Entscheidungshilfen und Tools für strategische Entscheidungen können sein:
- Instrumente und Methoden des strategischen Managements
- Spieltheorie
- Makroumweltanalyse
- Branchenstrukturanalyse
1.5 Zusammenfassung
Die Innovationszyklen werden für Unternehmen immer kürzer. Damit steigen der Wettbewerbsdruck und die Komplexität an.
Entscheidungswürdige Entscheidungen sind jene, die prinzipiell unentscheidbar sind.
Komplexität setzt sich zusammen aus einer Sach- und Zeitdimension.
Komplexe Entscheidungssituationen (KES) haben eindeutige Gesetzmäßigkeiten und klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen.
Normale Entscheidungssituationen (NES) haben eine geringe Komplexität. Heuristiken können Entscheidungen beschleunigen.
Chaotische Entscheidungssituationen (CES) zeichnen sich durch hohe sachliche Komplexität und kurzfristigen Entscheidungshorizont aus. Strukturierte Abläufe zur Entscheidungsfindung können helfen.
Strategische Entscheidungssituationen (SES) haben die höchste Komplexität hinsichtlich Sach- und Zeitdimension. Methoden des strategischen Managements unterstützen bei der Komplexitätsreduktion und Entscheidungsfindung.
Bei Fragen zum Thema oder bei einem Wunsch auf persönliche Beratung oder ein Training sprechen Sie mich gerne an.
Viele erfolgreiche Projekte wünscht
Projektstart
Gerhard Wirnsberger, M.Sc.
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Literaturtipp:
Beisswenger, Andreas (2016): Anatomie strategisches Entscheidungen. Komplexität im Unternehmen verstehen, analysieren und meistern. 1. Auflage. SpringerGabler
Dörner, Dietrich (2002): Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. 15. Auflage. rororo
Berghaus, Margot (2011): Luhmann leicht gemacht. Eine Einführung in die Systemtheorie. 3. Auflage. Böhlau UTB