Zum Jahresende und zum neuen Jahr
Jena im Winter, Quelle: jenaparadies / André Gräf

Zum Jahresende und zum neuen Jahr

Jena, 19. Dezember 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Ende eines Jahres einige Gedanken von mir als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung der Stadt Jena.

Die Zeichen der Veränderungen sind unübersehbar. Wir haben den Coronavirus als Vorboten von weltweiten Pandemien erlebt. Dann kam der Krieg. Die Ukraine mit einer auf Europa ausgerichteten Gesellschaft ist von der russischen Armee überfallen worden. Es geht dabei um nicht anderes als um die Auslöschung der Ukraine als eigenständigen Staat. Es gibt und gab viele grausame Kriege, die wir nicht genügend wahrgenommen haben. Wir hören die hohen Opferzahlen in den Medien. Wir spüren die Auswirkungen direkt. Traumatisierte Flüchtlinge kommen zu uns, um Schutz zu erfahren. Die militärische Verteidigung Europäischer Staaten steht plötzlich obenan. Die Energieversorgung ist unsicher geworden. Globale Handelsketten und weltweite Orte der als sicher angenommenen Produktion werden hinterfragt. Kostensteigerungen in zentralen Bereichen wie Strom, Heizen und Lebensmittel spüren die Menschen direkt, insbesondere diejenigen mit weniger finanziellen Ressourcen. Auch die demografische Entwicklung und die Digitalisierung zeigen ihre Wirkungen. Alle diese und weitere Entwicklungen deuten darauf hin, dass sich etwas ändert. Große Veränderungen kommen meistens unmerklich für diejenigen, die in der Zeit Leben, aber im Rückblick wird dann deutlich, was sich alles geändert hat.

Bei allem, was nun vor uns liegt, gilt, dass die Unternehmen in der Region Jena wettbewerbsstark sind. Jena ist ein erfolgreicher Standort für Wirtschaft und Wissenschaft und ein guter Ort zum Arbeiten und Leben. Unsere Stadt und Region haben beste Voraussetzungen, erfolgreich zu bleiben und erfolgreicher zu werden.

Sommertour der Firmenbesuche. In diesem Jahr habe ich zum Teil mit dem Oberbürgermeister der Stadt Jena über 25 Unternehmen und Start-ups von Handwerk, über Dienstleister und Handel bis Hightech-Tech besucht. Die Gespräche mit Handwerk, Mittelstand und Handel zeigten, wie flexibel und innovativ diese ihre Unternehmen führen. Aber auch Probleme traten zu Tage. Vielzahl von Vorschriften, hohe Energiekosten, Mangel an Vorprodukten, unsichere Finanzierungen und Fachkräftemangel sind einige der Themen. Das Handwerk ist in einzelnen Bereichen besonders betroffen, zunehmend existenzgefährdend. Der Handel ist einem Wandel ausgesetzt, der durch die Corona-Beschränkungen, den wachsenden Online-Handel und den Kaufkraftverlust der Kunden beschleunigt wird.

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Firmenbesuch Raumausstattung Teubert und Dröschler Werkstattausrüstung

Flächen für die Wissens- und Dienstleistungswirtschaft, für Gewerbe und Produktion. Unser tägliche Arbeit und die Sommertour zeigen, dass Jenaer Firmen investieren, bauen, erweitern und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen. Der Wirtschaftsservice der Wirtschaftsförderung betreut Dutzende von Vorhaben. In Summe werden bis 2025 Hunderte von Millionen Euro von Unternehmen in Jena investiert. Basis der Unternehmen ist das Wissen und Können ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sind eine Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft, aber Produktion muss in Deutschland möglich sein. Wir bieten daher Flächen für die Wissens- und Dienstleistungswirtschaft, Gewerbe und für die Produktion. Und wir benötigen mehr davon. Die Studien zu den Flächen in Jena (Gewerbeflächenstudie, Büromarktstudie, Laborflächenstudie) zeigen dies und geben einen Fahrplan mit den nötigen Kennzahlen.

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Firmenbesuche optiX fab GmbH und Jenaer Gewindetechnik GmbH: Investitionen in Jena

Energieversorgung wird zur Standortfrage. Der Ukrainekrieg hat die Energieversorgung zur Priorität gemacht. Wir sehen aber auch die Auswirkungen des Klimawandels wie Extremwettereignisse, Versicherungsschäden und klimawandelbedingte. Keine Frage, die Maßnahmen zur Abkehr von den fossilen Energieträgern und eine klimaneutrale Lebens- und Wirtschaftsweise müssen global umgesetzt werden. Sicherlich ist noch nicht klar, wie genau die Energieversorgung aussehen wird, um so mehr ist es ratsam, pragmatisch vorzugehen und den Unternehmen so weit möglich Planungskorridore zu geben. Leichter geschrieben als getan, ist mir bewusst. Die Energieversorgung muss hinsichtlich Verfügbarkeit und Preis für Produktion in Deutschland gesichert sein. Dies gilt für energieintensive Schlüsseltechnologien und Produktionsverfahren, die von zentraler Bedeutung für den Wirtschaftsstandort sind, aber auch für Handwerk und Gewerbe. Die Umstellung der Energieversorgung auf nachhaltige, zuverlässige Energieträger nimmt unternehmensseitig an Bedeutung zu. Neben der Suche nach Übergangstechnologien – zur kurz- und mittelfristigen Absicherung der Produktion – liegt zunehmend der Fokus auf zukunftsfähigen, nachhaltigen Energiekonzepten. Inwiefern hier Wasserstoff ein 1:1 Ersatz darstellt, ist einzelfallabhängig. Für den Standort entscheidend ist, dabei den Anschluss an Pilot- und Leitprojekten, wie beispielsweise des Aufbaus einer Wasserstoffinfrastruktur, zu haben.

Jena, Hightech-Stadt in Optik & Photonik, Medizintechnik, Digitale Technologien.  Jenas Unternehmen sind mit ihren Schlüsseltechnologien "Enabler". Sie ermöglichen weltweit besondere Produktionsverfahren, Dienstleistungen und Forschung und Entwicklung. Innovationen, Nachhaltigkeit und Schlüsseltechnologien sind Vorbedingungen der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft im weltweiten Systemwettbewerb. Die Europäische Union hat dies zum Beispiel im Bereich der Mikroelektronik erkannt und mit dem European Chips Act das Ziel ausgegeben, die Produktion von Halbleiterchips in Europa speziell im High-End-Bereich auszubauen. Jenaer Unternehmen sind mit ihren "enabling technologies" bei vielen Zukunftsthemen dabei. Die enge Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft in Jena zahlt sich aus, Start-up mit neuen Ideen entstehen und Jena wird Smart City. Der von mir mit gegründete Verein Jena Digital e.V. stärkt die Kooperation und die Außenwahrnehmung des Digitalstandortes Jena, sowie es der OpoNet e. V. für die Optik und Photonik, der medways e. V. für die Medizintechnik und der Verein JenaVersum e.V. für die Wissenschaft machen (Branchen).

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Foto: André Gräf

Wirtschaft und Wissenschaft Jena, preisgekrönt. Die Zahl und Dimensionen der Forschungs-und Entwicklungsprojekte, die von den zwei Hochschulen, 12 außeruniversitären Forschungseinrichtungen und die Unternehmen und Clustern umgesetzt werden, ist außerordentlich hoch. An dieser Stelle nur wenige Punkte. Der Deutsche Zukunftspreis 2022 wurde an die Carl Zeiss Microscopy GmbH aus Jena verliehen. Das Team aus Jena hat ein neuartiges Mikroskop für die schonende 3-D-Abbildung lebender Zellen entwickelt, was es ermöglich noch besser die Grundlagen des Lebens zu erforschen. Das Unternehmen ZEISS investiert zudem in Jena mehrere hundert Millionen Euro in einen neuen hochmodernen Standort. Zahlreiche Preisträger des Thüringer Innovationspreises kommen aus Jena und zeigen die Innovationskraft Jenas. Und Die Lange Nacht der Wissenschaften zeigte mal wieder die unglaubliche Intensität der Wissenschaften in Jena. Mich freute sehr, dass diese Mal auch forschende Unternehmen dabei waren.

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Besuch der medica und compamed mit Wirtschaftsminister Tiefensee, Dr. Dazert von medways .eV. und Wilfried Röpke am Stand der microfluidic Chipshop GmbH

Eine Leistungsschau war auch wieder einmal die medica 2022, auf der zahlreiche Jenaer Medizintechnikunternehmen sich und den Standort unter anderem auf dem Thüringern Gemeinschaftstand von medways e.V. präsentierten.

"Hier geht was.". Ich kam 1998 mit dem Zug in Jena an, um ein Bewerbungsgespräch zu absolvieren. Ich ging durch die sanierte Innenstadt, sah viele junge Leute, Familien und Kinder in den Straßen. Alles nötige einer kleinen Großstadt war da: Vielfältige Gastronomie, Handel, ein Theater, Kinos. Das grüne Tal des Flusses Saale mit den Steilhängen war von überall zu sehen. Ich wusste, dass es hier viele High-Tech-Unternehmen gibt und dachte nach dem erfolgreichem Bewerbungsgespräch: "Als Physiker und als begeisterter Sportler und Naturliebhaber geht hier was, hier kann ich starten".

Fachkräftepotenziale nutzen. Es hat sich einiges geändert seit 1998. Die Renteneintritte werden in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Sicherlich werden die Digitalisierung, die Veränderungen von Geschäftsprozessen und damit von Berufsbildern in der Weise Effekte haben, dass möglicherweise weniger und anders ausgebildete Arbeitskräfte benötigt werden. Fakt ist, dass das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland sich verringert. Wir müssen also die endogenen Potenziale (aus der Region) und die endogenen Potenziale (Zuzug) bestmöglich nutzen. Die Ausgangslage ändert sich. Unternehmen und Standort bewerben sich bei den Auszubildenden und Fachkräften. Jena hat hier als attraktiver, weltoffener, innovativer Standort die besten Chancen, um im Wettbewerb zu bestehen.

Bildung ist Wirtschaftsförderung. Die schulische Bildung ist Voraussetzung für den Start in die weitere Ausbildung, Studium und in das Berufsleben. Sie ist Voraussetzung für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung und damit Bedingung für wirtschaftliche Entwicklung. Die Interessenförderung in den MINT-Fächern (Mathematik Informatik Naturwissenschaft Technik) ist mir als studierter Physiker ein besonderes Anliegen. Aufgrund der technischen Ausrichtung der Jenaer Branchen von Hightech-Tech bis Handwerk ist die MINT-Bildung von besonderer Bedeutung. Dieses Jahr konnten wir 10 Jahre Bestehen des Vereins "witelo e.V. wissenschaftliche technische Lernorte", feiern. Der von mir mitgegründete Verein fördert Interessen außerschulisch und macht dies erfolgreich mit Partnern und Förderern wie die STIFT Thüringen, ZEISS, Jenaer Antriebstechnik und weitere, aber die schulische Bildung bleibt die Basis. Weitere Partner sind willkommen.

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10 Jahre witelo e.V. wissenschaftlich-technische Lernorte

Berufliche Ausbildung. Die berufliche Ausbildung verdient dabei besondere Aufmerksamkeit. Es fehlt oft die Wertschätzung für die Ausbildung im Vergleich zum Studium. Wir können es uns nicht leisten, junge Menschen auf dem Weg zum Beruf zu verlieren. Und es wird vermehrt darum gehen, überregional sogar international Auszubildende anzuwerben. Somit steht Wohnen für Auszubildende auf der Agenda. Das Handwerk ist besonders von dem Fachkräftemangel betroffen. Wir bündeln die Informationen zum Berufseinstieg und präsentieren die offenen Ausbildungsstellen. Wir gehen aktiv auf die Schulen zu und vermitteln Patenschaften zwischen Unternehmen und Schulen. Dabei sind für den erfolgreichen Einstieg ins Berufsleben die schulischen Voraussetzungen wesentlich.

"Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen" (Max Frisch, 1965). Deutschland braucht Zuzug aus anderen Ländern. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz sind erste Schritte gemacht worden und eine Anpassung ist notwendigerweise in Arbeit. Jena hat als weltoffene Stadt mit ihren Hochschulen die besten Voraussetzungen, Migration in den Arbeitsmarkt als Chance zu ergreifen. Dazu hat die Wirtschaftsförderung den Aufbau eines Welcome Center Jena vorgeschlagen und in diesem Jahr auch als physische Anlaufstelle etabliert. Hier werden internationale und nationale Fachkräfte beraten und unterstützt, in Jena zu arbeiten und zu leben. 

Mit dem i-work Business Award setzen wir als Wirtschaftsförderung und die Unternehmen Zeichen. Der Preis prämiert das beispielgebende Engagement für die Integration internationaler Mitarbeitender im Unternehmen sowie in der gesamten Region. Die Jenaer Unternehmen Linimed und Active Fiber Systems wurden 2022 mit i-Work-Business Award ausgezeichnet. Mich beeindruckt schon seit Jahren, wie kreativ, engagiert und einfühlsam Unternehmen das Thema internationale Fachkräfte anpacken und Maßmaßnahmen umsetzen. Basis ist immer, dass verstanden wurde, dass Menschen kommen und nicht nur Arbeitskräfte. Ich fühle mich immer erinnert an den Schriftsteller Max Frisch, der in den 1960er Jahren schrieb: "Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen". Nur das Rufen ist heute ein Werben mit guten Standortbedingungen, denn automatisch kommen die Menschen auch nach Jena nicht.

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i-work Business award 2022 mit Preistragenden, Ministerin Heike Werner, Oberbürgermeister Dr. Nitzsche und Ramona Scheiding und Wilfried Röpke von JenaWirtschaft

Jena bewirbt sich als Standort für Arbeiten & Leben. Die Arbeitsstelle ist der hauptsächliche Zuzugsgrund, aber der Standort an sich muss die Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Wohnen, Kinderbetreuung, Schule bis Freizeit erfüllen. Wir bewerben uns mit dem Portal Work in Jena  und dem Jobportal bei den Fachkräften. Das Portal hat steigende Zugriffszahlen. Die Beantwortung der Frage "Warum ausgerechnet Jena?" wird authentisch beantwortet.

Dazu gehört auch die Innenstadt als Vermittler des ersten Eindrucks, wenn neue Fachkräfte sich in Jena bewerben. Wir setzen mit dem Projekt StadtLab auf Innovation in der Innenstadt. Start 2023. Die Bebauung des zentralen Eichplatzes und des Universitätscampus` auf dem Inselplatz werden das Stadtbild verändern. Auch eine erfolgreiche Bewerbung als Standort für das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation (ZET) wäre für Jena und die Funktion des Zentrums ein Glücksfall. Auch die Attraktivität der Stadtteile wie Lobeda und Winzerla und die regionale Zusammenarbeit spielen hier eine wichtige Rolle, zum Wohnen oder als Lebens- und Freizeitraum.

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Portal www.work-in-jena.de zum Themen Arbeiten und Leben

Gemeinsam für die Region: Ein Standort ist nie fertig. Wir können vieles erreichen, wenn wir zusammen offen für Neues sind. Jenas Stärke sind die engen Verbindungen von Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung, Bildungseinrichtungen und Politik sowie die Zusammenarbeit mit der Region und Thüringen. Wir für die Region und für Thüringen mit einer Vielzahl von Partnern: OptoNet e. V., medways e.V., Jena Digital e.V. , Technologie--und Innovationspark Jena, Tridelta Campus Hermsdorf e.V., Kreishandwerkerschaft Jena Saale Holzland, BVMW Jena Saale-Holzland, Initiative Innenstadt Jena e.V., Jenaer Bündnis für Familie, Sparkasse Jena Saale Holzland, Interessengemeinschaft Gewerbegebiete Süd, Stadtwerke Jena, IHK, HWK, der Saale-Holzland-Kreis, Weimarer Land, Impulsregion e.V., das Land Thüringen und viele mehr. Hört sich etwas marketingmäßig an, stimmt aber trotzdem.

Mit unserer Standortkompetenz als Wirtschaftsförderung Jena sind wir nah am Kunden, den Unternehmen, arbeiten an den Themen Flächen, Fachkräfte, Energie, Standortmarketing, Start-ups und Standortfaktoren. Wir bleiben dran, denn ein Standort ist nie fertig. Sprechen Sie uns als Unternehmen der Region gern an, wir sind für Sie da und finden Lösungen.

Jena. Faszinierend. Ich bin nun seit rund 15 Jahren Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Jena mbH, habe ein tolles Team, tolle Kolleginnen und Kollegen, einen kompetenten Aufsichtsrat und unterstützende Oberbürgermeister, Dezernenten und Stadträte. 

Sie können mehr über Jena erfahren. Regelmäßig berichte ich als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Jena über Ereignisse in Jena, über die Jenaer Wirtschaft und Wissenschaft, über JenaWirtschaft, den Standort Jena zum Investieren und Arbeiten. Und wenn Sie neue Ideen haben, so nehmen Sie Kontakt mir mir auf.

Zu guter Letzt:

Ich wünsche Ihnen erholsame Tage zum Jahresende und ein gutes neues Jahr 2023.

Ihr Wilfried Röpke

Geschäftsführer Wirtschaftsförderung der Stadt Jena

Themenvorschau 2023

  • Optik & Photonik aus Jena auf der Messe Photonics West in San Francisco
  • Innenstadt innovativ
  • Start-ups
  • Smarte City
  • Bildung

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